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Schadrach im Feuerofen

Schadrach im Feuerofen

Titel: Schadrach im Feuerofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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mörderisches Paket DNS, das jederzeit tödlich werden kann, wie viel davon wird Bhischma Das verstehen? Kann Schadrach von der Unauflöslichkeit des tödlichen genetischen Materials sprechen, von der grausamen Unausweichlichkeit, mit der es in die genetische Ausstattung jedes seit dem Viruskrieg empfangenen Kindes eingehen muß, und die Bedeutung dieser Tatsache einsichtig machen? Das die Organzersetzung hervorrufende, viral veränderte Gen ist ein so intimer Bestandteil des menschlichen Erbgutes geworden wie das Gen, das für Haarwuchs sorgt, oder jenes, das die Ablagerung von Kalk in den Knochen steuert: das menschliche Körpergewebe ist jetzt von Geburt an automatisch programmiert, sich in bösartige Wucherungen aufzulösen, wenn irgendein unbekanntes inneres Signal gegeben wird. Aber für Bhischma Das mag dies so unverständlich sein wie die Träume Brahmas. Nach kurzer Überlegung sagt er: »Jeder, der am Leben war, als der Virus ausgestreut war, nahm ihn unwissentlich in seinen Körper auf, in jenen Teil seines Körpers, der festlegt, welche Merkmale und Eigenschaften er an seine Kinder weitergibt. Sobald der Virus in diesen Teil eingedrungen ist, kann er nicht mehr herausgelöst werden. Und so geben wir den Virus an unsere Söhne und Töchter weiter, ebenso wie wir unsere Hautfarbe, die Beschaffenheit unseres Haars und alles übrige weitergeben.«
    »Ein schreckliches Ende. Wie traurig. Und das Gegenmittel, Doktor? Kann das Gegenmittel uns von diesem Erbe befreien?«
    »Das jetzt verwendete Mittel«, sagt Schadrach, »hindert den Virus daran, aktiv zu werden und sein genetisches Programm auf die Körperzellen zu übertragen. Mit anderen Worten, es verhindert den Ausbruch der Krankheit, neutralisiert den Virus und bewahrt ihn in einem Zustand von Latenz. Können Sie mir folgen?«
    »Ja, ja, ich verstehe. Es ist wie mit Tiefkühlung, nicht wahr?«
    »Sozusagen. Gegenwärtig ist es so, daß die Dosis zur Immunisierung alle sechs Monate erneuert werden muß. Das ist notwendig, um den Virus in Schach zu halten und ein Ausbrechen der Organzersetzung zu verhindern. Diese Notwendigkeit halbjährlicher Nachimmunisierung ist natürlich ein Hindernis für die weltweite Verteilung des Mittels. Weitere Hindernisse sind die jetzt noch sehr kostspielige und schwierige Herstellung, sowie die unbefriedigende Haltbarkeit.«
    »Eine Tasse Tee, Doktor?«
    »Bitte.«
    »Sie haben dieses Gegenmittel selbst bekommen?«
    Nach kurzem Zögern sagt Schadrach unbehaglich: »Ja, ich bin immunisiert.«
    »Ich verstehe. Weil Sie ein Arzt sind. Weil es wichtig ist, die Ärzte am Leben zu erhalten. Ganz klar. Sie werden es komisch finden, aber ich hatte gleich das Gefühl, daß Sie immunisiert seien. Sie haben so etwas an sich… Sie sind anders als wir. Sie wachen nicht jeden Morgen mit dem Gedanken auf, ob dies der Tag sein mag, da die Seuche in Ihnen zu fressen beginnt. Nun, eines Tages werden auch wir an der Immunisierung teilhaben.«
    »Ja. Eines Tages. Die Regierung arbeitet an der Vereinfachung und Verbesserung der Herstellungsverfahren, um die zur Versorgung der Allgemeinheit benötigten Mengen bereitzustellen.« Wenn er an die fehlenden Mittel und den schleppenden Fortgang dieses Programms denkt und mit den Anstrengungen vergleicht, die für die Projekte zur Lebensverlängerung des Vorsitzenden unternommen werden, muß er sich wie ein Lügner vorkommen. »Ich wünschte, Sie könnten heute Ihre erste Injektion bekommen«, fügt er lahm hinzu.
    »Für mich ist das nicht wichtig«, erwidert Bhischma Das ruhig. »Ich bin alt und habe mich bis jetzt einer guten Gesundheit erfreut, und selbst in den schwersten und unruhigsten Zeiten ist mein Leben glücklich gewesen. Sollte die Seuche morgen in mir ausbrechen, so werde ich darauf vorbereitet sein. Aber meinen Kindern und Enkeln wünsche ich, daß sie verschont bleiben mögen. Was bedeuten ihnen die alten Kriege? Warum sollten sie für Nationen und Interessen, die zur Zeit ihrer Geburt bereits vergessen waren, eines schrecklichen Todes sterben? Ich möchte, daß sie leben. Meine Familie ist seit einhundertfünfzig Jahren in Kenia ansässig, seit meine Vorfahren aus Bombay einwanderten, und wir sind hier zufrieden und glücklich gewesen. Warum sollten wir jetzt zugrunde gehen? Traurig, Doktor, sehr traurig ist dieser Fluch, der auf der Menschheit liegt. Werden wir uns jemals von dem reinigen, was wir uns selbst angetan haben?«
    Schadrach zuckt die Achseln. Es gibt keine Möglichkeit, das

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