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Schäfers Qualen

Schäfers Qualen

Titel: Schäfers Qualen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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Jackett und zog eine Pistole heraus, die er synchron zu einem fast spagatartigen Ausfallschritt auf den Angreifer richtete. Der Vater brachte die Puppe wieder in die Ausgangsstellung und verbeugte sich. Schäfer applaudierte. Und weinte.

28
    Als Schäfer das Revier betrat, fühlte er sich mehr im Traum als in der Wirklichkeit. Nach dem Besuch bei seinem Vater war er, begleitet vom verrückten Pfeifen der ersten Amseln, ins Hotel gegangen. Er hatte sich hingelegt und war nach gut einer Stunde wieder aufgewacht, ohne sich auch nur im Geringsten erholt zu fühlen. Schläfrig und im Kopf einen dahinschnellenden Gedankenstrom, der sich nicht aufhalten oder genauer betrachten lassen wollte, hatte er unter der Dusche gestanden; in der Hand Danningers Lavendelseife, die er so ausgiebig auf der Haut verrieb, dass bald nur mehr die Hälfte des Blocks übrig war. Er hatte sich rasiert, angezogen und auf den Balkon gesetzt, um drei Telefonate zu führen, wobei ihm erst im Nachhinein einfiel, dass die Uhrzeit der Anrufe im Grunde unverschämt gewesen war.
    Zuerst rief er Obernauers Witwe an, um sich die Bewilligung für eine Exhumierung ihres Mannes geben zu lassen. Sie zögerte einen Augenblick, bekräftigte dann aber sein Ansuchen, als hätte sie ohnehin schon lange auf diesen Moment gewartet. Danach wählte er Friedrichs Nummer; als dieser abhob, war Schäfer so überrascht, als wäre ihm bei einer der kindlichen Séancen, die ein paar seiner Mitschülerinnen immer wieder, halb im Spaß, halb im Ernst, abgehalten hatten, tatsächlich ein Geist erschienen. Dementsprechend lang brauchte er auch, um Friedrich den Grund seines Anrufes zu erklären. Doch vielleicht war sein zusammenhangloses Gestammel sogar von Vorteil. Denn Friedrich, der immerhin bei der RAF und so naturgemäß nicht der beste Freund der Exekutive war, schätzte den offenkundig schwer verwirrten österreichischen Polizisten schon bald als ungefährlich ein und lud ihn nach Rom ein, wo er einen Werbefilm drehte.
    Schäfers dritter Anruf, mit dem er einen Flug nach Rom buchen wollte, wurde direkt an den Anrufbeantworter weitergeleitet. Er riefe außerhalb der Geschäftszeiten an, die von acht bis achtzehn Uhr wären. Also nutzte er die halbe Stunde, die ihm blieb, um sich zum Frühstücksbuffet zu begeben, wo er in Gegenwart von ein paar aufgedrehten Frühaufstehern in offensichtlich neu gekaufter Bergmontur eine Schale Obst mit Joghurt und eine Honigsemmel aß.
    Nun stand er an der Espressomaschine im Besprechungsraum und bemühte sich, einen Cappuccino hinzubekommen, der es halbwegs mit dem seines Kollegen aufnehmen konnte. Immerhin wurde es ein akzeptabler Milchkaffee. Walch, Kern, Jöchl und Halder kamen in kurzen Abständen in den Raum und setzten sich an den Besprechungstisch.
    Schäfer wünschte ihnen einen guten Morgen und fragte nach Baumgartner. Die käme erst am Nachmittag, weil ihre Tochter krank sei. Schäfer begann mit der Besprechung. Den Blick die meiste Zeit auf den Notizblock vor ihm gerichtet und mit schwacher Stimme fasste er die Ereignisse des vorigen Tages zusammen, gar nicht erst bemüht, seine Niedergeschlagenheit zu verbergen.
    „Bevor ich selbst wieder an die Aufteilung gehe“, wandte er sich anschließend an die Runde, „möchte ich gern von euch hören, wie ihr selbst die Sache seht, und was für euch der beste Weg wäre, weiterzumachen.“
    Seine Kollegen schauten ihn verwundert an, wechselten gegenseitig Blicke, bevor Walch sich als Erster ein Herz fasste.
    „Wir haben bis jetzt mindestens drei Personen, die ein Motiv haben“, sagte er selbstsicher, „Josef Rohrschacher, Steiners Witwe und den jungen Obernauer. Dazu noch ein paar weniger Verdächtige aus dem Geschäftsumfeld von den dreien. Niemanden haben wir bis jetzt vorgeladen und verhört. Der Obernauer hat für zwei Tatzeiten zwar Alibis, die wir überprüft haben, aber es wäre ja möglich, dass er einen Komplizen hat. Und der Rohrschacher, der hat bis auf ein paar vage Aussagen, dass er in diesem oder jenem Gasthaus gewesen sein oder auch geschlafen haben könnte, gar kein Alibi. Gestern war der Bürgermeister da und hat uns angefahren, wofür wir eigentlich bezahlt werden. Die Zeitungen bis hinauf nach Norddeutschland ziehen über uns her. Jetzt ist auch noch ein Vierter tot und wir sind noch nicht viel weiter als am Anfang. Das wirft nicht gerade ein gutes Licht auf uns.“
    Schäfer rieb sich die Nasenwurzel, um sein beginnendes Kopfweh einzubremsen, und seufzte

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