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Schädelrose

Schädelrose

Titel: Schädelrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Preis für
Azaleen gewonnen. Und das Institut – zumindest in Gestalt
von Pater Shahid – würde das wahrscheinlich für
eine gute Beschäftigungstherapie halten.« Sie wackelte
mit den Fingern, und Bröckchen feuchter Erde fielen auf
Robbies Schuhe. Er sprang zurück. Sie schüttelte
lächelnd den Kopf. »Robbie, Robbie. Machen die Frauen
dort, wo Sie herkommen, keine Gartenarbeit? Wissen Sie nicht,
daß es sehr kultiviert ist, Blumen zu züchten, und
daß man es für gewöhnlich nicht den Dienstboten
überläßt? Jetzt haben Sie sich aber
verraten.«
    Er schien eher interessiert als gekränkt zu sein. Das
machte einen Großteil seines Charmes aus, dachte Caroline.
Er machte kein Geheimnis aus seinem Wunsch nach sozialem
Aufstieg, und er fühlte sich dadurch auch nicht
herabgesetzt. Er war der ewige Außenseiter, der dennoch so
sicher war, irgendwann ins Innere zu gelangen, daß er es
sich leisten konnte, ungezwungen, gelassen und sogar spontan zu
sein. Sie beobachtete, wie er diese neue Information hinter den
blauen Augen speicherte, und spürte eine Anwandlung
grundloser Zuneigung.
    »Ich hatte früher mal einen kompletten
Gemüsegarten, wissen Sie. Als ich Mathilde war. Ich habe so
viel Gemüse gezüchtet, daß es für den ganzen
Winter reichte, obwohl ich Frostbeulen an den Händen bekam,
und als die aufgingen, bluteten sie ganz
fürchterlich…« Sie schlang die Hände
umeinander und blinzelte. Der See war zu hell; ihre Augen
schmerzten. Aber wie konnte da ein See sein, in Mur de Ronce gab
es keinen See…
    »Caroline«, sagte Robbie.
    Keinen See…
    »Caroline. Sie haben Besuch.«
    Mur de Ronce verblaßte. »Unmöglich. Niemand
weiß, daß ich im Institut bin.«
    »Irgend jemand weiß es. Die Frau an der Anmeldung
hat mich gebeten, Sie zu suchen.«
    »O Gott. Catherine…«
    »Wer ist Catherine?« fragte Robbie, aber sie
rannte schon über die Wiese. Es mußte wegen Catherine
sein, nur das Heim ihrer Tochter wußte, wo sie zu finden
war. Sie mußten einen Boten geschickt haben. Das
würden sie nur tun, wenn etwas sehr Schlimmes passiert war.
Sie würden es nur tun, wenn Catherine tot war.
    Sie stürmte in die Eingangshalle des Instituts. Die Frau
an der Anmeldung, eine Person mittleren Alters mit knallroten
Haaren, die zu kunstvollen, wie leere Tunnels aussehenden Locken
hochgesteckt waren, grinste sie affektiert an. Also war es nicht
wegen Catherine.
    Zornig vor Erleichterung marschierte Caroline zur Rezeption,
wo die Rothaarige saß, ihre alberne Frisur betastete und
wie ein Weihnachtsbaum strahlte. »Miss Bohentin, Sie haben Besuch!« Und, o Gott, dieser Blick – sie hatte
geglaubt, diesen Blick nie mehr sehen zu müssen.
    »Wo haben Sie ihn hingeschickt?« fragte sie
kalt.
    Das Lächeln der Frau wich der Verwirrung. »Ich
dachte, er… so ein berühmter Mann… ich habe
ihm den Schlüssel zu Ihrem Zimmer gegeben, weil ich dachte,
wenn ich ihn in den Salon schicke, würde er vielleicht
belästigt werden – Autogramme oder so.«
    Sie sah aus, als ob sie gleich in Tränen ausbrechen
würde. Caroline holte Luft und suchte nach einem
liebenswürdigen Lächeln. Es war keins da. Und gleich
würde das lächerliche Weibsstück zu schmollen
beginnen. Caroline sah es schon kommen. Robbie stand grinsend
neben ihr.
    Caroline beugte sich weit über das Pult und
flüsterte, fünf Zentimeter vom Ohr der Frau entfernt:
»Seien Sie nicht allzu beeindruckt. Sie müssen die
Pheromone bei all seinen Sexszenen von außen zugeben. Seine
riechen nicht genug nach Moschus. Aber sagen Sie’s nicht
weiter.«
    Sie ließ die Rothaarige mit offenem Mund allein. Robbie
folgte ihr in den Fahrstuhl. Seine Augen tanzten.
    »Na gut, kommen Sie schon mit«, sagte Caroline.
»Sie werden eine Ablenkung sein.«
    »Ich werde ein Puffer sein. Ich versprech’s.
Obwohl ich zum erstenmal sehe, daß Sie einen
brauchen.«
    Sie drückte auf den Knopf mit der Aufschrift TÜR
SCHLIESSEN. »Mein berühmter Vater und ich kommen nicht
so gut miteinander aus.«
    »Das sehe ich. Obwohl Sie mir noch nie was über ihn
erzählt haben, außer daß Sie seine Tochter sind.
Was hat er Ihnen denn bloß getan?«
    Sie antwortete nicht. Robbie fragte: »Haben Sie wirklich
einen Preis für Azalehm bekommen?«
    »Azaleen. Ja, hab ich. In der braven Phase meines
Lebens, als ich bei meiner Großmutter Bohentin aufgewachsen
bin.«
    »Was für Phasen gibt’s noch in Ihrem
Leben?« Der Fahrstuhl kam im

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