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Scepter und Hammer

Scepter und Hammer

Titel: Scepter und Hammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zu entkommen?«
    »Ihm zu entkommen ist unmöglich. Hättest Du vorhin meinen Rath beachtet.«
    »Pah; er soll uns doch nicht haben! Ich werde mich so nahe an die Küste halten, daß er es gar nicht wagen kann uns zu folgen.«
    »Hm,« lächelte Katombo, »das ist ein unnützes Unternehmen. Er hat nicht viel mehr Tiefgang als wir, denn er ist zillig gebaut und wird uns übrigens übersegelt haben, ehe wir die Küste nur in Sicht bekommen.«
    »Du scheinst diese Breiten und den ›Selim‹ außerordentlich gut zu kennen!«
    »Allerdings. Wähle! Es gibt nur zwei Fälle: Entweder Du kämpfest mit ihm und gehst unter, oder Du übergibst Dich ihm auf Gnade und Ungnade, ohne vorher mit ihm anzubinden.«
    »Alle Teufel, Du bist verflucht kurz! Ich werde kämpfen. Was wirst Du thun? Dich vielleicht neutral verhalten?«
    »Ich kämpfe, wenn sich nicht vorher ein anderer Ausweg findet.«
    »Welcher sollte dies sein?«
    »Weiß es nicht. Eine Kleinigkeit, welche man gar nicht beachtet hat, kann oft die schwierigste Lage in eine günstige verwandeln.«
    »Du bist muthig und bedächtig zu gleicher Zeit; ich werde Dich sehr gut gebrauchen können. Willst Du als Volontär fechten, oder soll ich Dir eine Stellung anweisen?«
    »Ich ziehe das erstere vor.«
    »Gut; so halte Dich in meiner Nähe!«
    Auf dem Dreimaster mußte man bereits bemerkt haben, daß die Feluke zu entkommen suchte, und die Folge davon war, daß plötzlich eine ganze Wolke von Leinwand sich entfaltete, unter welcher der Selim stolz und mit unübertrefflicher Schnelligkeit dahinflog wie ein Albatros, der König der Ozeane. Er kam mit jeder Minute dem Tiger näher, und die Sonne hatte den Horizont noch lange nicht erreicht, so sah sich der letztere überflogen und wandte sich in einem Bogen nach Ost, um den Versuch zu machen, bis zum Hereinbruche der Nacht zu manövriren und dann im Dunkel zu entkommen.
    Dies aber sollte ihm nicht gelingen. Auch der Selim wandte und zog jetzt die türkische Flagge auf. Zu gleicher Zeit öffnete er seine Stückpforten, von denen bisher nicht das Mindeste zu erkennen gewesen war, und gab durch einen blinden Schuß das Zeichen, daß der ›Tiger‹ beilegen solle.
    Dieser jedoch gehorchte nicht, setzte vielmehr noch die kleinen Topsegel bei, so daß sich seine Masten unter der Wucht der Leinwand förmlich bogen, und strich nun mit einer Geschwindigkeit dahin, daß es außer dem ›Selim‹ sicher keinem andern Schiff gelungen wäre, ihn einzuholen oder auch nur gleichen Schritt mit ihm zu halten. Der Dreimaster aber kam immer näher und sandte jetzt einen scharfen Schuß herüber. Man sah die Kugel deutlich auf den Wogen ricochettiren und dann kurz vor dem Steuerborde des ›Tiger‹ in der Fluth verschwinden.
    Der Knall des Schusses hatte zur Folge, daß der Kapitän aus seiner Kajüte trat. Sein dickes verschwommenes Gesicht sah leichenfahl, und sein Gang war schwankend wie der eines Betrunkenen. In seiner zitternden Rechten hielt er den krummen Säbel und in seiner Linken eine gespannte Pistole. Ob er die Situation richtig zu erfassen vermochte, konnte man nicht sagen; aber er erhob dennoch den Arm zu einem Kommando: »Die rothe Flagge auf!« lallte er. »Öffnet die Stückpforten!«
    »Werden uns hüten!« meinte der Segelmeister. »Mit der Flagge können wir Den da drüben nicht in den Grund bohren, und einem überlegenen Fahrzeuge zeigt man nicht sogleich, wer man ist.«
    »Was wirst Du jetzt thun?« frug Katombo.
    »Mich so hart an seine Seite halten, daß uns seine Kugeln nichts anhaben können. Dann erhält er die unsrigen aus solcher Nähe, daß er unbedingt auf den Grund gehen muß.«
    »Und wir mit ihm.«
    »Wieso?«
    »Er hat Stückpforten auch zugleich über der Wasserlinie.«
    »Ich sehe sie nicht.«
    »Sie sind maskirt wie die unsrigen.«
    »Und dennoch kann ich nicht anders manövriren, denn dies ist der einzige Weg, welcher uns einigen Erfolg verheißt.«
    »Der Kapitän ist damit einverstanden?«
    »Pah! Der wird nicht gefragt. Er hat wieder einmal seinen Opiumrausch und ist vollständig impotent. Siehst Du, dort ist er niedergesunken und wird nicht eher aufstehen, als bis er seinen Rausch gehörig ausgeschlafen hat.«
    In diesem Augenblicke krachte abermals ein Schuß herüber. Er war so gut gezielt, daß er in die Schanzverkleidung einschlug und eine Menge Holzsplitter über das Deck hinstreute. Zu gleicher Zeit sanken die Masken von den Stückpforten des Selim, und es zeigte sich nun allerdings, daß Katombo

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