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Scepter und Hammer

Scepter und Hammer

Titel: Scepter und Hammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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König‹, wie Sie selbst zu sagen sich erkühnten!«
    Der Abbé wurde leichenblaß.
    »Majestät, ich bin nicht im Besitz von Dokumenten, welche –«
    »Still! Heraus damit, oder ich lasse Sie fesseln!«
    Jetzt langte Penentrier in die Brusttasche. Die Blässe wurde womöglich noch tiefer, aber seine dunklen Augen leuchteten. Er hatte den Rücken nach der Thür gewendet und merkte nicht, daß Max hart hinter ihn getreten war.
    »Gut, heraus damit, und Alles gleich zu Ende! Es lebe die Gesellschaft Jesu; nieder mit den Unterdrückern!«
    Statt der Dokumente brachte er einen Revolver hervor und streckte den Arm zum Schusse aus. Ein Schlag von Maxens Faust aber ließ den Arm sinken, und der Revolver fiel zu Boden. Der König blieb ruhig sitzen, aber Brandauer trat auch herbei, und in Zeit von einer Minute war der Jesuit so gefesselt, daß er nicht die geringste Bewegung ermöglichen konnte.
    »Die Papiere!« befahl der König.
    Max brachte sie hervor und überreichte sie ihm. Der König las sie durch.
    »Ah, Königsmord, Revolution, Landesverrath und Thronschacher für die Erlaubniß, die Brut der Jesuiten aufzunehmen! Laßt den Menschen liegen und untersucht seine Effekten!«
    Bei einer oberflächlichen Untersuchung wäre sicher nichts zu finden gewesen, aber Brandauer verstand sich als Schmied auf die Konstruktion geheimer Fächer. Die Möbels, welche der Wirthin gehörten, waren allerdings mit keinem dergleichen versehen, aber der Reisekoffer des Rentiers hatte einen Doppelboden, zwischen welchem ein ganzer Stoß von Papieren lag, die mit Chifferschrift beschrieben waren.
    Der Gefangene war der Untersuchung mit ruhigem Auge gefolgt, ohne ein Wort zu reden. Jetzt aber lachte er höhnisch: »Das sind die Akten einer ganzen Verschwörung, Majestät. Versucht es, sie zu lesen!«
    Max warf einen Blick auf eines der Blätter.
    »Wird man vermögen dies zu dechiffriren?« frug der König.
    »Ich lese es.«
    »Wirklich?«
    »Wirklich!«
    »Pah!« lachte Penentrier. »Der Schmiedebursche mag sich die Zähne ausbeißen!«
    Max drehte sich nach ihm um.
    »Deine Frechheit, Schurke, kommt Deiner Bosheit und Gewissenlosigkeit vollständig gleich, aber ich muß Dir sagen, daß ich diese Schrift bereits kenne und ihren Schlüssel in der Tasche habe. Erinnerst Du Dich jenes Engländers, welcher einst in einem Coupee mit Dir fuhr, während Du auf allen Stationen einen Bericht entgegennahmst? Einen dieser Berichte eskamotirte er und ich habe ihn dechiffrirt. Hier ist er noch. Er beginnt: ›Helmberg, den zweiten Juli. Lieber Bruder in Jesu,‹ und schließt: ›Bis dahin, verehrter Bruder, sei im Herrn gegrüßt von Deinem eifrigen und getreuen
H. de M., J. de la Robe.
‹«
    »Schuft!« knirschte der Jesuit.
    »Der Herzog rühmte Deine Allwissenheit; wir wissen nicht weniger als Du. Ich selbst bin es, der den beiden Aerzten ihre Depeschen abnahm; ich bin in Eurem Brunnen gewesen, ich habe Euch heut Abend belauscht; ich weiß Alles, was in dem geheimen Kabinete des Herzogs gesprochen wird, ja, ich weiß sogar, daß Du die Ermordung Sr. Majestät auf Dich genommen hast, daß die beiden Sternburgs verschwinden werden und daß jedes Rädchen seine Schuldigkeit thun wird, wenn der Herzog den Schlüssel an die Uhr setzt, ich bin das verborgene Auge, von dem Du vorhin mit Raumburg sprachst. Deine Schriftzeichen verrathen nicht viel Scharfsinn. Soll ich diese Dokumente vorlesen, Majestät?«
    »Nein. Ich habe viel zu thun. Du aber bleibst hier und vertrittst den Gefangenen gegen jeden Besuch, welcher vorsprechen sollte. Auf diese Weise werden wir noch Manches kennen lernen, was uns fremd geblieben ist. Dabei hast Du Zeit, diese Schreiben in ordentlicher Schrift zu Papiere zu bringen. Du aber, Brandauer, besorgst einen geschlossenen Wagen, den Du selbst fährst. Du ladest den Abbé heimlich auf und bringst ihn auf die Straße nach der Irrenanstalt, bei welcher Du Punkt Mittag einzutreffen hast. Du fragst nach mir. Ich werde dort sein. Es versteht sich ganz von selbst, daß von allem Geschehenen kein Mensch etwas wissen darf. Gute Nacht!«
    Er ging. Auch Brandauer entfernte sich, und Max blieb bei seinem Gefangenen allein zurück. Er steckte ihm einen Knebel in den Mund und zog ihn in eine Ecke, wo er ihn stets vor Augen haben konnte. Dann machte er sich an das Dechiffriren der in dem Koffer aufgefundenen Papiere. –Am andern Morgen betrat ein königlicher Lakai das herzogliche Palais und überbrachte dem Herzoge ein eigenhändig

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