Schabernack mit zwei Gespenstern
Behutsam fuhr Norbert mit einem Finger über die abgedruckte
Zeichnung von Schnuffel. „Aber —vielleicht ist es einfach zuviel. Wo ich doch
jetzt schon eine neue Familie gefunden habe.“
In diesem Augenblick kehrte Frau
Lehmann zurück und wurde gleich mit der Neuigkeit überfallen. Sie las den
Artikel sofort aufmerksam durch. „Als ob ich’s geahnt hätte, daß es heute etwas
zu feiern gibt“, sagte sie dann. „Hier! Ich habe Eis für euch mitgebracht.“
„Ich glaube, daß du in den nächsten
Tagen eine Menge Post bekommen wirst, Nik“, sagte Herr Lehmann am Abend.
Und er behielt recht. Viele, viele
Menschen schrieben an Nik.
„Wo Schnuffel ist, das weiß ich nicht,
aber ich möchte Norbert gern einen neuen Hund schenken“, so fingen die meisten
Briefe und Karten an. Auch Katzen, Wellensittiche, Kanarienvögel, Kaninchen,
Schildkröten und Meerschweinchen wurden ihm angeboten. Einige Leute erkundigten
sich nach Norberts Adresse und schrieben, daß sie ihn gern adoptieren möchten.
Nur das eine, worauf die Jungen so
sehnsüchtig warteten, das schrieb keiner.
Norbert antwortete jedem. Stundenlang
saß er da und schrieb.
Von Tag zu Tag kam jedoch weniger Post
für Nik und nach einer Woche überhaupt keine mehr. Da gaben die Jungen die
Hoffnung auf, daß bei dieser Sache noch etwas herauskommen würde. Norbert war
sehr niedergeschlagen. Nik und Uli trösteten ihn, so gut sie konnten.
„Wenn Schnuffel so scheu geworden ist,
wie der alte Mann bei dem Schrebergärtchen gesagt hat, dann kann ihn ja auch
niemand gefunden haben. Sicher treibt er sich die meiste Zeit in den Wäldern
herum, wo ihn keiner sieht“, meinte Nik und gab Norbert einen Schubs. „Laß den
Kopf nicht hängen! Mit dem alten Mann hat der Schnuffel sich doch ein ganz
kleines bißchen angefreundet. Irgendwann läuft er bestimmt mal wieder dorthin.“
„Ja“, sagte Norbert. „Wenn ihm
inzwischen nichts passiert ist...“
Frau Lehmann fand, daß die Kinder sich
bei Herrn Topp bedanken sollten für seine Bemühungen, und so gingen sie gegen
Abend alle drei dorthin. Aber es war niemand zu Hause, und eine Nachbarin
erklärte, daß Familie Topp verreist sei.
So schrieb Norbert einen langen Brief
an Herrn Topp, erzählte, was geschehen war und bedankte sich.
Und dann kam am Samstag morgen doch
noch eine Karte. In großer steiler Kinderschrift stand darauf: „Der Hund ist
bei mir. Ihr könnt ihn abholen. Peter Bach.“
„Päng!“ rief Uli.
Nik brüllte: „Wir haben ihn! Hurraaa!“
„Mein Schnuffel“, murmelte Norbert
fassungslos.
„Kommt mit, wir sagen es Mami und
Papi.“ Nik strahlte und schwenkte stolz die Karte. „Nun hat mein Plan doch noch
recht geklappt!“
Die Eltern Lehmann waren im hinteren
Teil des Gartens beschäftigt. Sie freuten sich natürlich sehr über die gute
Nachricht. „Wo wohnt der Junge denn?“ fragte Herr Lehmann und studierte die
Karte. „Hm! Auf einem Bauernhof bei Remburg. Sollen wir heute nachmittag mal
hinfahren?“
„Au ja!“ — „Papi, du bist klasse!“
jubelten Uli und Nik. Norbert flüsterte: „Danke schön!“ Dann wandte er sich ab
und rannte ins Haus.
„Was hat er denn?“ Die Brüder wollten
ihm nachlaufen, aber die Mutter hielt sie zurück. „Es gibt Augenblicke, da muß
man einfach mal allein sein“, sagte sie. „Er wird schon wiederkommen, wenn er
sich beruhigt hat.“
Gleich nach dem Mittagessen fuhr Herr
Lehmann mit den Jungen los. Die drei waren so aufgeregt, daß sie nicht eine
Minute lang stillsitzen konnten. Dreimal fragte Uli, ob Nik auch die hundert
Mark eingesteckt hätte, die Peter Bach als Belohnung bekommen sollte.
Endlich erblickten sie den Bauernhof.
Er lag ziemlich abseits, am Rande eines Waldes. Nichts rührte sich, als der
Wagen auf den Hof fuhr. Nur von irgendwoher klang ein schläfriges Muhen. Als
Herr Lehmann klingelte, begann im Haus ein Hund zu bellen. Norbert wurde
kalkweiß im Gesicht, aber das bemerkte niemand.
„Sei still, Alfons!“ sagte nun drinnen
jemand. Gleich darauf öffnete sich die Tür. Ein kräftiger blonder Junge
erschien und dicht neben ihm ein Hund.
„Schnuffel!“ riefen Nik und Uli, denn
der Hund sah genauso aus, wie Norbert Schnuffel beschrieben hatte.
Doch Norbert sagte tonlos: „Nein, er
ist es nicht. Ich hab’s schon am Bellen gehört. Schnuffel hat eine andere
Stimme.“
„Waaas?“ brüllte der Junge da, und
sein trauriges Gesicht hellte sich mit einem Schlag auf. „Bist du
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