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Scepter und Hammer

Scepter und Hammer

Titel: Scepter und Hammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wenig zu beschreiben war, wie die unvergleichliche Schönheit der Gesichtszüge, welche in ihrer Harmonie ein Ganzes bildeten, dem kein Malerpinsel und auch nicht das nachbildende Licht der Sonne gewachsen sein konnte.
    Arthur war, als sie sich emporrichtete und mit dem kleinen, reizenden Händchen die vollen, schwarzblauen Locken aus der Stirn zurückwarf, wie erstarrt halten geblieben. Kein Glied seines Körpers bewegte sich; sein Mund war leise geöffnet und seine Augen richteten sich fast unnatürlich groß auf das entzückende Wesen, welchem am Tage seine Gedanken und des Nachts seine Träume gegolten hatten seit jenem Abende auf dem Nile.
    Sie sah den erstarrenden Ausdruck seiner Züge und frug halb ängstlich:
    »Was ist Ihnen? Was wollen Sie? Sie sind schon zurück!«
    »Al – – Almah!« rang es sich halb seufzend und halb jubelnd von seinen Lippen; dann kam ihm die Bewegung wieder, und er machte Miene, sich auf sie zu stürzen, wurde aber von dem Blicke, welchen sie auf ihn warf, förmlich zurückgeschleudert.
    »Sie wissen wie ich heiße?«
    »Ja.«
    »Woher erfuhren Sie meinen Namen?«
    Er besann sich und bemühte sich, die furchtbare Aufregung, unter welcher jedes Glied seines Körpers erbeben wollte, in die Tiefen seines Innern zurückzuringen.
    »Hörte ich ihn nicht von Excellenz, dem Pascha selbst?«
    »Ach so. Sie bleiben jetzt zur Disposition und lassen sich vom Kastellane Ihre Wohnung anweisen. Gehen Sie!«
    Er wandte sich wie im Traume zurück und verließ das Zimmer.
    »Was war mit ihm?« frug Almah. »Haben Sie sein Erschrecken gesehen, Mutter Horn?«
    »Allerdings.«
    »Bin ich so häßlich, daß er sich vor mir fürchtet? Oder erschrak er aus einem Grunde, den ich nicht kenne?«
    Die Kastellanin war keine Diplomatin, und dennoch gab ihr die Vorsicht eine Antwort ein, die sie nicht besser hätte geben können: »Es geht ihm wie mir; er hat Sie für eine Türkin gehalten, die sich nicht sehen lassen darf. Er hat Sie unverschleiert erblickt und hält sich nun für einen Verbrecher, dem Sie zürnen müssen; daher sein Schreck!« – – –

Neuntes Kapitel
Der tolle Prinz
    Ueber die Residenz von Süderland breitete sich ein wunderbar schöner, sternenvoller Abend, und die Luft war so mild und erquickend, daß die Promenaden von Spaziergängern wimmelten, welche unter den duftenden Bäumen wandelten, um nach des Tages Sorge und Arbeit den angestrengten und ermüdeten Geist zu erfrischen.
    Unter den Promenirenden bewegten sich zwei junge Männer, welche ihrer Haltung und Kleidung nach zu den besseren Kreisen des Mittelstandes gehörten, Arm in Arm, und den Blicken, mit welchen sie die ihnen Begegnenden musterten, war es anzusehen, daß sie irgend Jemand erwarteten.
    »Sie kommen nicht,« meinte der Eine von ihnen, den Hut, als ob er schwitze, abnehmend, um die hohe, breite Stirn mit dem weißen Mouchoir zu trocknen.
    »Sie werden kommen, Karl, darauf verlaß Dich. Anna hat mir noch in der Dämmerstunde bejahend zugenickt, als ich vorüberging.«
    »Sie wird kommen, ja; sie ist ein ruhiges, festes und treues Gemüth, und Du thatest damals wohl, gerade sie zu wählen.«
    »War es nicht ein eigenthümlicher Scherz, der dann so schön in Erfüllung ging?«
    »So schön? Ja, ich habe auch und lange Zeit geglaubt, daß es uns zum Glücke geschehen sei,« meinte Karl mit halblauter Stimme, aus welcher eine tiefe, schwere Trauer klang.
    »Zweifelst Du jetzt wirklich?«
    »Wir saßen im Parke,« fuhr der Gefragte, ohne auf diese Worte zu hören, wie rezitirend fort, »und uns gegenüber nahmen zwei unbekannte Damen Platz, die Eine blond und schmächtig, die Andere braun, dunkeläugig, voll Feuer und Leben und von einer Gestalt, an welcher ein Corregio nichts auszusetzen gehabt hätte. Wir wählten uns im Scherze eine von ihnen; Du wolltest die Blonde, Sanfte, ich die Braune, Schöne, Feurige. Aus dem Scherze wurde Ernst – Du bist glücklich und ich – elend.«
    »Karl!« rief der Andere.
    »Zweifelst Du?«
    »Ich begreife es nicht. Emma ist schön, besitzt ein gutes Gemüth, einen häuslichen, wirthschaftlichen Sinn und – –«
    »Und weiß, daß sie schön ist,« fiel Karl ein. »Sie hat ihre Mutter bei der Geburt verloren und wurde von ihrem Vater durch übergroße Zärtlichkeit und unverständige Nachsicht so verzogen, daß sie kein anderes Gesetz kennt, als das Gefühl des Augenblicks. Sie kennt ihre körperlichen Vorzüge sehr genau; sie bemerkt es, wenn sie bewundert wird, und thut man dies

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