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Scepter und Hammer

Scepter und Hammer

Titel: Scepter und Hammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schläfst! Der Schmerz kennt keinen Schlummer und keine Ruhe.«
    »Was willst Du?«
    »Dir sagen, daß ich stets Dein Bruder und Dein bester Freund gewesen bin.«
    »Ich weiß es, Karavey!«
    »Was wirst Du thun?«
    »Ich? Was soll ich thun? Der arme, verachtete Zingaritto gegen einen großmächtigen Herzog? Nichts!«
    »So willst Du Dich nicht an ihm, sondern an Zarba rächen?«
    »An ihr? Niemals! Ich habe sie geliebt.«
    »Täusche mich nicht! Als Du kamst, las ich in Deinen Augen, daß ein fester Entschluß in Deiner Seele wohnt. Des Freundes Blick ist scharf. Sage mir, was Du vorhast, und ich werde Dir beistehen mit allen meinen Kräften!«
    »Laß mich, Karavey! Du bist Zarba’s rechter Bruder; ich darf Dir mein Geheimniß noch nicht mittheilen.«
    »So versprich mir wenigstens, daß ihr kein Leid geschieht!«
    »Ich verspreche es!«
    »Und daß Du nicht Etwas vornimmst, was Dich unglücklich machen kann!«
    »Auch das verspreche ich, obgleich ich bereits so unglücklich bin, daß ich gar nicht unglücklicher werden kann.«
    »Willst Du uns verlassen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich will ein freier Mann sein, dem die Vajdzina nicht zerstörend in das Leben greifen darf; aber ich bin ein Sohn Eures Volkes geworden und möchte es bleiben, weil Dankbarkeit in meinem Herzen wohnt.«
    »Schwöre mir bei Bhowannie, der Schrecklichen, daß Du nicht von uns gehst, ohne es mir vorher zu sagen!«
    »Ich schwöre es!«
    »Vielleicht gehe ich dann mit Dir. Der Gitano darf keinen Willen haben als den seines Vajda und seiner Vajdzina; aber wenn diese Beiden die eigene Tochter, das beste Kind des Stammes, das schönste Mädchen des Volkes, die einst selbst Vajdzina werden soll, einem lüsternen Christen opfern, so werde ich mich gegen ihren Befehl auflehnen und, wenn dies Nichts hilft, den Stamm verlassen. Die Welt ist groß und weit; der Gitano hat keine Heimath und weiß, daß nur die Fremde ihm gehört.«
    Das flüsternd geführte Gespräch war zu Ende, und die beiden Jünglinge lagen, in trübe Gedanken versunken, neben einander, während die andern dachten, daß sie schliefen. So verging ein Theil des Nachmittages, bis der Vajda mit Karavey und den andern Männern in den Wald gingen, um sich ein Wild zu holen. Die Frauen und Mädchen blieben zurück, doch lag auch auf ihnen in Folge des heutigen Erlebnisses ein Druck, der eine lebhafte Unterhaltung nicht aufkommen ließ.
    Katombo erhob sich jetzt, um mit seinen Gedanken durch den stillen, lautlosen Forst zu streichen. Darüber verging Stunde um Stunde, bis es beinahe zehn Uhr war. Jetzt schlug er den Weg nach dem Blößenhause ein.
    Die kleine Lichtung, in deren Mitte es stand, war rings von hohen Tannen umgeben, zwischen denen zuweilen der hohe Wipfel einer Eiche oder Buche emporragte. Das Häuschen selbst war einstöckig, von starken Mauern aufgeführt, und besaß eine dicke Bohlenthür, welche mit starkem Eisen beschlagen war. Das kleine Fenster an seiner hinteren Seite hatte kaum genug Umfang für den Kopf eines Mannes und war mit starken, tief eingefugten Eisenstäben versehen. Das Bauwerk hatte einst zu verschiedenen Jagdzwecken gedient, stand aber jetzt vollständig leer und unbenutzt, und selbst der alte Oberförster wäre in Verlegenheit gerathen, wenn man ihn gefragt hätte, vor wie viel Jahren es zum letzten Male von einem menschlichen Fuße betreten worden sei.
    Katombo schlich sich längs des Blößenrandes hin und bemerkte bei dem halben Scheine des Mondes, daß die Bank hinter dem Hause nicht besetzt sei. Bei der Buche angekommen, traf er auf den Waldhüter, der ihn bereits erwartet hatte.
    »Das ist pünktlich,« meinte dieser. »Es wird gleich zehn Uhr schlagen.«
    »Und es ist noch Niemand hier.«
    »Ich habe sie jetzt auch noch gar nicht erwartet. Wir müssen ja eher kommen als sie, sonst könnten sie uns bemerken.«
    »Hast Du den Schlüssel?«
    »Ja. Komm!«
    Sie schritten auf das Häuschen zu. Bei demselben angekommen, zog der Hüter den langen, rostigen Hohlschlüssel hervor und öffnete. Das Schloß kreischte und die alten Angeln krachten laut auf; eine dumpfe, feuchte Luft schlug ihnen entgegen; sie traten ein.
    »Der Laden ist zu. Soll ich ihn öffnen?« frug Katombo.
    »Ja.«
    Der Zigeuner trat zur hinteren Wand des finstern Raumes und faßte mit den beiden Händen empor, um die Konstruktion des Verschlusses zu untersuchen. In diesem Augenblicke erhielt er einen Schlag von hinten über den Kopf, daß er mit einem unartikulirten Schmerzenslaute

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