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Schäfers Qualen

Schäfers Qualen

Titel: Schäfers Qualen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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vergessen, dass er den neuen Schlüssel für den Herrn Major hierhätte. Schäfer holte sich den Schlüssel, versprach, von jetzt an besser darauf aufzupassen, und ging auf sein Zimmer. Er zog sich aus und stellte sich sofort unter die Dusche. Danach legte er sich mit dem Handtuch um die Hüften auf das frisch gemachte Bett und haderte kurz mit seinem Gewissen. Er sollte noch aufs Revier. Er musste Präsenz zeigen, vor allem in den ersten Tagen, damit ihm die Kollegen nicht sofort das Vertrauen entzogen. Er sollte als Vorbild gelten. Er drehte sich auf die Seite und war nach ein paar Minuten eingeschlafen.

11
    Das Telefon weckte ihn. Verwirrt stand er auf und suchte nach dem Apparat. Als er ihn unter seinen Sachen auf dem Boden fand, hatte der Anrufer schon aufgelegt. Das Display zeigte ihm, dass er vier Anrufe versäumt hatte: Bergmann, Baumgartner, zweimal der Posten. Er legte das Telefon auf den Beistelltisch und begann sich anzuziehen. Sein Magen knurrte. Bis auf ein schlampiges Frühstück und eine Tafel Schokolade hatte er noch nichts gegessen. Nachher würde er schnell eine Kleinigkeit im Hotelrestaurant zu sich nehmen. Er stellte sich vor den Spiegel und versuchte einzuschätzen, ob seine Kleidung dem Treffen mit dem ehemaligen Skischulleiter angemessen war. Er hatte vergessen, Kern den Anzug zur Reinigung bringen zu lassen. Aber verschmutzte Kleidung war hier bestimmt immer noch ein Zeichen von ehrlicher Arbeit und baute Vertrauen auf. Mit dem Telefon in der Hand ging er auf den Balkon und rief auf dem Posten an. Gruppeninspektor Walch gab ihm eine Zusammenfassung der Tagesarbeit und versprach, die Berichte per Mail zu schicken. Schäfer bat ihn, alle Kollegen, die mit dem Fall befasst waren, am folgenden Tag um neun Uhr am Posten zu versammeln, um die bisherigen Ergebnisse zu besprechen und das weitere Vorgehen abzustimmen. Walch erinnerte ihn noch an den Termin mit Hinterholzer. Schäfer ließ sich die Adresse geben, beendete das Gespräch und rief Chefinspektorin Baumgartner an. Sie berichtete ihm von dem Treffen mit Steiners Witwe und Krassnitzers Freundin. Schäfer versäumte die Hälfte, weil er sich immer wieder auf Baumgartners Stimme konzentrierte. Sie klang gereizt; als ob sie ihm nur deshalb Bericht erstattete, weil sie dazu verpflichtet war. Schäfer vermutete dahinter die übliche Aversion der Tiroler gegen Leute aus Wien; er ersuchte sie, ihm heute noch eine schriftliche Zusammenfassung zu senden, und legte auf.
    Bevor er Bergmann anrief, ging er zurück ins Zimmer und holte sich die Zigarettenschachtel, die er offenbar am Vortag im Wirtshaus gekauft hatte. Er zündete sich eine an, blies genussvoll den Rauch an die Decke und ging wieder auf den Balkon. Bergmann nahm wie immer sofort ab. Schäfer freute sich, seine Stimme zu hören, und erzählte ihm ausführlich von den Ereignissen der letzten beiden Tage. Selbst den Exzess vom Vorabend, einschließlich seines Erwachens in einem Teppich, ließ er nicht aus. Als er amüsiert vom Widmungsspruch auf der Bank erzählte, unterbrach ihn Bergmann. Ob das der Habermann war, der Ende der Siebziger und Anfang der Achtziger einmal unter Polizeischutz gestellt worden war? Schäfer staunte wie schon des Öfteren über Bergmanns gigantisches Erinnerungsarchiv. Was er darüber noch wusste? Dass damals in Wien ein paar österreichische Sympathisanten der RAF den Chef eines großen Textilunternehmens entführt hätten. In der Folge überwachten die Behörden nicht nur viele der zumeist harmlosen linken Aktivisten, sondern sorgten sich auch um das Wohl von hohen Politikern und Unternehmern. Und von Habermann, ein deutscher Multimillionär, der noch dazu in Österreich lebte, da läuteten bei der Staatssicherheit natürlich die Alarmglocken. Allerdings hatte Habermann den staatlichen Polizeischutz bald durch private Sicherheitsleute ersetzt. Einer von denen war früher bei der Kriminalpolizei in Wien, deswegen wusste auch Bergmann davon. Ob das irgendwas mit dem Fall Krassnitzer-Steiner zu tun hatte? Schäfer fingerte noch eine Zigarette aus der Schachtel.
    „Nein, glaub ich nicht. Interessant ist es aber. Ich hab damals in Kitzbühel gelebt und überhaupt nichts davon mitbekommen. Was ich Sie noch bitten wollte: Könnten Sie mir recherchieren, ob in den letzten Monaten bei einem Tierarzt oder in einem Zoo Ketamin und Xylazin gestohlen worden ist … Ja, Tierbetäubungsmittel, das hatte Krassnitzer im Blut. Bergmann, ich muss jetzt los, ich melde mich morgen

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