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Schäfers Qualen

Schäfers Qualen

Titel: Schäfers Qualen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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geschlafen hatte. Demnach war er an diesem Abend oder schon davor beobachtet worden. Schäfer stand auf und ging in Gassers Schuhen im Zimmer herum. Wer hat mich hierher geschickt? Kamp. Beziehungsweise der Bürgermeister und der Chef vom Landeskriminalamt. Weil es sich um einen Mord handelte, der Aufsehen erregen würde. Weil ich mich hier auskenne. Davon kann der Mörder aber nicht ausgehen. Außerdem: Was habe ich mit den dreien zu schaffen? Ich bin zurückgekommen, hat die Graffl-Wetti gesagt. Und was noch? Dass es so weit ist. Der Obernauer hat sich erschossen. Ich muss mit seiner Frau reden, um den Sohn zu finden. Und Kim Novak? Da setze ich Bergmann drauf an, das ist zu absurd. Obwohl: Der Ort hier ist absurd. Ich muss noch einmal zum Hinterholzer, um mir das Buch zu holen. Alle, mit denen die drei was zu tun hatten. Und der Bürgermeister von damals; der Kranz, das korrupte Schwein; dem soll die Baumgartner auf die Füße treten. Und wenn es nur dazu ist, dass er eine schlechte Nachrede bekommt. Schäfer nahm sein Telefon heraus, stellte den Wecker auf sieben und legte den Apparat auf den Fernseher, damit er den Alarm nicht im Bett abstellen konnte.
    Unbekannte Gesichter zogen im Traum an ihm vorbei; verzerrt, als ob sie hinter einer Kerze stünden, die kurz vor dem Erlöschen noch ein paar Mal aufflackerte. Erleichtert vernahm er das schrille Piepsen des Weckers. Er stand auf und ging unter die Dusche. Während er das warme Wasser auf sich herabregnen ließ, bemühte er sich, einen ungefähren Plan für die kommende Besprechung aufzustellen. Danningers Seife. Für die Nerven. Er stieg tropfnass aus der Dusche, ging ins Zimmer und nahm den duftenden Block aus seiner Hosentasche. Zurück unter der Dusche, seifte er sich kräftig damit ein. Immer noch müde, aber nicht mehr ganz so aufgewühlt, trocknete er sich ab, putzte sich die Zähne und begann sich anzuziehen.
    Zum Glück hatte er einen zweiten Anzug eingepackt. Den anderen würde er an der Rezeption abgeben und in die Reinigung bringen lassen. Seine Trekkingschuhe. Die machten kein gutes Bild. Zumal er an diesem Tag einigen Leuten einen Besuch abstatten müsste. Dann zog er eben Gassers Schuhe an. Wenn er Zeit fände, würde er sich heute noch neue kaufen. Er stellte sich vor den Spiegel und schaute sich an. Der beige Anzug war eine gute Wahl. Der würde ihn zusammenhalten und das Ablaufdatum seiner Seriosität gegebenenfalls um einige Tage verlängern. Er schloss sein Zimmer ab und nahm den Aufzug in die Empfangshalle. An der Rezeption gab er seinen schmutzigen Anzug ab und ersuchte die Rezeptionistin, ihn so bald wie möglich reinigen zu lassen. Er stand schon auf der Straße, als er noch einmal kehrtmachte, zurück in sein Zimmer ging und sein Achselholster anlegte. Noch einmal wollte er nicht in die Verlegenheit kommen, Kern um seine Dienstwaffe bitten zu müssen.
    Bevor er auf den Posten ging, kaufte er in einer Bäckerei zwei Kornsemmeln, ein Stück Butter, Marmelade und zwei Becher Joghurt. Da standen immer noch die runden Plastikdosen mit Lakritzestangen und Colafläschchen, die zu seiner Schulzeit ohne das Wissen der Eltern die Jause ergänzt oder ganz ersetzt hatten. Er füllte ein Papiersäckchen und gab es der Verkäuferin über die Budel hinweg. Bei diesen Sachen würden die Leute wohl immer Kinder bleiben, meinte sie lächelnd. Schäfer freute sich über die unerwartete Offenheit der Frau, war jedoch um eine noch so belanglose Antwort verlegen. Also lächelte er zurück, bezahlte und wünschte ihr einen schönen Tag.
    Auf dem Posten waren bereits alle versammelt. Er entschuldigte sich für seine Verspätung und fragte pro forma, ob es jemanden störe, wenn er während der Besprechung frühstücke. An den Gesichtern seiner Kollegen meinte er zu erkennen, dass sie diese Frage eher erleichterte als empörte – Aufschnaiter bot sich sogar umgehend an, ihm einen Kaffee zu machen. Sie setzten sich alle an den Besprechungstisch und Schäfer gab einleitend eine kurze Zusammenfassung der Geschehnisse der letzten beiden Tage, ohne seine mittlerweile besondere Rolle dabei zu erwähnen. Dann bat er Chefinspektorin Baumgartner um einen Bericht der Ereignisse in der vergangenen Nacht.
    „Ich war bis heute Morgen im Haus der Gassers, also hab ich den Bericht erst stichwortartig. Frau Gasser ist um halb sechs mit den Kindern vom Einkaufen zurückgekommen. Die Mädchen sind in den Garten spielen gegangen, während sie die Einkäufe ausgepackt und

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