Scepter und Hammer
sie Segel-oder Dampfschiff sei. Doch konnte ihm dies gegenwärtig sehr gleichgültig sein. Er verließ das Fahrzeug, dessen Name ihn höchst sympathisch berührte, und begab sich zum Hafenmeister, um die gebotene Meldung zu machen.
Unterdessen hatte der Kastellan mit seiner Frau die Gäste nach oben geführt. Die Zimmer, welche Nurwan Pascha zur Verfügung gestellt wurden, waren geradezu prachtvoll zu nennen, und jedes einzelne Fenster bot eine Aussicht, welche einen Seemann entzücken mußte.
»Diese Zimmer bewohnen Durchlaucht, der Herr General, wenn er sich hier befindet,« erklärte Franke.
»Und welche von ihnen sind für mich bestimmt?« frug die noch immer Verschleierte mit einer Stimme, deren süßer, reiner Wohllaut wohlthuend zu Ohren drang.
»Die Ihrigen liegen eine Treppe höher. Darf ich sie Ihnen zeigen?«
»Ja, kommen Sie.«
Die Wohnung, welche sie jetzt betraten, bestand aus vier im Kreise neben einander liegenden Räumlichkeiten, welche für eine Dame, und zwar mit einer Eleganz eingerichtet waren, die auf den unermeßlichen Reichthum des Sternburg’schen Hauses schließen ließ. Die beiden Männer waren unten geblieben, und die Kastellanin befand sich also jetzt mit der Fremden allein.
»Herrlich, prächtig,« jubelte die Letztere, erfreut die kleinen weiß behandschuhten Händchen zusammenschlagend. »Das ist ja eine Thurmwohnung, von welcher aus man nach allen Seiten die prächtigste Aussicht hat, hier auf die See, und hier auf die Küste und dort hinein in das weite grüne Land. Und wie prächtig eingerichtet; blauer Sammt und weißer Atlas! Wer pflegt hier zu wohnen?«
»Ihre Königliche Hoheit, Prinzeß Asta von Süderland, wenn sie die Stadt besucht, um Seeluft zu athmen.«
»O schön, wundervoll! Ich habe die Zimmer einer Königlichen Prinzeß!« rief die Türkin in kindlichem Jubel und hüpfte aus einem Gemache in das andere, um jede Kleinigkeit in Augenschein zu nehmen.
Die Kastellanin folgte den zierlichen Bewegungen mit Bewunderung. Das war ein körperlich vollkommen ausgebildetes Weib mit einem reinen, noch unverfälschten kindlichen Gemüthe.
»Es freut mich, daß diese Wohnung Ihnen genügt! Für die nöthige Bedienung wird schleunigst gesorgt werden, und dann wird uns jeder Ihrer Wünsche ein Befehl sein, Madame!«
»Madame?« frug sie verwundert. »Sie halten mich für eine Frau?«
»Ja doch! Sind Sie nicht eine Frau aus dem Harem des Herrn Pascha?«
Jetzt schlug sie die Händchen nochmals und zwar im hellen Entzücken zusammen, wobei ihren Lippen ein herzliches Lachen entquoll, dessen Konsonanz goldenen Saiten zu entstammen schien.
»Ich – eine Frau – aus dem Harem des Herrn Pascha?«
Und mitten im hellsten Lachen schlug sie den Schleier zurück, nahm ihn vom Kopfe, warf die leichten Hüllen von sich, welche das eigentliche Gewand dem Blicke entzogen, und frug dann: »Sehe ich wirklich aus wie das Weib eines Pascha?«
Die Kastellanin trat bei dem Glanze der ihr entgegenstrahlenden Schönheit unwillkürlich einen Schritt zurück; eine solche Vereinigung der vollkommensten körperlichen Reize hatte ihr erfahrenes Auge noch niemals erblickt, und mit vollster Ueberzeugung antwortete sie: »Nein, Sie sind keine Frau, sondern – – aber – aber – bitte, befehlen Sie, wie ich Sie nennen soll!«
»Sagen Sie erst Ihren Namen?«
»Horn.«
»Nun wohl, Mutter Horn, nennen Sie mich einfach Almah!«
Die Kastellanin blickte ihr mit glänzenden Augen in das herrliche Angesicht.
»Das geht nicht! Ich bin eine alte geringe Frau, und Sie sind – aber bitte, was sind Sie denn, wenn Sie nicht die Frau des Pascha sind?«
»Ich bin seine Tochter.«
»Ah! Und wie titulirt man in der Türkei die Tochter eines Pascha?«
»Man nennt sie bei ihrem Namen. Darum sollen Sie Almah zu mir sagen.«
»Ich muß wohl gehorchen, wenn Sie es befehlen; aber Ihr Herr Papa, wird er es leiden? Ich – ich – ich habe mich bisher so sehr vor den Türken gefürchtet, weil sie so große Bärte und so krumme Säbel haben und an einen andern Gott glauben.«
»Ah? Kommen Sie einmal her zu mir, meine gute Frau Horn; ich will Ihnen etwas sagen!« Sie ergriff die Hand der Kastellanin und zog die Letztere nahe zu sich heran. »Hören Sie: Vater ist kein Türke in der Weise, wie Sie es nehmen!«
»Nicht? Kein Türke?«
»Nein.«
»Dann sind Sie auch keine Türkin?«
»Nein. Vater ist ein Christ und ich bin also auch Christin.«
»Ists wahr?« frug die Kastellanin
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