Scepter und Hammer
Gegenfalle aber bleiben.«
Es war der Miene und dem ganzen Verhalten des Gesandten anzusehen, daß er über die geheimen Evolutionen seines Königs sich in vollständiger Unwissenheit befand. Er erhielt in Folge dessen einen überaus gnädigen Bescheid.
»Ich danke Ihnen sehr, Herr Baron! Der Inhalt dieses Dokumentes ist ein solcher, daß ich mir die Frage erlaube, ob Ihnen in Beziehung auf dasselbe und überhaupt vielleicht gewisse Instruktionen ertheilt worden sind, welche eine Aenderung unseres bisherigen Usus bezwecken könnten.«
»Ich muß es verneinen.«
»Ehrlich?« frug der König in halb scherzendem Tone.
»Ehrlich!«
»So will ich Ihnen bemerken, daß ich mit der Art und Weise, in welcher Sie die Interessen Ihres Landes bisher bei mir vertraten, recht sehr zufrieden bin. Ich wünsche, daß Sie noch lange Zeit auf Ihrem gegenwärtigen Posten bleiben, und werde dahin zu wirken suchen, daß auch von Seiten Ihres Königs Ihre Verdienste die richtige Anerkennung finden. Da ich in nächster Zeit Ihrer Gegenwart öfters und dringend bedarf, so wünsche ich sehr, daß Sie die Residenz nicht verlassen und mir mit dem ganzen Gesandtschaftspersonale stets zur Verfügung stehen. Adieu, Herr Baron!«
Der beglückte Mann machte vor dem Könige die tiefste und vor der Prinzessin die eleganteste seiner Verbeugungen; sogar vor Max verneigte er sich beinahe ehrerbietig; dann trat er rückwärts aus dem Zimmer.
Der König reichte das Dokument, welches er noch immer in der Hand hielt, Max entgegen.
»Lies, Doktor, und erstaune!«
Der Angeredete überflog die Zeilen und konnte sich eines kurzen Lachens nicht erwehren. Der König trat der Prinzessin näher: »Königliche Hoheit, Sie haben vielleicht eine telegraphische und schleunige Abberufung von hier erhalten?«
»Nein, Majestät?«
»Sonderbar. Man ist da drüben jedenfalls auf eine so beschleunigte Entwicklung der Verhältnisse gar nicht gefaßt und vorbereitet gewesen. Ich kenne den Standpunkt noch nicht, auf welchen Sie sich gestellt sehen, aber meine persönliche Sympathie für Ew. Königliche Hoheit verbietet mir, Ihnen den Inhalt dieses Schreibens zu verschweigen. Seine Majestät, Ihr königlicher Herr Papa, sagt mir darin ungefähr Folgendes: Er habe zu seinem lebhaftesten Bedauern und Entsetzen vernommen, daß der Aufruhr an allen Punkten meines Landes wüthe, daß mein Thron und meine Herrschaft, daß sogar ich selbst in der ärgsten Gefahr schwebe. In dieser Lage halte er es für seine Pflicht, mir nachbarlich und hilfreich beizustehen, und da sich gerade einige Korps zum Zwecke der Manöverübungen in der Nähe der Grenze befänden, habe er den augenblicklichen Befehl ertheilt, dieselben über die Grenze zu werfen, um den Aufstand mit Gewalt der Waffen niederstrecken zu helfen. Prinzeß, darf ich um Ihre Meinung bitten?«
Asta war bis unter die Schläfe erröthet, und in ihren Augen glänzte jene Feuchtigkeit, welche nur der Zorn zu erzeugen pflegt.
»Majestät, ich bin eine Tochter meines Vaters, aber ich nenne dennoch das richtige Wort: Blamage. Eine Blamage, eine ungeheure Blamage ist es, mit welcher dieser verhaßte Raumburg das ehrwürdige Haupt meines königlichen Vaters besudelt. Ich fordere Rache und Strafe für den Missethäter, Majestät!«
»Ihre Forderung hat bereits Gewährung gefunden. Aber bedenken Sie, daß dieser Raumburg nicht allein schuldig ist!«
»Ich fühle, was Sie sagen wollen, Majestät, und ersuche Sie, mich als Geißel festzunehmen, mein Herz aber mit Vorwürfen, die mich zwar nur indirekt aber desto stärker treffen, nicht noch härter zu belasten!«
Er trat nahe an sie heran und ergriff ihre Hand. Seine Stimme klang mild und freundlich, als er bat: »Mein liebes, gutes Kind, Sie darf nicht der lindeste Hauch eines Verweises treffen. Sie sind frei, und wollen Sie in Ihre Heimath zurückkehren, so werde ich dafür sorgen, daß dies sofort und mit der Ihnen gebührenden Würde und Sicherheit geschehen kann. Nur dann, wenn mir Gott einen Thronfolger geschenkt hätte, würde ich Sie festzuhalten suchen, aber nicht durch Gewalt, sondern mit der liebenden Bitte, nach mir die Beherrscherin meines Reiches zu werden. Also ziehen Sie in Gottes Namen von dannen, wenn Sie dies dem andern vorziehen. Wollen Sie sich aber meinen Dank, den Dank meines Volkes und auch des Ihrigen erwerben, so bleiben Sie, nicht als Geißel, sondern als freundliche Vermittlerin zwischen mir und Ihrem Vater, zwischen meinen Interessen und den seinigen,
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