Scepter und Hammer
Lohnfuhrmann Namens Beyer bekannt, Durchlaucht?« frug der schonungslose König.
»Nein,« klang es schroff und beinahe heiser. »Ich bin überhaupt nie in der Lage gewesen, mich eines Miethfuhrwerkes bedienen zu müssen.«
»Der Mann ist ein außerordentlicher Kenner aller Gebirgswege; er macht sehr interessante Fuhren nach der Grenze. Aber, da liegt die Anstalt. Fast möchte ich es unternehmen, die Verwaltung einmal zu überraschen. Ist Ihnen dies genehm?«
»Vollständig.«
»Man kann die Leitung eines solchen Hauses nie scharf genug unter Aufsicht nehmen, wie Sie ja wohl auch wissen. Uebrigens ist die Direktion hier nur eine provisorische, ein Zustand, den wir heut beseitigen können.«
Die Equipage hielt vor dem Thore der Anstalt. Man hatte sie kommen sehen und ihre Insassen erkannt. Die beiden Aerzte standen zum Empfange bereit und leiteten die beiden hohen Herren nach dem Direktionszimmer. Es wurden ihnen die Bücher vorgelegt, in denen eine musterhafte Ordnung herrschte.
»Nun zur Besichtigung, meine Herren,« meinte der König; »vorher aber eine Bemerkung. Der Hofschmied Brandauer nämlich wird in einigen Minuten hier eintreffen, um einen wie es scheint unheilbar Kranken, den Sie mit der größten Strenge behandeln müssen, einzuliefern. Halten Sie Alles zum Empfange eines Tobsüchtigen schlimmsten Grades bereit. Er wird sofort nach seinem Eintreffen nach Nummer Eins gebracht und in die Zwangsjacke gesteckt.«
»Wie Majestät befehlen!« meinte der eine Arzt. »Doch gestatte ich mir die sehr gehorsame Bemerkung, daß Nummer Eins eine der größeren Zellen ist, welche für zwei Kranke eingerichtet sind.«
»Ich weiß es. Es wird bald auch ein zweiter Patient eintreffen, der dem ersten Gesellschaft zu leisten hat. Also vorwärts jetzt!«
Ein Wink des Arztes genügte, einige Wärter zum Empfange des zu erwartenden Patienten in das Sprechzimmer zu dirigiren; dann wurde die Inspektion der Räume begonnen. Durch die Thür einer der größeren Zellen hörte man ein dumpfes zweistimmiges Stöhnen. Der König wandte sich an den Herzog:»Sie werden hier zwei Patienten finden, welche am Allerwenigsten geglaubt haben, einst in eine solche Lage zu kommen. Treten wir ein?«
Der Schließer öffnete. Der Herzog prallte gleich bei dem ersten Blicke wieder zurück. Er hatte den ehemaligen Direktor und den Oberarzt erkannt. Beide saßen einander gegenüber, mit so fest zusammengeschienten Gliedern, daß ihnen der Schaum vor dem Munde stand und sie außer jenem Stöhnen keinen Laut von sich zu geben vermochten.
»Durchlaucht, hier sehen Sie den Beweis, daß das Urtheil eines unumschränkten Herrschers gerechter sein kann als die richterliche Folgerung aus todten Paragraphen. Diese Menschen haben geistig vollständig Gesunde als wahnsinnig behandelt; die göttliche und weltliche Gerechtigkeit verlangt, daß ganz dasselbe auch mit ihnen geschehe. Sie werden ganz die Qualen ihrer einstigen Opfer zu erleiden haben, bis – bis ich Veranlassung finde, Gnade walten zu lassen.«
»Entsetzlich!« konnte der Herzog sich nicht enthalten auszurufen.
»Nein, gerecht! Entsetzlich war nur das, was sie einst thaten, sie und Diejenigen, welche ihnen die Veranlassung dazu gaben.« Und mit einem feinen Lächeln setzte er hinzu: »Nun ist wohl auch Ihre gestrige Frage beantwortet, Durchlaucht?«
»Welche Frage, Majestät?«
»Die Frage nach dem Aufenthaltsorte dieser Beiden.«
»Ich besinne mich nicht, sie ausgesprochen zu haben.«
»Dann erlaube ich mir, Ihrem Gedächtnisse zu Hilfe zu kommen.«
»Ich bitte darum!«
»Sie sprachen diese Frage in Ihrem Arbeitszimmer gegen Aloys Penentrier aus, als dieser von der Ruine kam.«
Es war als habe den Herzog der Schlag getroffen, so zuckte er zusammen; doch faßte er sich augenblicklich wieder.
»Majestät, ich kenne keinen Penentrier!«
»Aber einen Pater Valerius?«
»Auch nicht.«
Da klingelte es am Eingange.
»Ich werde Ihnen denselben vorstellen, Durchlaucht. Vielleicht erinnern Sie sich dann seiner und der interessanten Verhandlungen, welche mit ihm gepflogen worden sind.«
Bei diesen Worten zog er sein Taschenbuch, notirte einige Zeilen, riß das Blatt heraus und reichte es den beiden Aerzten hin.
»Meine Herren, dieser Befehl ist streng und wörtlich auszuführen?«
Sie lasen die Worte, und man sah es ihnen an, daß sie beinahe entsetzt von denselben waren.
»Ist es möglich, Majestät?« frug der Eine fast zitternd.
»Es ist nicht nur möglich, sondern ich
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