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Schadrach im Feuerofen

Schadrach im Feuerofen

Titel: Schadrach im Feuerofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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mörderische neue Gen aus dem genetischen Paket auszukämmen; aber in der Theorie ist ein permanent wirkendes Gegenmittel denkbar, eine hybride DNS-Form, die in die infizierten Gene integriert werden kann, um das tödliche genetische Material zu absorbieren oder zu entgiften. Schadrach weiß von einem Mitglied des Revolutionsrates, dem die Ministerien für Gesundheit und Forschung unterstehen, daß an der Entwicklung eines solchen Stoffs gearbeitet wird. Aber ob und mit welchem Erfolg, das ist ihm unbekannt. Das permanente Gegenmittel mag ein Mythos sein, der niemals Wirklichkeit werden kann.
    Er sagt: »Ich denke, diese letzten zwanzig Jahre sind eine Reinigung gewesen, der die Menschheit unterzogen werden mußte. Vielleicht als Strafe für unerträglich angehäufte Dummheiten, Nachlässigkeiten und Sünden. Die ganze Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts ist wie ein Pfeil, der direkt auf den Viruskrieg und seine Folgen weist. Aber ich glaube, wir werden die Prüfung überleben.«
    »Und alles wird wieder sein, wie es einst war?«
    Schadrach lächelt. »Ich hoffe nicht. Wenn wir dahin zurückkehrten, wo wir vor Ausbruch des Viruskriegs standen, so würden wir eines Tages nur wieder zu dem Punkt gelangen, den wir jetzt erreicht haben. Und die nächste Version des Viruskriegs werden wir womöglich nicht überleben. Nein, ich denke, wir werden auf den Ruinen eine bessere Welt errichten, eine stillere, weniger gierige Welt. Es wird Zeit erfordern, aber der Anfang ist gemacht. Die Schwierigkeiten sind sehr groß, und es kann noch viel Leid über die Menschheit kommen, ehe es besser wird. Millionen werden unnötig eines qualvollen Todes sterben. Aber irgendwann wird das Leiden ein Ende haben, und die Überlebenden werden auf ein glückliches Leben hoffen dürfen.«
    »Wie erfrischend, solchen Optimismus zu hören.«
    »Bin ich ein Optimist? Ich habe mich selbst nie als einen gesehen. Ich halte mich für einen Realisten, aber ein Optimist bin ich nicht. Wie seltsam, daß ich mich auf einmal als ein Apostel der Hoffnung und des Zukunftsglaubens wiederfinde!«
    »Ihre Augen leuchteten, als Sie von Ihrer Zukunftserwartung sprachen. Sie lebten bereits in jener besseren Welt, als Sie mir davon sprachen. Bitte, ziehen Sie Ihre Prophezeiung nicht zurück. Sie, ein Arzt, glauben, daß wir auf dem rechten Weg sind, der uns in eine glücklichere Zukunft führen wird. Ihre Zuversicht gibt auch mir neue Hoffnung für meine Kinder und Enkel.«
    »Zuversicht ist ein großes Wort«, sagt Schadrach nüchtern. »Begnügen wir uns mit der Hoffnung.«
    »Sie wissen, daß bessere Zeiten kommen werden.«
    »Ich habe keine solche Gewißheit. Vielleicht klang es zuvor so, aber…« Er schüttelt den Kopf, unternimmt eine entschlossene Anstrengung, den unerwarteten Faden positiven Denkens wiederaufzunehmen, der ihm so überraschend in den Sinn gekommen war. »Ja«, sagt er, »es wird besser werden.« Schon klingt es gezwungen, aber er fährt fort: »Keine Entwicklung führt für immer abwärts. Die Organzersetzung kann besiegt werden. Die soviel kleinere Bevölkerung unserer Tage wird angenehm in einer Welt leben können, die nicht mehr imstande war, die vor dem Krieg lebenden Menschenmassen zu erhalten. Ja. Wir müssen dies alles als eine Reinigung sehen, als eine Feuerprobe, eine notwendige Korrektur alter Mißbräuche, die zu besseren Entwicklungen führt. Als ein Morgengrauen nach langer Dunkelheit.«
    »Sie sind doch ein Optimist!«
    »Vielleicht bin ich es. Manchmal.«
    »Es wäre gut, wenn Männer wie Sie uns in diese neue Welt führen würden«, sagt Bhischma Das, mitgerissen von der Vision.
    Schadrach hebt in erschrockener Abwehr die Hände. »Nein, nicht ich. Ich möchte in jener Welt leben, ja. Aber verlangen Sie nicht von mir, daß ich sie regiere.«
    »Wenn der Zeitpunkt kommt, werden Sie anders darüber denken. Man wird Ihnen einen Platz in der Regierung anbieten, Doktor, weil Sie weise und gut sind, und Sie werden annehmen. Weil Sie weise und gut sind.« Bhischma Das gießt frischen Tee in die Tassen. Sein naives Vertrauen ist rührend. Schadrach schlürft bedächtig-; auf einmal geht ihm eine morbide Vision durch den Sinn, wie Bhischma Das in einem oder zwei Jahren aufspringt und begeistert gestikuliert, wenn der neue Vorsitzende des Permanenten Revolutionsrates zum ersten Mal im Fernsehen erscheint, weil das Gesicht des neuen Vorsitzenden das gutgeschnittene dunkelhäutige Gesicht jenes weisen und guten Arztes ist, der einmal

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