Scepter und Hammer
zwischen meinen Unterthanen und den Kindern Ihres Landes!«
»Majestät, ich bleibe! Was soll ich thun?«
»Senden Sie augenblicklich zwei Depeschen ab, die eine an Ihren Herrn Vater und die andere an den Kommandeur jener beiden Armeekorps, welche sich bereits über unsere Grenzen bewegen.«
»Wer ist dies?«
»Prinz Hugo, Ihr Bruder.«
»Ah! Das soll und muß sofort geschehen. Bitte, Majestät, diktiren Sie!«
»Ich kann es nicht. Max mag schreiben. Diese Depeschen könnten ja von jedem Andern auch abgefaßt sein und werden keinen Glauben finden. Max aber kennt die Fassung, in welcher die geheimen Telegramme gehalten werden; diese wird unbedingt Glauben erwecken. Mein Entschluß ist gefaßt, und meine Dispositionen sind getroffen. Auch ich habe gefehlt, gefehlt an meinem Volke dadurch, daß ich die Macht, welche mir gegeben war, in Hände gab die ihrer unwürdig waren, dadurch, daß ich meinte, diese Macht nur von Gott erhalten zu haben, ohne der Zustimmung meiner Unterthanen zu bedürfen. Sie telegraphiren jetzt, daß nicht die mindeste Spur einer Volkserhebung zu bemerken sei und in Folge dessen den Truppen Halt geboten werden müsse, wenn man sich nicht lächerlich machen wolle. Morgen Abend nehmen wir sämmtliche Häupter der Verschwörung, so weit sie sich noch nicht in unsern Händen befinden, gefangen; am nächsten Tage proklamire ich die Konstitution, deren Entwurf Max längst gefertigt hat, ohne daß ich eine Ahnung davon hatte, und zu gleicher Zeit marschire ich mit meinen Garden, welche mir treu ergeben sind, gegen die Grenze, um einem etwaigen Widerstreben des Prinzen Hugo den ersten Stand zu halten, während hinter mir die andern Armeekörper nur des Befehles harren, sich schlagfertig zu machen und – –«
Ein eintretender Lakai unterbrach ihn.
»Im Vorzimmer steht ein Mann, welcher den Herrn Doktor Brandauer zu sprechen wünscht.«
»Wie heißt er?« frug Max.
»Thomas Schubert, der Obergeselle.«
»Ich komme – Majestät gestatten – –?«
»Du bleibst, Max. Thomas bringt jedenfalls etwas Wichtiges. Er mag eintreten.«
Der Diener entfernte sich und Thomas schritt durch die hinter ihm sich schließende Thür. Er machte den drei Personen eine Verbeugung, daß sein breiter Rücken mit den langen Beinen einen rechten Winkel bildete und richtete sich dann in stramme militärische Haltung empor.
»Majestät, erlaupen Sie mir, mit meinem jungen Herrn zu reden ?«
»Sprich!«
»Mein pester Herr Doktor, der Lehrpupe Fritz hat in der Schloßstraße eine Parthie Pandeisen geholt und gesehen, daß Sie hier mit den hohen Herrschaften apgestiegen sind. Daher hapen wir erfahren, daß Sie hier zu finden sind. Es ist eine Depesche an Sie apgegepen worden.«
»Hast Du sie mit?«
»Hier ist sie. Der Meister wollte sie nicht öffnen, weil sie nicht an ihn adressirt war.«
Max öffnete und las das Telegramm.
»Es ist gut. Du kannst gehen. Sage dem Vater, daß ich vielleicht bald selbst komme!«
»Zu Pefehl, mein lieper Herr Doktor!«
Mit einer zweiten Winkelreferenz verschwand er aus dem Zimmer. Max drehte sich dem Könige wieder zu.
»Erlauben mir Majestät, diese Depesche vorzulesen?«
»Bitte, lies!«
»Sie ist überraschend und lautet:
›Oberschenke Waldenberg.
An Herrn Max Brandauer.
Der Feind kommt. Die Pässe sind von meinen Leuten besetzt; er kann nicht durch. Hätten wir bis morgen einige Geschütze hier, so könnten wir ihn vier Tage lang beschäftigen. Mein Sohn mag sie uns zuführen. Sprechen Sie schnell mit dem Könige.
Zarba.‹
Ist das nicht merkwürdig, Majestät?«
»In hohem Grade. Hast Du eine Erklärung?«
»Vielleicht. Majestät wissen vielleicht, daß längs der Landesgrenze die lebhafteste Schmuggelei betrieben wird; aber welche Ausdehnung dieselbe besitzt, und welche bedeutende Anzahl derselben obliegen, das könnte nur der Eingeweihte sagen. Ich glaube nicht zu irren, wenn ich mehrere tausend Mann annehme, welche alle in der Führung der Waffen Meister und trotz ihres verbotenen Gewerbes ihrem Könige treu ergeben sind. Sie hassen die Süderländer und liefern ihnen sogar von Zeit zu Zeit sehr ernste und blutige Gefechte. Zarba scheint in Folge ihrer nomadischen Lebensweise in einer gewissen Bekanntschaft mit ihnen gestanden zu haben und vielleicht auch noch zu stehen. Sie hat, wohl vielleicht nur als Wahrsagerin und Heilkünstlerin, einen nicht unbedeutenden Einfluß auf sie, in Folge dessen es ihr gelungen sein kann, sie gegen die anrückenden
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