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Schabernackel

Schabernackel

Titel: Schabernackel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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es wohl oder übel mal damit versuchen.“
    Er fand jedoch etwas Besseres, etwas viel Besseres sogar, den „nie versagenden Gegenteiler“ nämlich. Das war ein winziger Magnet, nicht größer als ein Hosenknopf, aber mit einer ungeheuer starken Anziehungskraft. Wie alle gewöhnlichen Magnete besaß er zwei Pole, einen Nordpol und einen Südpol. Er zog jedoch nicht Eisen an und Stahl, wie man es von normalen Magneten kennt, sondern Gedanken. Jeder, der ihn in der Tasche trug, erlebte es. Bevor er einen Gedanken, der ihm gerade einfiel, aussprechen konnte, hatte der Magnet ihn schon angezogen. Allerdings speicherte er ihn nicht, sondern gab ihn wieder zurück, und zwar so schnell, daß der Besitzer den vorübergehenden Verlust gar nicht bemerkte. Aber er polte ihn vorher um! Aus heiß machte er kalt, aus böse gut, aus dick dünn und so weiter. Wenn der Gedanke dann den Mund des Sprechers als gesprochener Satz verließ, war er genau in sein Gegenteil verkehrt. Hatte ein Mann etwa gedacht ,Das Wetter ist ja scheußlich heute’, dann wurde daraus der Satz ,Das Wetter ist ja prächtig heute’.
    Schabernackel rieb sich die Hände und nickte zufrieden. „Hausmeisterlein, Hausmeisterlein“, sagte er, „du wirst dich in den nächsten Tagen noch sehr wundern! Mit dem Magnet in der Tasche wirst du der größte Kinderfreund in der ganzen Gegend.“
    Er räumte die Sachen zusammen und drehte den kleinen Gegenteiler nachdenklich in der Hand.
    „Wie ich gesehen habe, trägst du einen grauen Kittel mit zwei Taschen an der Seite. Ir einer von beiden hat der Magnet Platz genug.“
    Am andern Morgen landete Schabernackel mit seiner Wolke hinter den Büschen, die die Schulwiese begrenzten, machte sich unsichtbar und ging in die Milchküche, wo der Hausmeister gerade Milch- und Kabatüten in verschiedene Kästen zählte, die in der Trinkpause von den einzelnen Klassen abgeholt werden sollten. Er trug, wie am Tage vorher, den grauen Kittel mit den beiden Taschen.
    Schabernackel gab sich keine Mühe, besonders leise aufzutreten, denn das Geklapper der Milchkästen übertönte seine Schritte. Schnell trat er auf den Mann zu und steckte ihm, als er sich eben bückte, um einen Kasten aufzuheben, den Magnet in die Tasche. Weil ihm das so mühelos gelang, konnte er ein lautes Kichern nicht unterdrücken.
    Der Hausmeister hörte es, fuhr herum und wollte bestimmt etwas Häßliches sagen. Welcher Lümmel lacht da hinter meinem Rücken? oder so ähnlich. Aber was da aus seinem Mund kam, lautete ganz anders, nämlich: „Na, ist da schon jemand so fröhlich am frühen Morgen?“ Verdutzt stellte er fest, daß niemand hinter ihm war, und unfaßbar schien ihm, was er soeben gesprochen hatte.
    „Ich glaub, ich träume“, murmelte er, schüttelte den Kopf und werkte weiter.
    Schabernackel kicherte noch einmal und kroch darauf schnell unter den Tisch, um von einem sicheren Platz aus miterleben zu können, was weiter geschah.
    Er brauchte nicht lange zu warten, schon zehn Minuten später begann der Spaß.
    Zwei kleine Mädchen aus der ersten Klasse, die sich noch nicht so recht in der Schule auskannten, kamen zögernd herein, schauten die vielen Kästen ratlos an und wußten nicht, welchen sie nehmen sollten. Weil sie zu schüchtern waren, um den allezeit grimmigen Hausmeister zu fragen, nahmen sie schließlich einfach den Kasten auf, vor dem sie gerade standen, und trugen ihn fort.
    Es war aber nicht der richtige!
    Das zeigte sich schon kurz darauf, als zwei große Jungen hereinstürmten und die Getränke für ihre Klasse holen wollten. „He“, rief einer, „welcher Muskopp hat denn unsern Kasten geklaut? Den hat doch wieder mal irgend so’n Trottel verwechselt! Oder haben Sie ihn vielleicht noch gar nicht fertig, großer Meister des Hauses? Dann müßten wir aber ganz energisch auf den Putz kloppen! Wir haben nämlich gerade eine Mathe-Arbeit geschrieben und brauchen unbedingt ein kalorienreiches Aufbaugetränk.“
    Der Hausmeister fuhr herum. Solche Sprüche von Kindern hatte er sich bisher streng verbeten. Wenn hier jemand auf den Putz klopfte, dann war er das und niemand sonst! Zornig trat er auf die Jungen zu und sagte... Ja, was sagte er? Etwa: Wollt ihr den Mund wohl nicht so voll nehmen, ihr dummen Schnösel? Nein!! Er säuselte mit süßer Stimme: „Aber, Jungs, nur Geduld! Ihr werdet sofort bedient. Eben war der Kasten noch hier. Er wird bestimmt gleich wieder zurückgebracht.“ Nach diesen Worten biß er sich auf die Zunge,

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