Scepter und Hammer
Letzteren hätten ihn seine Fesseln gehindert, und das Erstere wollte ihm nicht gelingen, da der Blutumlauf seines Körpers in Folge der festen Banden stockte und sein Kopf ihn noch mehr schmerzte als vorher. Er blieb nach einigen vergeblichen Anstrengungen in vollständiger Apathie liegen und sank nach und nach in einen tiefen, lethargischen Schlaf, der sich wohlthätig zu ihm niederneigte.
Als er aus demselben erwachte, war es ihm unmöglich, zu bestimmen, wie lange er geschlafen habe; lange, sehr lange aber mußte es sein, denn er fühlte sich vollständig gekräftigt; der Schmerz an seinem Kopfe war verschwunden, und nur die Fesseln seiner Hände verursachten ihm eine unerträgliche Pein.
Er erhob sich. Es war vollständig dunkel in dem Raume. War es die Finsterniß der Nacht oder hatte der Kerker gar keine Fenster – oder sonstige Öffnung? Er konnte dies nicht entscheiden und tappte sich rings an den Wänden hin. Soweit seine Gestalt reichte, fühlte er nur kalte, geschlossene Mauern, deren einzige Unterbrechung in der Thür bestand, durch welche man ihn hereingeschafft hatte.
Noch war er mit der Untersuchung der engen Zelle beschäftigt, als er draußen Schritte vernahm. Die Riegel klirrten; die Thür öffnete sich, und ein heller Lichtschein drang zu ihm herein. In demselben bemerkte er jetzt sehr deutlich, daß sein Gefängniß kein Fenster hatte; es war im Kellerraume angebracht und zeigte keine einzige Öffnung, durch welche die Luft und das Licht des Tages hatten Zutritt finden können. Auch den Mann erkannte er, welcher mit der Blendlaterne eintrat und dann die Thür hinter sich sorgfältig in den Rahmen zog. Es war der Herzog von Raumburg.
»Guten Abend!« klang es gedehnt und höhnisch, und als der Gefangene ob dieser Anrede verwundert aufschaute, fuhr der Herzog fort: »Ja, es ist bereits wieder Abend. Ich bin dreimal hier gewesen; Du aber warst nicht zu sprechen, denn Du schliefst, als hättest Du mit den zwei kleinen Schlägen eine ganze Apotheke voll Opium erhalten. Nun aber, was sagt der stolze Gitano zu der vortrefflichen Wohnung, die ich ihm gegeben habe?«
»Schurke!«
Es war nun das eine Wort, aber es lag eine ganze Welt voll Haß und Verachtung darin.
»Schön! Ich werde Dir den Knebel wieder geben müssen, damit Deine Zunge nicht allzusehr spazieren geht. Du bist in der Gewalt des Herzogs von Raumburg, der ganz andere Töne gewohnt ist, als den Deinigen.«
»Schurke!« erklang es furchtlos wieder. »Thu mit mir, was Du willst, und je Größeres Du ersinnst, desto mehr bist Du ein Schurke. Aber nimm mir nur einen Augenblick die Fesseln ab, so werde ich Dir zeigen, wie ein ehrlicher Zigeuner mit einem Hallunken verfährt!«
»Bemühe Dich nicht, mich in Zorn zu bringen, denn alle Deine Anstrengung wird fruchtlos sein. Ich komme nur, um Dir Dein Urtheil zu verkünden. Zarba, das schönste Mädchen, welches ich jemals gesehen habe, muß mein eigen werden, verstehe wohl, mein eigen wie die Blume, deren Duft man athmet und die man dann von sich wirft; Du bist mir dabei im Wege, und daher habe ich Dir ein Quartier gegeben, wo Du mich nicht belästigen kannst. Ich hätte Dich vielleicht einst wieder frei gelassen; aber Du hast mich zu beschimpfen versucht, und darum wirst Du diesen Ort niemals wieder verlassen.«
»Meinst Du, daß ich Dich um Gnade anflehen werde? Ich verlange nur Gerechtigkeit, und die muß, die wird mir werden!«
»Gerechtigkeit? Ja, denn ich bin die oberste Behörde des ganzen Reiches, und die ist gewohnt, schneller und gerechter zu entscheiden, als jede andere Instanz. Du bist schuldig eines Mordversuches gegen mich und mußt eigentlich sterben; ich aber begnadige Dich zu lebenslänglicher Haft in diesem Kerker und gebe Dir dazu den Trost, daß diese Gefangenschaft nicht lange dauern wird.«
»Du darfst weder verurtheilen noch begnadigen. Ich verlange einen gesetzmäßigen Richter, vor dem auch Du zu stehen hast, denn auch Du bist des Mordversuches gegen mich und dazu des Menschenraubes schuldig.«
Der Herzog lachte.
»Dein erster und letzter, Dein einziger Richter steht vor Dir, und er verspricht Dir, daß es den Deinen wohlgehen wird. Zarba wird sich entschließen, zu mir zu ziehen und mein Weibchen zu werden; und ich werde zärtlicher und inniger gegen sie sein als Du; die Andern müssen fort und werden mir für diesen Befehl dankbar sein, denn sie lieben ja die Freiheit, und damit sie diese ganz und voll genießen können, werde ich ihnen verbieten, jemals
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