Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Scepter und Hammer

Scepter und Hammer

Titel: Scepter und Hammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
hat, bei Dir um Vergebung und Liebe zu betteln. Vergebung braucht sie nicht, denn sie hat nicht gegen Dich gesündigt, und Liebe findet sie überall, mehr als manche feine blanke Dame, die ihr Auge vergebens zu Fürsten und Herzogen erhebt.«
    Er blickte ihr mit unendlichem Mitleide in das glühende Angesicht.
    »Zarba, nicht mich umfängt der Wahn, sondern Dich; nicht ich werde erwachen, sondern Du wirst es, und dann wirst Du Dich nach Vergebung sehnen, wie der Blinde nach dem Lichte der Sonne!«
    »Was habe ich gethan, daß Du es mir vergeben müßtest? Ist ein Kuß, in Deiner Gegenwart gegeben, ein Verbrechen?«
    »In meiner Abwesenheit ein Diebstahl, in meiner Gegenwart aber noch mehr, ein gewaltsamer Raub, in beiden Fällen aber eine Untreue.«
    »Ich war nicht untreu!« behauptete sie fest.
    »Was ist die Untreue? Eine Gesinnung, die im Charakter wohnt, im Herzen arbeitet und ihre Früchte durch das Auge, die Hand und den Mund nach Außen treibt. Seien diese Früchte gereift oder nicht, seien ihre Thaten vollendet oder begonnen, spreche sie durch den Blick, das Wort oder die That, die Gesinnung, die Untreue wohnt tief unten und ist ganz dieselbe. Ich kann einem Weibe verzeihen, von der ein Mann Alles nahm, was mir gehörte, wenn ihr Herz nur mein verblieb, und ich kann ein Weib für immer von mir stoßen, obgleich nur ein einziger ihrer Blicke mit Wünschen an einem Andern hing, denn ihr Herz war mir entflohen. Die Vajdzina schickte mich fort, wenn der Herzog kam; ich habe Dich also nicht beobachten und belauschen können; aber ich habe die Röthe Deiner Wangen gesehen, als er uns vorhin überraschte; ich habe die Sprache Deines Auges verstanden, als er den Kuß von Dir nehmen wollte, da ich unter dem Hunde lag; ich habe den entsetzten Schlag Deines Pulses gefühlt, als ich das Messer über ihm zuckte. Dein Herz ist nicht mehr mein; es gehört ihm. Und wenn es wieder zurückkehren wollte, ich möchte es nicht haben, denn nur der unvernünftige hilflose Säugling genießt den Bissen, den ein anderer Mund ihm vorkaut.«
    Er mußte sie mit jedem Gedanken seiner Seele lieb gehabt haben, das war aus dem knirrschenden Grimme zu hören, mit welchem er seine letzten Worte sprach. Der Schweiß stand in Tropfen auf seiner Stirn; seine Zähne waren zusammengepreßt, und sogar die aufgetragene Farbe vermochte nicht, das tödtliche Bleich seiner Wangen vollständig zu verdecken. Das Mädchen bemerkte von dem Allem nichts; der Zorn hatte sie jetzt so vollständig übermannt, daß ihre Stimme beinahe heiser klang, als sie höhnisch antwortete:»Nun wohl, hältst Du mich für die Geliebte eines Herzogs, so mußt Du wissen, daß Du ein armseliger Wicht bist gegen einen solchen Mann. Es wird niemals einer Amme in den Sinn kommen, Dir meine Liebe vorzukauen. Ich verlache Dich und alle Deine Drohungen!«
    Mit einigen raschen Schritten war sie hinter den Bäumen verschwunden.
    Er hatte vorhin durch seinen Angriff auf den Herzog bewiesen, daß es ihm an Muth und Kraft nicht fehle; jetzt aber, da die Wirklichkeit seines Verlustes unerschütterlich und unwiderruflich vor ihm lag, schlang er die Arme um den Stamm des nächsten Baumes und drückte seine glühende Stirn fest an die harte, rauhe Rinde desselben.
    So stand er lange Zeit. Da plötzlich fühlte er eine Hand auf seiner Schulter. Er blickte auf; der Wildheger Stephan stand vor ihm.
    »Bist Du Katombo?«
    »Ja,« antwortete er in einem Tone, als erwache er soeben aus einem schweren, tiefen Traume.
    »Ist nicht Zarba, die junge Zigeunerin, Deine Braut?«
    »Warum fragst Du?«
    »Weil ich Dir dann Etwas zu vertrauen habe.«
    »Was?«
    »Sind wir hier unbelauscht?«
    »Ist es ein Geheimniß, was Du mir zu sagen hast?«
    »Ja. Ich bin ein Freund von Dir und möchte Dir gern heut einen großen Dienst erweisen.«
    Katombo blickte dem Hüter mißtrauisch in das Angesicht.
    »Mein Freund? Seit wann willst Du es sein? Hast Du uns nicht von Allen am meisten gekränkt und verfolgt?«
    »Dich nicht, sondern die Andern, die alle falsch und heimtückisch sind. Du hast uns nie Holz oder ein Wild gestohlen; darum habe ich Dich gern und möchte es Dir beweisen.«
    »So komme ein Stück fort von hier!«
    Sie schritten mit einander ein Stück in den Wald hinein, bis sie eine Stelle erreichten, an der sie sicher sein konnten nicht gesehen und gehört zu werden. Hier blieb der Zigeuner stehen.
    »Jetzt sprich!«
    »Kennst Du das Blößenhaus?«
    »Das kleine, steinerne Häuschen auf dem freien

Weitere Kostenlose Bücher