Schabernack mit zwei Gespenstern
Hund schenken? Was meinst du?“
„Nein.“ Norbert schüttelte den Kopf.
„Vielen Dank! Ich möchte nicht.“
Helft uns, ihr Gespenster!
Die dritte Ferienwoche verging den
Kindern ebenso rasch wie die beiden ersten. Anfangs war Norbert den Eltern
Lehmann gegenüber ziemlich scheu und zurückhaltend gewesen. Aber nun wurde er
von Tag zu Tag zutraulicher und fröhlicher. Die drei Jungen verstanden sich
prächtig und zankten sich nur ganz selten.
Am Sonntag morgen beim Frühstück war
Herr Lehmann besonders guter Laune. Er neckte die Jungen und machte so viele
Späße, daß die drei aus dem Lachen gar nicht mehr herauskamen.
Als es einmal einen Augenblick still
war im Zimmer, seufzte Norbert: „Ach, ist das schön bei euch! Und in ein paar
Wochen muß ich wieder fort. Ich will aber nicht. Im Heim bin ich so allein.“
Norbert schluckte einige Male und beugte den Kopf tief über seinen Teller,
damit die anderen sein Gesicht nicht sehen konnten.
„Sei nicht traurig“, sagte Uli, und
seine Stimme klang piepsig. „Du kommst ja bald wieder, und dann bleibst du
immer bei uns.“
„Ja.“ Norbert zauste Uli die krausen
Haare ein bißchen. „Ich bin ein Glückspilz. Ich bekomme zum zweitenmal eine
Familie. Da sind Kinder im Heim, die haben noch nie eine gehabt. Sie würden ein
Bein dafür hergeben, wenn sie Eltern finden könnten.“
Nik war ganz blaß geworden. Nun sprang
er auf. „Sollen wir Verstecken spielen?“ fragte er hastig. „Komm, Uli! Ich weiß
zwei prima Verstecke im Garten. Da kann Norbert lange suchen.“
„Keine Bange!“ sagte Norbert und
blinzelte. „Ich finde euch schon.“
„Zähl bis hundert!“ rief Nik und
rannte mit Uli hinaus. Norbert war gerade bis vierzig gekommen, da wurde die
Tür wieder aufgerissen. Nik und Uli führten einen großen, dünnen Herrn mit
einem Vollbart herein.
„Er sagt, er wäre Norberts Onkel“,
krähte Uli aufgeregt.
„Mein Name ist Bernd Otto.“ Der Herr
verbeugte sich leicht. „Ich bin der Bruder von Norberts Mutter.“
„Meine Mutter hatte keine Verwandten“,
erklärte Norbert sofort. „Und mein Vater auch nicht.“
„Ich kann beweisen, daß ich dein Onkel
bin“, erwiderte Herr Otto ruhig und zog einige Papiere aus seiner Jackentasche.
„Bitte, nehmen Sie doch zuerst einmal
Platz“, sagte Herr Lehmann.
„Danke!“ Herr Otto setzte sich in
einen Sessel.
Nik und Uli drängten sich an Norbert,
als ob sie ihn beschützen wollten.
„Als meine Schwester fünf Jahre alt
war, starben unsere Eltern kurz nacheinander“, erzählte Herr Otto nun. „Ich war
damals schon ein junger Mann. zusammen mit einer Haushälterin zog ich meine
Schwester groß. Ich liebte sie sehr und tat alles für sie. Aber ich bemerkte
nicht, daß sie erwachsen wurde. Eines Tages brachte sie Norberts Vater mit und
erklärte mir, daß sie ihn heiraten wollte. Das war ein schwerer Schlag für
mich. Wir stritten uns furchtbar. Ich verbot ihr, zu heiraten. Aber sie
kümmerte sich nicht darum. Die beiden gingen fort aus unserer Stadt, und wir
hörten niemals mehr etwas voneinander.“ Herr Otto machte eine Pause und
räusperte sich.
„Was will er hier?“ raunte Norbert inzwischen.
„Dich“, wisperte Nik. „Das ist doch
wohl klar.“
„Kommt überhaupt nicht in die Tüte“,
flüsterte Uli. „Norbert gehört zu uns.“
„Die Jahre gingen dahin, und ich
bedauerte mein Verhalten immer mehr“, fuhr Herr Otto dann fort. „Ich wußte, daß
meine Schwester niemals den ersten Schritt tun würde. Sie hatte einen noch
größeren Dickkopf als ich. Außerdem war sie ja auch im Recht. Das gebe ich
heute zu. Ich konnte ihr nicht verbieten zu heiraten. Also beauftragte ich vor
kurzem ein Detektivinstitut, sie zu suchen. Ich wollte wissen, wie es ihr geht,
und mich wieder mit ihr versöhnen. Vor einigen Tagen erfuhr ich, daß sie einen
Sohn hat — und ich hörte von dem entsetzlichen Unglück.“ Herr Otto schwieg und
fuhr sich mit der Hand über die Augen. „Verzeihen Sie, ich bin immer noch
schwer erschüttert.“
„Dafür brauchen Sie sich doch nicht zu
entschuldigen“, sagte Frau Lehmann leise.
„Gestern abend kam ich in Remburg an“,
berichtete Herr Otto weiter. „Ich telefonierte sofort mit dem Kinderheim. Der
Direktor war nicht da. Eine Schwester erklärte mir, daß Norbert die Ferien bei
Ihnen verbringt. Selbstverständlich werde ich nun den Jungen zu mir nehmen. Ich
bin zwar Junggeselle, aber ich habe eine Haushälterin. Norbert wird bei
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