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Schäfers Qualen

Schäfers Qualen

Titel: Schäfers Qualen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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Hinterholzer zog eine rahmenlose Lesebrille aus seiner Brusttasche, schlug das Buch auf und beugte sich darüber wie ein alter Rabbi, der aus dem Talmud vorliest. Er blätterte ein paar Seiten durch und schob das Buch zu Schäfer, der ein paar ausgeschnittene Zeitungsartikel und erstaunlich gut erhaltene Schwarz-Weiß-Fotos vor sich sah.
    „Das da ist der Steiner, mit dem Prinz von Wales und der Miss Schweden“, deutete Hinterholzer mit dem Finger auf eines der Bilder und blätterte ein paar Seiten weiter. „Und da haben wir den Walter, Krassnitzer, mit der Schauspielerin, wie hat die jetzt gleich geheißen …“
    „Kim Novak“, antwortete Ekström, der in der Küche herumhantierte und das Foto gar nicht sehen konnte.
    „Ja genau, die Novak … eine fesche Person … das waren halt Gäste damals …“
    „Waren die beiden Freunde, der Steiner und der Krassnitzer?“
    „Ja, wir waren damals alle irgendwie befreundet in der Skischule. Wenn du den ganzen Tag mit den Gästen unterwegs bist, und am Abend war immer Tanz oder Skilehrerball, da sind die Kollegen automatisch Freunde geworden. Nicht alle, aber verstanden haben wir uns alle gut.“
    „Wer war denn damals sonst noch dabei, der die beiden besser gekannt hat?“, fragte Schäfer, während er die Seiten umblätterte, die wegen der zahlreichen eingeklebten Bilder und Artikel schwer und steif geworden waren.
    „Lass mich überlegen … der Obernauer …“
    „Der sich umgebracht hat?“, sah Schäfer überrascht auf.
    „Ja ja, bevor er zum Vater in die Metzgerei ist, war der bei mir. Ein guter Skifahrer, aber ein Grobian … der ist wohl mit jedem einmal aneinandergeraten.“
    „Und die vier da?“, deutete Schäfer mit dem Finger auf eine Fotografie, die vier Männer zeigte, die sich lachend die Arme um die Schultern legten.
    Hinterholzer zog das Buch heran und überlegte. „Ja, der eine, das ist wohl der Gasser, aber der andere, der sagt mir jetzt gar nichts. Ob der überhaupt bei uns war …“
    „Der Autohändler Gasser?“
    „Ja … aber dass mir der andere nicht einfällt …“
    „Wer könnte das wissen?“
    „Am ehesten der Danninger.“
    „Unser Pfarrer?“
    „Ja, der hat selber viel fotografiert und vergessen tut der gar nie was. Zum Glück gibt’s da das Beichtgeheimnis“, lachte Hinterholzer.
    „Wann haben die beiden eigentlich aufgehört?“
    „Der Steiner … das ist wohl Ende der Siebziger gewesen, um die Zeit hat er angefangen als Installateur und mit den Bädern. Und der Krassnitzer … auch so was. Der ist dann ins Baugeschäft gegangen.“
    „Hat man damals so gut verdient als Skilehrer?“
    „Wieso denn?“
    „Na ja, der eine macht sich als Installateur selbstständig, der andere macht eine Baufirma auf, das kostet doch was. Das muss doch wer finanziert haben.“
    „Schon. Aber beim Steiner, da hat es immer geheißen, dass dem die Familie was zuschießt, aus Israel, und der Krassnitzer … das hab ich mich gar nie gefragt, vielleicht hat ihm einer von den reichen Amis was geliehen … mit dem Dollarkurs damals, da war das Trinkgeld mehr als der Monatslohn … aber jetzt, wo du fragst … komisch ist es schon, weil gespart haben die beiden damals sicher nichts, Sportwagen, das Gewand aus Innsbruck und beim Ball immer Whisky, und die Frauen haben bei denen auch nie bezahlen müssen, das waren schon Hallodris.“
    Schäfer überlegte, was er Hinterholzer noch fragen könnte, und ärgerte sich, dass er sich nicht besser vorbereitet hatte. Warum hatte ihm Kamp nicht wie üblich Bergmann zur Seite gestellt? Dann wäre so was nicht passiert … Steiner, Krassnitzer, Gasser und ein Unbekannter. Da muss ich gleich morgen zum Danninger. In Gedanken versunken und weil es ohnehin nichts Besonderes für ihn war, ignorierte Schäfer das Heulen der Polizei- und Rettungssirenen, die durch die Nacht tönten. Doch Hinterholzer stand sprungartig auf, ging zum Fenster und zog die Vorhänge beiseite. Mit dem Rücken zu seinem Gast meinte er besorgt: „Na, sag bloß, jetzt ist schon wieder was passiert.“
    Erst da wurde sich Schäfer bewusst, dass das Martinshorn hier wirklich noch ein Alarmzeichen war. Er stand auf, nahm sein Telefon aus der Tasche und rief beim Posten an. „Schäfer hier … was gibt es da für einen Einsatz? … Wer? Rühren Sie nichts an, ich bin sofort da.“

12
    Horst Gasser drehte alle Lichter im Verkaufsraum ab, ging zur Tür und schaute nach draußen auf den Parkplatz. Im vorderen Bereich, wo nur mehr sein

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