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Scepter und Hammer

Scepter und Hammer

Titel: Scepter und Hammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zu belästigen. Sie wurden geboren auf der höchsten Stufe unserer gesellschaftlichen Ordnung, aber ich habe erkennen müssen, daß Ihr moralischer Werth Sie berechtigt, Mitglied der allerniedrigsten Stufe zu sein. Es graut mir und ekelt mich, Ihnen alle Ihre Gebrechen und Verbrechen aufzuzählen, und ich kann Ihnen nur sagen, daß ich mich Ihnen und überhaupt meinem ganzen Volke gegenüber als den Stellvertreter eines Gottes fühle, dessen Liebe, Gnade und Barmherzigkeit das ganze All durchdringt, dessen Heiligkeit und Gerechtigkeit aber auch einen Jeden gerade mit dem zu bestrafen weiß, womit er sündigt. Daß ich diese Gerechtigkeit übe, haben Sie an den beiden Aerzten, Ihren Werkzeugen, gesehen und werden es auch an sich selbst erkennen. Dieses der Humanität geweihte Haus mußte Ihnen als Marterhalle für Ihre Opfer dienen, die Sie peinigen ließen, bis der Wahnsinn wirklich kam; es wird nun die Stätte Ihrer Sühne sein, wo Sie einen Blick thun sollen in die Qualen, welche Ihr entmenschtes Herz den Unschuldigen bereitete. Denken Sie nicht, daß Sie meiner Hand entkommen werden. Die jetzigen Beamten dieser Anstalt sind mir treu ergeben, denn ich habe Ihre Kreaturen entfernt. Und wie Sie selbst nicht erfuhren, wo Ihre beiden Werkzeuge hingekommen sind, so wird auch kein Mensch ahnen, wo Sie sich befinden. Ihre politischen Machinationen sind durchschaut; Sie haben aufgehört eine Person zu sein; Sie sind eine Nummer, bis ich Ihnen vielleicht einst erlaube, wieder als menschliche Individualität zu erscheinen.«
    Er verließ die Zelle, welche hinter ihm fest verschlossen wurde, und begab sich mit den Aerzten nach dem Direktorialzimmer.
    »Meine Herren,« befahl er, »ich freue mich Ihnen sagen zu können, daß ich Ihnen meine Anerkennung und Zufriedenheit schenken darf. Ich sehe mich in der Lage, dieser Anstalt einen neuen Direktor geben zu müssen. Einer von Ihnen Beiden soll es sein, und da ich Sie meines Vertrauens für gleich würdig halte, so will ich die Entscheidung nicht selbst treffen, sondern sie Ihnen allein überlassen. Besprechen und einigen Sie sich über diesen Gegenstand, es wird dies nicht schwierig sein, da ich entschlossen bin, Ihre beiderseitigen Gehalte nach gleicher Höhe zu bemessen und Sie auch in sonstiger Beziehung einander völlig gleich zu stellen. Ich erwarte baldigst Ihre Entscheidung, welcher ich meine Zustimmung geben werde. Was das heutige Ereigniß betrifft, so bleibt dasselbe in das tiefste Geheimniß gehüllt. Der Herzog hat sich verschiedener Verbrechen schuldig gemacht, von denen Sie später hören werden, er bleibt als Wahnsinniger internirt, in einer Zelle mit seinem jetzigen Gefährten, und Beide werden gleich scharf gehalten. Derjenige von Ihrem Personale, welcher den gegenwärtigen Aufenthalt des Herzogs verräth, wird als Hochverräther mit dem Tode bestraft. Weitere Befehle werden Ihnen direkt durch mich oder den Herrn Doktor Max Brandauer zugehen, den Sie als Ihren Vorgesetzten zu betrachten haben. Sie kenne ihn von seinen Besuchen her. Adieu!«
    Er verließ die Anstalt, bestieg seine Equipage und fuhr im Karrière der Stadt entgegen, in deren Nähe er den Schmied überholte. Er ließ halten und stieg in den Wagen des bürgerlichen Freundes. Während die Karosse leer davonrollte, befahl er dem Schmied nach dem Gasthofe der Wittwe Barbara Seidenmüller zu fahren. Er hatte sich unter das Lederverdeck des Wagens zurückgezogen, so daß ihn kein Begegnender bemerken konnte, und als er an dem Gasthofe ausstieg, war augenblicklich Niemand zugegen.
    Sie stiegen die Treppe empor und fanden Max eben dabei, das letzte Papier zur Seite zu legen. Er erhob sich und grüßte ehrfurchtsvoll.
    »Fertig?« frug der König.
    »Soeben, Majestät.«
    »Ist Alles dechiffrirt?«
    »Ja.«
    »Jemand zugegen gewesen?«
    »Der Prinz von Raumburg.«
    »Ah, unangenehm! Kann üble Folgen haben. Was wollte er?«
    »Konnte es nicht erfahren. Er öffnete die Thür, sah mich bei der Arbeit sitzen und schloß sie sofort wieder.«
    »War Penentrier bereits abgeholt worden?«
    »Allerdings. Ich sah den Prinzen wohl eine Viertelstunde später erst fortgehen und ahnte, daß er unten Erkundigungen eingezogen habe. Ich ging zur Wirthin und erfuhr allerdings, daß ich richtig vermuthet hatte.«
    »Hat er etwas erfahren?«
    »Ich hatte die Wirthin für einen solchen Fall vorher instruirt. Er erfuhr, daß ich sehr oft bei Penentrier sei und mit ihm zusammen arbeite; der Rentier müsse zu Hause sein und sich,

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