Schadenzauber (German Edition)
Montanus nickte. Sie sprach die Wahrheit, denn Malwin war ja eine Kröte gewesen und kein Frosch. Sollte es wirklich so einfach sein? Otto wagte zu hoffen.
Der König biss sich auf die Lippen.
„Dann habt Ihr meinen Sohn, Prinz Malwin, also nicht verwandelt?“
„Ich habe Malwin nicht in einen Frosch verwandelt.“
Gundahar wurde hellhörig.
„Antwortet mit ja oder mit nein! Habt Ihr meinen Sohn verwandelt oder nicht?“
Ansoalda schwieg. Im Volk, das der Verhandlung beiwohnte, erhob sich lautes Gemurmel.
„Keine Antwort ist auch eine Antwort. Dann wollen wir doch mal hören, was mein Sohn dazu zu sagen hat“, verkündete der König.
„Aber willst du wirklich...?“, begann die Königin.
„Ich will und ich werde!“
Malwin wurde in den Zeugenstand gerufen und auf die Bibel vereidigt.
„Mein Sohn“, sprach der König ruhig. „Über das Vorgefallene hast du – sicherlich aus Scham – nicht mit mir sprechen wollen. Doch nun muss es sein. Es fällt mir wahrlich nicht leicht, dich hier stehen zu sehen, öffentlich, vor aller Augen, und dich unter Eid zu vernehmen, aber diese verlogenen Schurken lassen mir keine Wahl. Ich brauche deine Aussage, um der frechen Winkeladvokatur das Rückgrat zu brechen.“
„Ich weiß nicht, ob ich dir diese Antwort geben kann“, antwortete Malwin.
„Du musst! Denn du stehst vor Gericht! Und nun sage mir, auf Ehre und Gewissen, und bedenke, dass du unter Eid stehst und dass die Augen der Welt auf dich gerichtet sind: Hat dich dieser Mann, hat dich diese Frau, hat dich irgendeiner der hier Anwesenden zu irgendeinem Zeitpunkt in einen Frosch verwandelt? Du musst antworten!“
„Nein, Vater.“
Gundahar blickte zu seinem Zauberer, doch der schüttelte nur den Kopf. Malwin sprach die Wahrheit.
„Gut. Ein Frosch warst du anscheinend nicht. Soweit waren wir auch schon vorher. Aber irgendetwas ist vorgefallen. Dann lass mich anders fragen: Hat diese Frau Zaubermittel gegen dich eingesetzt? Um deinen Willen zu brechen? Oder um dich sonstwie zu beeinflussen? Was ist geschehen, heraus mit der Sprache!“
„Dazu werde ich nichts sagen, Vater.“
„Du musst!“, rief der König siegesgewiss.
„Ansoalda ist meine Verlobte. Du kannst mich nicht zur Aussage gegen sie zwingen.“
„Was? Seit wann? Was soll das heißen?“
Die Königin legte Gundahar beruhigend die Hand auf den Arm.
„Das soll heißen, dass ich als Verlobter schweige“, sprach Malwin fest. „Ansoalda wird meine Frau werden.“
„Diese Person?“
„Was spricht dagegen, Vater?“
„Ich! Das kommt überhaupt nicht in Frage!“
„Ich werde keine andere heiraten als sie.“
„Wache! Die da hat ihn verhext! Nehmt sie fest!“
Die Wachen zögerten. Ansoalda von Thule war die Tochter Harald Goldzahns.
„Ich habe euch einen Befehl gegeben!“
Die Männer bewegten sich. Augenblicklich war Ansoalda verhaftet und zu den Angeklagten geschoben.
„Ich werde dich zur Rechenschaft ziehen, du Hexe!“, zeterte der König. Das Blätterdach der tausendjährigen Eiche erzitterte. Doch es war nur der Wind.
„Und euch auch!“ Gundahar deutete auf Otto, Hraldir Olafsson und Albizzi. „Ich lasse meinen Sohn von niemandem verhexen!“
Während Gundahar tobte, ging Rolandus Montanus zu Malwin herüber und beförderte dort ein Pendel aus einer Tasche. Langsam ließ er das Pendel um Malwin kreisen.
„Ich bin nicht verzaubert“, erklärte Malwin.
„Das ist richtig.“
Rolandus Montanus drehte sich zum König herum. „Mein König? Ich kann keinen Zauber an ihm erkennen. Euer Sohn handelt aus freien Stücken.“
„Das kann nicht sein! Ihr müsst Euch irren!“
Der Magus schüttelte den Kopf. „Nein, mein König. Kein Zweifel.“
Kraftlos sank Gundahar in seinen Thron zurück. Er begriff gerade, dass er soeben einen Krieg mit dem mächtigen Thule heraufbeschworen hatte.
Die Königin erhob sich und ging hinüber zu Malwin, um ein paar Worte mit ihrem Sohn zu wechseln.
„Er wird doch standhaft bleiben?“, flüsterte Hraldir Olafsson besorgt.
„Ich vertraue ihm“, flüsterte Ansoalda zurück.
„Und wenn nicht?“
Malwin und seine Mutter standen jetzt bei Gundahar. Es wurde geflüstert, doch weder die Delinquenten noch das Volk konnten ein Wort verstehen. Unruhe und Gemurmel im Volk wurden lauter. Anfangs sträubte sich Gundahar sichtlich, doch sein Widerstand wurde immer schwächer und schließlich erhob er sich. Ein Herold gebot Schweigen. Das Volksgemurmel verstummte.
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