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Scepter und Hammer

Scepter und Hammer

Titel: Scepter und Hammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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um zu öffnen, und eben wollte sie zur Seite treten, um dem Prinzen den Vortritt zu geben, als es hinter ihnen erklang:»Halt! Magst Du nicht allein hinaufgehen, Emma?«
    Sie fuhr erschrocken herum.
    »Karl!«
    »Ja, ich bin es. Bitte, geh hinauf! Ich werde Dir morgen am Tage meinen Besuch machen, um weiter mit Dir zu sprechen; zu so später Zeit aber verlangt kein ehrlicher Mann Zutritt bei einer Dame.«
    »Herr, wer sind Sie?« brauste der Prinz auf.
    »Ich habe keine Veranlassung, meinen wahren Namen zu verbergen; doch brauche ich ihn nicht zu nennen; ich bin der Scriblifax, von welchem diese Dame Ihnen erzählt hat.«
    »Schön! Dann treten Sie gefälligst zur Seite! Ich gestehe Ihnen nicht das mindeste Recht zu, uns den Eingang zu verwehren.«
    »Und ich gestehe Ihnen nicht die Erlaubniß zu, ein Mädchen unglücklich zu machen, welche brav war, ehe es Ihnen gelang, Sie durch Lüge und Verstellung zu bethören. Dieses Haus werden Sie heut nicht betreten!«
    »Wirklich?« klang es höhnisch. »Marsch, zur Seite!«
    Emma war bereits nach den ersten Worten der Gegner im Flur verschwunden, doch stand die Thür noch offen. Wer Sieger blieb, konnte eintreten. Der Prinz hatte den Literaten beim Arme gefaßt und versuchte, ihn von der Thür zu drängen; es gelang ihm nicht.
    »Herr, nehmen Sie die Hand von mir,« drohte Karl. »Ich möchte sonst vergessen, wer Sie sind!«
    »Ah! Wer bin ich denn?«
    »Entweder ein Prinz oder ein Schurke, was Beides zuweilen recht gut vereinigt zu sein scheint. Wählen Sie zwischen Beiden!«
    »Spion!« knirschte der Prinz und faßte seinen Gegner mit beiden Fäusten vor der Brust. »Fort, sage ich, und zwar zum letzten Male!«
    Karl drängte die Fäuste des Prinzen von sich ab, faßte ihn bei der Hüfte und schleuderte ihn gegen die Mauer.
    »Wollen sehen, wer fortgeht, Sie oder – – – oh – Hülfe – – oh – –!«
    Er brach zusammen, ohne den Satz vollständig aussprechen zu können. Der Prinz, von Wuth hingerissen, hatte den Degen gezogen und ihm denselben in die Brust gestoßen.
    »So, Bursche; Du bist beseitigt. Jetzt hinauf!«
    Ohne sich um die Folgen seiner That zu bekümmern, tastete er sich den Flur entlang nach der Treppe hin und stieg dieselbe empor. Droben stand Emma, zitternd vor Angst und Besorgniß.
    »Wer da? Bist Du es, Emma?«
    »Ja.«
    »Öffne! Du wohnst doch hier, nicht wahr?«
    »Ja. Aber bitte, laß mich heut allein! Wo ist Goldschmidt?«
    »Vor der Thür.«
    »Was ist mit ihm? Um Gottes willen, sage es! Ich hörte ihn um Hülfe rufen.«
    »Ich mußte ihm ein wenig die Haut ritzen; das ist Alles!«
    »Himmel, Du hast nach ihm gestochen?«
    »Allerdings. Solchen Menschen muß gezeigt werden, wie weit sie die Erlaubniß haben, mit Anderen zu verkehren.«
    »Mein Gott, was hast Du gethan! Das wird ein Unglück geben, wie es mich – – –«
    »Papperlapapp! Wer weiß denn, wer es gewesen ist?«
    »Goldschmidt selbst wird es sagen!«
    »Der? Pah, der sagt nichts mehr!«
    »So ist er todt? O Gott, das ist ja gar nicht möglich! Daran bin ich schuld!«
    Sie bebte vor Schreck am ganzen Körper; er aber blieb vollständig ruhig.
    »Denke dies nicht, Emma. Er selbst trägt die Schuld allein, denn er besitzt nicht die mindeste Berechtigung, sich in meine Angelegenheiten zu mischen. Und was wird es sein? Man findet ihn, trägt ihn fort, scharrt ihn ein, sucht nach dem Thäter, erfährt aber nichts –
tout voilá!
Bitte fasse Dich und öffne!«
    »Ich kann nicht, heut nicht! Der Todte liegt unten, und Papa muß bald kommen. Geh fort, geh fort; nur heut geh fort, wenn Du nicht willst, daß ich vor Angst vergehen soll!«
    »Nur heut? So darf ich ein anderes Mal mit herauf?«
    »Ja; aber jetzt mußt Du gehen!«
    »Wenn soll ich wiederkommen?«
    »Ich weiß es nicht!«
    »Morgen?«
    »Nein, da ist Papa zu Hause!«
    »Wenn hat er wieder Spieltag?«
    »Sonnabend.«
    »
Bon!
So komme ich nächsten Sonnabend!«
    »Ja doch, aber bitte, gehe jetzt!«
    »Punkt neun Uhr?«
    »Ja.«
    »Du wirst Alles offen halten und dafür sorgen, daß mich Niemand kommen sieht!«
    »Ich werde es, doch entferne Dich jetzt! Mir schwindelt vor Angst.«
    »Dann den Abschiedskuß! Gute Nacht, mein Leben. Träume süß von mir und von – unserer Hochzeit!«
    Er stieg die Treppe wieder hinab und verließ das Haus. Sein Opfer lag regungslos in einer Blutlache vor der Thür; er warf einen kurzen Blick auf den Leblosen und schritt davon.
    »Er hat seinen Lohn. Ein Prinz oder ein Schurke!

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