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Schädelrose

Schädelrose

Titel: Schädelrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Dreiecks. Ihre
Existenz war ein unnötiger Komfort; Luftwagen mit
Konig->Kolibri<-Generatoren konnten mitten im Flug stoppen,
auf der Stelle schweben und nahezu überall senkrecht nach
unten gehen. Diese Plattform bestand aus echten polierten
Harthölzern, die im Sonnenlicht golden schimmerten. Ob sie
wohl jedesmal, wenn es regnete, eine Plane drüberlegten?
fragte sich Joe. Und was war, wenn es in Rochester Winter
wurde?
    Ein uniformierter Wachposten lungerte zwischen der Plattform
und den Demonstranten herum; weitere Wachposten patrouillierten
vor den teuren Läden, die alle drei Straßen des
Dreiecks säumten. Der private Sicherheitsdienst der
Händlerverbands, vermutete Joe. Die Cops beobachteten die
Demonstranten mit säuerlichen Mienen; ihnen war klar,
daß die Gaisten jedes Recht hatten, hier zu sein, daß
der Händlerverband den Wachleuten jedoch die Hölle
heiß machen würde, wenn sie auch nur einen einzigen
reichen Kunden vergraulten. Jeffersonsche Demokratie gegen die
aktuelle Form der Theorie von den unbeschränkten
Freiheitsrechten des einzelnen.
    Caroline beobachtete die Gaisten mit offenem Interesse; Lady
Alison mit patrizischer Geringschätzung; Prokop mit einer
merkwürdigen, dreisten Intensität, bei der Joe sich auf
einmal unwohl fühlte.
    Es waren vielleicht zwei Dutzend, alle bis auf zwei Anfang
zwanzig oder jünger. Ein älterer Mann mit
schulterlangen grauen Haaren hielt ein kleines Mädchen an
der Hand. Alle trugen weiße Gewänder, entweder in der
langen Version oder als gekürzte Minis, wie sie Joe meistens
bei Mädchen mit hübschen Beinen gesehen hatte. Manche
saßen auf den Bänken und lächelten
glückselig; einige schienen gerade einen Kreis zu bilden, um
zu tanzen; andere boten Kauflustigen die pinkfarbenen
Broschüren mit der aufgeprägten, emblematischen
blaugrünen Rose an, die immer noch, so lange, nachdem Robin
ihn verlassen hatte, die Haut in Joes Nacken kribbeln
ließ.
    »Soll ich hier warten, Miss Caroline?« fragte der
Fahrer.
    Joe wandte den Blick mit einem Ruck von den Gaisten ab, aber
anscheinend fand Caroline das servile >Miss Caroline< nicht
so lächerlich wie er. Sie sagte nur: »Nein, ich glaube
nicht. Der Park ist ja ziemlich klein. Kommen Sie bitte in einer
Stunde zurück, Jason.« Der Fahrer nickte und
entriegelte die Türen des Luftwagens.
    Kaum war er ausgestiegen, sah er den Winschaum. Zwei Gaisten
– Teenager – speisten ihn in die pneumatischen
Schläuche der Abfallrohre des Händlerverbands ein. Sie
gingen dabei sehr pedantisch vor; sorgfältig beseitigten sie
jedes Stück der weißen Winschaum-Behälter, in
denen ihr Lunch geliefert worden war, und der pinkfarbenen
Winschaum-Kartons, in denen frische Rosen – der Tau war
immer noch an ihnen – zweifellos gerade von einem teuren
Luftwagen eingeflogen worden waren, sowie die dünnen grauen
Winschaum-Capes, die nur einmal an einem kühlen Morgen
getragen werden und dann weggeworfen werden sollten. Joe
fühlte den Zorn wie einen Klumpen in seinem Innern.
    »Wißt ihr eigentlich, was das für ein Zeug
ist?« sagte er rauh zu den beiden Gaisten. Sie drehten sich
um und sahen ihn an: freundlich, lächelnd, ein hübsches
blondes Mädchen und ein schwarzer Junge mit dem sanften
Lächeln eines religiösen Märtyrers.
    »Abfall, Bruder. Das Leben der Erde.«
    Er hätte sie am liebsten geschlagen, aber er zwang sich,
leise zu sprechen, zwang sich, mit dem Jungen zu reden, der im
Gegensatz zu dem Mädchen nicht auf Brainies zu sein schien.
»Nicht dieser Abfall, Bruder. Der ist nicht das
Leben von irgendwas. Er besteht aus Fluorkohlenwasserstoffen. Und
die zerfallen in Verbindungen, die das Ozon in der hohen
Atmosphäre zerstören.«
    Das Lächeln des Jungen wurde breiter. Er wußte das
alles schon, wie er vermutlich auch schon wußte, daß
Winschaum bis zum Amtsantritt von Präsidentin Diane Caswell
verboten gewesen war. Jetzt war er natürlich erlaubt;
Caswell genoß die politische Unterstützung des
Großkapitals. Joes Angriff ging ins Leere. Aber er
hörte nicht auf; es war ihm einfach nicht möglich,
nie.
    »Klar, Winschaum zerstört Ozon. Und dann gleicht
Mutter Gaia das für uns aus. Weißt du, wie sie das
macht, Bruder?« Er hatte eine sanfte Stimme, erfüllt
von Vernunft. »Sie reduziert die Menge des Stickstoffoxids,
das von Mikroorganismen im Meer und im Erdboden erzeugt wird.
Stickstoffoxid zerfällt in den oberen Luftschichten, und

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