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Schadrach im Feuerofen

Schadrach im Feuerofen

Titel: Schadrach im Feuerofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Beweiskraft zu besitzen. Angenommen, wir verpflanzten die Persönlichkeit eines Schimpansen in den Körper eines anderen, und die Veränderungen im Enzephalogramm zeigen an, daß etwas geschehen ist. Wie sollen wir wissen, ob die Veränderung Ergebnis unserer geglückten Persönlichkeitsübertragung ist, oder ob es sich bloß um eine Reaktion auf unseren Eingriff handelt? Wenn wir aber die Persönlichkeit eines Schafs auf einen Löwenkörper übertragen, und der Löwe zeigt daraufhin die Verhaltensweise eines Pflanzenfressers, dann haben wir eine sehr dramatische Bestätigung dafür, daß die Persönlichkeitsübertragung gelungen ist.«
    »Natürlich würde es noch dramatischer sein, wenn es menschliche Persönlichkeiten wären. Und es wäre viel einfacher, festzustellen, ob eine Übertragung erfolgreich stattgefunden hat.«
    »Gewiß.«
    »Aber so was habt ihr nicht gemacht.«
    »Noch nicht«, sagt Nicki. »Ich denke, nächste Woche werden wir soweit sein, daß wir unsere erste menschliche Persönlichkeitsübertragung in Angriff nehmen können.«
    Schadrach fühlt sich von einem Frösteln überlaufen. Bisher ist es ihm gelungen, eine bewundernswerte Unpersönlichkeit zur Schau zu stellen; er hat das Gespräch genauso geführt, als ob sein Interesse am Objekt Avatara rein professioneller Natur wäre. Aber nun, da sie angefangen haben, über die Verpflanzung menschlicher Persönlichkeiten von einem Körper zum anderen zu sprechen, ist es nicht so einfach, über die Ziele und Konsequenzen all dieser sorgfältigen Forschungsarbeit hinwegzusehen. Er sieht sich außerstande, das Endziel des Projekts, die Verpflanzung eines Tigers in eine Gazelle, zu ignorieren: der Vorsitzende ist der Tiger und er selbst die glücklose Gazelle. Was wird aus der Gazelle, wenn die Tigerpersönlichkeit eindringt? Schadrach kommt ein Fluchtweg in den Sinn, den er bisher nicht bedacht hatte: wenn sie eine Schafspersönlichkeit in einem Löwenkörper und die Persönlichkeit des Vorsitzenden in seinen eigenen Körper verpflanzen können, dann können sie genauso leicht die Schadrach-Mordechai-Persönlichkeit in irgendeinen anderen Körper verpflanzen und dort weitermachen lassen. Aber der Gedanke überlebt seine Geburt nicht lange. Schadrach will nicht in einen anderen Körper umziehen. Er will seinen eigenen behalten. Wie sehr dies alles einem Traum gleicht! Bloß gibt es aus ihm kein Erwachen.
    »Wie lange werdet ihr mit menschlichen Persönlichkeitsübertragungen experimentieren«, fragt er, »bevor ihr bereit sein werdet…«
    »Die Persönlichkeit des Vorsitzenden zu übertragen?«
    »Ja.«
    »Das ist schwierig zu beantworten«, sagt Nicki achselzuckend. »Es hängt von den Problemen ab, denen wir bei den ersten menschlichen Persönlichkeitsübertragungen begegnen. Wenn es unerwartete schwierige Probleme mit der psychologischen Anpassung gibt, wenn die Verpflanzung zu psychotischen Persönlichkeitsveränderungen, Gehirnschäden, Identitätsverlusten oder dergleichen führt, dann kann es Monate oder gar Jahre dauern, ehe wir wagen dürfen, den Vorsitzenden in einen neuen Körper zu verpflanzen. Unsere Tierexperimente haben keine Hinweise ergeben, daß solche Probleme auftauchen werden, aber die menschliche Persönlichkeitsstruktur ist komplizierter, und wir müssen die Möglichkeit berücksichtigen, daß komplizierte Strukturen in entsprechend komplizierter Weise auf eine so traumatische Erfahrung wie den Wechsel von einem Körper zum anderen reagieren werden. Also werden wir behutsam vorgehen. Es sei denn, der unmittelbar bevorstehende körperliche Tod des Vorsitzenden macht eine Notübertragung der Persönlichkeit erforderlich, in welchem Fall wir uns einfach in das Abenteuer stürzen und sehen müßten, was dabei herauskommt. Natürlich wären wir nicht begierig, das zu tun.«
    »Natürlich nicht«, sagt Schadrach ironisch.
    »Es ist uns lieber, in geordneter Weise nach wissenschaftlichen Kriterien vorzugehen. Eine Experimentierphase mit menschlichen Versuchspersonen und dann, wenn alles glatt geht, werden wir nach Möglichkeit zwei oder drei vorläufige Verpflanzungen des Vorsitzenden durchführen, bevor wir…«
    »Was?«
    »Ja. Wir wollen die Aufzeichnung seiner Persönlichkeitsstruktur zunächst auf mehrere provisorische Wirtskörper übertragen, um herauszukriegen, wie der Vorsitzende nach der Verpflanzung reagiert, welche Anpassungen erforderlich sein mögen, um…«
    »Und was sollt ihr mit diesen zusätzlichen Vorsitzenden

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