Scepter und Hammer
sollten. Diese sonderbare Ordre hatte böses Blut unter dem sämmtlichen Aufsichtspersonale hervorgerufen. Zigeuner im Wildgehege, welches sonst auch dem höchsten Staatsbeamten, dessen Ressort sich nicht auf die Forstwirthschaft erstreckte, verschlossen blieb! Hierzu mußte es eine sehr dringende und vielleicht auch eigenthümliche Veranlassung geben. Man forschte nach ihr und fand sie auch sehr bald.
Unter der Bande befand sich ein Mädchen von so seltener, wunderbarer Schönheit, daß sie Jeden entzückte, der sie zu Gesichte bekam. Auch der Herzog hatte sie gesehen und kam nun täglich in das Gehege, um mit ihr zusammenzutreffen; dies geschah theils in Gegenwart der Zigeuner, theils aber auch heimlich, wie die Forstleute beobachteten, und nun war das Räthsel gelöst. Die Bande durfte ihren Aufenthalt im Wildgarten nehmen und sich sogar an den gehegten Thieren vergreifen, damit der Herzog Gelegenheit finde, mit der schönen Zarba zu verkehren. Das Mädchen schien in ihrer Unerfahrenheit von einem Rausche ergriffen zu sein. Man hatte sie oft an der Seite, ja in den Armen des Herzogs gesehen, und daher kam es dem Forstwart Stephan ganz unerwartet, daß so gewaltthätige Maßregeln gegen ein Mitglied ihrer Familie ergriffen werden sollten, und ebenso war er über die unverhoffte Mittheilung erstaunt, welche sich auf die Entfernung der Zigeuner bezog.
Allerdings frug er sich nicht nach den näheren Gründen des ihm gewordenen Auftrages; der Herzog war sein höchster Vorgesetzter, von dessen Wohlwollen seine ganze Zukunft abhing, und da er ein keineswegs empfindsames Gemüthe besaß, so konnte es bei ihm nichts anderes als den blindesten Gehorsam geben. Den Eingang hatte er verschlossen, um der Gegenwart Katombo’s sicher zu sein; jetzt schritt er der Richtung zu, in welcher sich das Zigeunerlager befand.
In der Nähe desselben vernahm er eine zornige Stimme und erkannte, vorsichtig näher tretend und hinter dem Stamme eines Baumes Posto fassend, Katombo, welcher mit zorniger Miene vor Zarba stand.
»Sagte ich Dir nicht, daß ich Dir verloren sei, wenn Du ihn küßtest? Und dennoch hast Du es gethan!« warf er ihr vor.
»Ich habe es gethan, doch nur um Deinet-und um Karaveys willen,« antwortete sie.
»Das glaube ich nicht! Warum verweigertest Du mir den Kuß, als wir noch alleine waren? Warum schickt die Vajdzina mich stets zur Stadt, wenn dieser Herzog in das Gehege kommt? Sollst vielleicht Du das Fleisch, welches wir genießen, bezahlen und die Erlaubniß, hier im Walde bleiben zu dürfen?«
»Bist Du eifersüchtig?« frug sie mit einem Lächeln, in welchem sich doch ein gewisser Grad von Verlegenheit zeigte, welchen er bemerken mochte.
»Eifersüchtig? Ein verständiger Mann kann nie eifersüchtig sein, und ich glaube sehr, daß ich meinen Verstand habe. Der Mann eines treuen Weibes und der Verlobte eines braven Mädchens, Beide haben keine Veranlassung zur Eifersucht; welches Weib aber diese Veranlassung gibt, die ist nicht mehr werth, daß sich das Herz des Mannes mit ihr beschäftigt.«
»Ich mußte thun, was mir die Vajdzina gebot!«
»Du mußtest thun, was ich Dir gebot, denn Deine Lippen waren mein Eigenthum seit dem Tage, an welchem Du mir sagtest, daß Du mich liebtest und meine Braut wurdest. Du hast mir dies Eigenthum zurückgeraubt und an einen Andern verschenkt, der nur ein schnödes Spiel mit Dir treibt; ich lasse es ihm, denn ich verzichte auf jeden Mund, den ein Zweiter nach mir küßte; aber dieser Herzog wird einst besser glauben als vorhin Du, daß ich ein ächter Boinjaare bin, der einen solchen Raub zu vergelten weiß. Meine Schwester wirst Du bleiben, meine Braut aber bist Du gewesen, und mein Weib wirst Du niemals sein!«
Ihr Auge flammte auf.
»So verachtest Du mich?«
»Nein, sondern ich bemitleide Dich und werde den Raub, den Du an mir begingst, zu rächen wissen, zwar nicht an Dir, sondern an ihm, denn Deine Strafe erhältst Du ganz von selbst, gerechter, größer und schwerer, als ich sie Dir bestimmen könnte.«
»So wagst Du, mit Deiner einstigen Vajdzina zu sprechen! Du sagst, daß Du mich nicht zum Weibe magst – weißt Du denn, o ich Dich noch zum Manne begehre? Welche Strafe könntest Du mir geben, welche Strafe könnte mich außerdem noch treffen? Katombo, der Geist des Irrsinns ist über Dich gekommen; bete zu Bhowannie, daß sie Dich vom Wahnsinne errette! Und wenn Deine Seele wieder licht und klar geworden ist, dann wirst Du erkennen, daß Zarba nicht nöthig
Weitere Kostenlose Bücher