Schadenzauber (German Edition)
passende Wetter herbeizaubere! Es ist nur so gekommen, wie es kommen musste.“
„Jetzt ist es also eines Anderen Schuld, wenn der große magister artium magicae versagt hat?“ Trotz der Dunkelheit sah Otto, dass Ansoalda die Hände in die Hüften gestemmt hatte. „Ihr seid der mieseste Zauberer, den ich je gesehen habe. Nicht nur, dass Ihr nicht zaubern könnt, jedenfalls nicht richtig, Ihr schiebt auch noch anderen Leuten die Schuld für Euer Unvermögen zu...“
„Ja“, flüsterte Otto nur.
Sie schwieg.
„Weiß jemand, wo wir hier sind?“, fragte einer der Matrosen.
„Nein. Das sehen wir morgen früh“, antwortete Udalfried.
6. Britannien
Die Inken lag auf dem Sand wie ein gestrandeter Wal.
„Haut ab! Verschwindet!“
Die Strandräuber waren noch vor Morgengrauen auf dem Plan erschienen. Zunächst hatten sie sich nur verteilt und vor den hilflosen Augen der Schiffbrüchigen alles eingesackt, was die Inken verloren hatte. Jetzt hatten sie den Strand abgegrast, und die Meute richtete ihre gierigen Blicke auf die Inken.
„Plustert Euch nicht so auf!“, erwiderte ein Plünderer frech. „Das Wrack gehört von Rechts wegen dem Finder.“
„Dann holt’s euch doch“, schlug Udalfried vor. „Kommt her und holt’s euch, wenn ihr euch traut.“ Er hatte sich mit einem unförmigen, ausgebleichten Knüppel bewaffnet, den das Meer angespült hatte.
Natürlich geschah nichts.
„Ihr könnt hier nicht ewig stehen bleiben“, meinte eine stämmige Frau. „Vielleicht haltet Ihr es noch bis zur nächsten oder der übernächsten Ebbe aus.“
„Das werden wir ja sehen.“
„Das werden wir.“
Einer zuckte mit den Achseln und rief: „Wir können warten. Wir müssen sowieso erst Werkzeug holen, um die Planken abzulösen.“
„Wer mein Schiff anfasst, dem schlage ich den Schädel ein!“, warnte Udalfried.
„Schiff?“ Der Wortführer lachte. „Das ist ein kaputtes Wrack!“
„Ist es nicht.“
Die Inken lag auf dem Strand und der Mast fehlte und der Rumpf war voller Wasser und Sand. Aber wenn man die Inken ausschöpfte und auf die Flut wartete, würde sie schwimmen.
Blieb sie aber dort liegen, so würden sie die Wellen und die Gezeiten rasch zertrümmern.
Udalfried hatte einen Vorschlag. „Passt auf! Ich biete Euch gutes Geld, wenn Ihr mir helft, das Schiff wieder flott zu machen...“
„So blöd müssten wir sein!“ Die Frau lachte ihm ins Gesicht.
„Das Schiff gehört mir. Und ich werde es wieder flott bekommen. Mit oder ohne Eure Hilfe.“ Bekräftigend schwang Udalfried den Knüppel.
„Nun, dann fahr es doch weg!“
Die Plünderer grinsten breit und lungerten weiter um das Schiff herum. Früher oder später würden Udalfried und seine Leute aufgeben. Gedankenlos, vielleicht auch aus Bosheit, holte einer der Plünderer eine Wurst heraus und gönnte sich vor den hungrigen Augen der Schiffbrüchigen eine Brotzeit.
„Wenn man ein Loch in den Rumpf schlüge, liefe das Wasser heraus“, überlegte Heribert. „Bevor die Flut kommt, dichtet man es wieder ab, und die Sache ist geritzt.“
„Und dann? Ohne Segel, ohne Mast, ohne Riemen... Von diesem Volk hier ist keine Hilfe zu erwarten.“
Otto wagte sich zu räuspern: „Ich hätte da eine Idee...“
Udalfried unterbrach ihn. „Wir haben genug von Euren Ideen. Die haben uns nämlich in diese Lage gebracht.“
Dann eben nicht. Otto zuckte mit den Achseln und sah zu Ansoalda. Mit Malwin auf der Hand saß sie zwischen dem Strandhafer in den Dünen. Bei dem Schiffbruch hatte der Prinz eine Menge Wasser geschluckt.
Otto wunderte sich, wie es Ansoalda überhaupt gelungen war, mit Malwin im Stoffbeutel durch die Brandung zu schwimmen. Die Hose und das Untergewand, das sie trug, waren inzwischen getrocknet.
Otto trat vor sie und räusperte sich. „Es tut mir leid, was geschehen ist“, nuschelte er betreten. Er wandte sich an Malwin: „Es tut mir leid, mein Prinz“, sagte er.
„Errr!“
„Wie recht Ihr habt“, seufzte Otto.
„Er hat gesagt, dass er Euch vergibt.“
Otto starrte erst sie, dann Malwin an. Sollte das ein Witz sein?
„Ihr habt es gut gemeint. Auch wenn Ihr einfach nichts richtig machen könnt“, sprach Ansoalda. „Es ist meine Schuld. Ich hätte Euch niemals zur Zauberei drängen dürfen.“
Sie blickte zu dem gestrandeten Schiff hinunter. „Udalfried hat alles verloren. Ich ebenso. Mein Geld, Gepäck, alles. Einzig das nackte Leben ist uns
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