Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schadrach im Feuerofen

Schadrach im Feuerofen

Titel: Schadrach im Feuerofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
Avatara-Leuten, daß Mangu der Körperspender sein sollte, und vieles spricht dafür, daß die Zahl derer, die von der Identität des Ersatzmannes erfahren durften, noch darunter liegt.
    Nicki läßt sich von der allgemeinen Geschäftigkeit jedenfalls nicht anstecken. Von Eis herbeigerufen, begrüßt sie Schadrach ganz ruhig. Das Projekt, so berichtet sie, mache stetige Fortschritte. Ihr Blick ist fest, ihre Stimme sachlich und gelassen. >Fortschritt< kann in diesem Laboratorium nur den täglichen Prozeß bedeuten, der Schadrach der Auslöschung näher bringt, und ihr ist zweifellos bewußt, daß er ihn so interpretieren wird; doch scheint es, daß sie beschlossen hat, sich weder von Schuldgefühlen plagen zu lassen, noch ein ausweichendes Verhalten zu zeigen. Sie haben ihren Zusammenstoß bereits hinter sich; sie hat zugegeben, daß sie bereit war, ihren Liebhaber um des Vorsitzenden und ihrer eigenen Karriere willen zu verraten; nun geht das Leben weiter – für wie lange auch immer –, und sie hat ihre Arbeit zu tun. Alles das geht innerhalb weniger Sekunden zwischen ihnen hin und her, und nichts davon ist in Worte gefaßt: nur im Tonfall und im Ausdruck der Augen wird es deutlich. Schadrach ist enttäuscht und erleichtert zugleich. Einerseits hätte er es gern gesehen, wenn sie Reue und Zerknirschung zeigen würde, andererseits erfreut es ihn nicht, andere Menschen schuldbewußt zu machen.
    »Ich sollte mich ein wenig umsehen«, sagt Schadrach.
    »Komm.«
    Sie führt ihn auf einen Rundgang durch das Laboratorium. Es scheint ihr nichts auszumachen. Sie zeigt ihm den Zoo der metem-psychotisierten Tiere, wo es die neuesten Triumphe elektronischer Seelenwanderung zu besichtigen gibt: da ist ein Hund mit dem Verhalten eines Waschbären, der sein Futter ungeschickt zwischen den Vorderpfoten hält und immer wieder in eine Schüssel mit Wasser taucht. Dort ein Mäusebussard, dessen Raubvogelpersönlichkeit derjenigen eines Hahns weichen mußte und der nun in seinem Käfig umherstolziert, zu krähen versucht und im Sand nach Eßbarem scharrt. Dort haben sie die friedlich-dümmliche Lebensart eines Schafs auf eine junge Löwin übertragen, die nun friedlich an einer Futterraufe steht und Heu in sich hineinstopft, wahrscheinlich zum Schaden ihres Verdauungssystems. All diese wiedergeborenen Tiere haben einen gefangenen, verschreckten Blick, als nagte tief in ihrem Inneren ein unersättlicher Parasit, und Schadrach fragt Nicki, ob dies auch für menschliche Persönlichkeitsempfänger charakteristisch sein werde, ob nicht die ausgetriebene Seele des Körperspenders wie ein drückender Alp zurückbleibe, um seinem Nachfolger das Leben schwer zu machen.
    »Das glauben wir nicht«, sagt Nicki. »Diese Tiere hier sind über ihre artenspezifischen Grenzen hinweg umprogrammiert worden. Ein Pfau wird sich im Körper eines Raubvogels niemals wohlfühlen, genauso wenig wie ein Schaf in dem eines Löwen. Mit der Zeit lernt das Tier mit dem neuen Körper umzugehen, aber es wird immer dazu neigen, den alten Verhaltensmustern zu folgen.«
    »Warum dann überhaupt Persönlichkeitsverpflanzungen über die artenspezifischen Grenzen hinweg? Worin liegt der Sinn, abgesehen von der Möglichkeit, den Leuten zu zeigen, wie schlau ihr seid?«
    »Weil die Disparitäten zwischen dem verpflanzten Wesen und dem Wirtskörper so schreiend sind, können wir Erfolg oder Mißerfolg der Verpflanzung sofort feststellen. Das ist der Zweck dieser Experimente. Wenn wir die Persönlichkeit eines Spaniels auf den Körper eines anderen Spaniels übertragen, wenn wir einen Schimpansen auf einen Schimpansenkörper übertragen und so fort, ist es schwierig festzustellen, ob eine Verpflanzung überhaupt stattgefunden hat, nicht wahr? Der Spaniel kann es uns nicht sagen. Auch nicht der Schimpanse.«
    Schadrach runzelt die Stirn. »Sicherlich unterscheidet sich die elektrische Struktur eines Spanielgehirns von der eines anderen Spanielgehirns, und sicherlich kann dieser Unterschied leicht festgestellt werden. Wenn die Muster von Gehirnwellen nicht bei jedem Individuum einzigartig sind, wozu soll dann das ganze Projekt gut sein?«
    »Natürlich sind diese Muster individuell verschieden«, sagt Crowfoot. »Aber wir brauchen die Bestätigung auf einer offensichtlichen Ebene des Verhaltens. Wir haben eine ganze Menge Umprogrammierungen und Persönlichkeitsübertragungen innerhalb einer Spezies ausgeführt, aber die Verhaltensunterschiede sind zu gering, um große

Weitere Kostenlose Bücher