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Schäfers Qualen

Schäfers Qualen

Titel: Schäfers Qualen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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der nicht nur nichts Böses im Sinn hat, sondern obendrein auch für ein paar Dinge gut zu gebrauchen ist. Tief gehende Freundschaften waren daraus bisher noch nicht entstanden. Doch er fühlte sich gut aufgehoben an seinem Arbeitsplatz, hatte keinerlei Interesse an Intrigen oder Machtspielen; zudem bedeuteten ihm höhere Ränge nur, dass er mit weniger Vorgesetzten arbeiten musste, und Schäfer war trotzdem, oder vielleicht sogar deshalb, überdurchschnittlich schnell von Beförderung zu Beförderung gekommen.
    „Guten Tag, Major“, begrüßte ihn Bruckner bemüht freundlich.
    „Tag, Bruckner. Hallo Havelka … wie geht’s?“
    „Gut, danke.“
    „Na dann, lasst alle Hoffnung fahren.“ Schäfer nahm seine Tasche und ging Richtung Ausgang.
    Havelka blickte Bruckner fragend an.
    „Dante“, erklärte Bruckner, ohne seinem Kollegen damit weitergeholfen zu haben.
    Der Mercedes der beiden stand direkt vor dem Flughafengebäude auf dem Taxistand, was Schäfer darin bestätigte, dass man, was gewisse Privilegien betraf, als Polizist an keine Landesgrenzen gebunden war. Havelka öffnete den Kofferraum, nahm Schäfer die Reisetasche ab und stellte sie hinein. Ob er vorne sitzen wolle, fragte Bruckner ihn, bevor er sich hinters Lenkrad setzte. Schäfer nahm dankbar an.
    Als sie kurz vor Rosenheim waren, setzte Bruckner dem Schweigen ein Ende.
    „Wir …“, begann er zögerlich, „wir sollten über alle Details des Falls informiert sein, um uns selbst ein Bild machen zu können.“
    „Ist klar“, beendete Schäfer seine Innenschau. „Sobald wir in Kitzbühel sind, drucke ich alle Berichte aus.“
    „Die Berichte haben wir schon gelesen. Aber wir könnten doch jetzt die Zeit nützen, um Ihre persönlichen Einschätzungen zu erfahren. Möglicherweise sind diese ja nicht hundertprozentig mit dem Bericht konform“, sagte Bruckner vorsichtig.
    Schäfer sah aus dem Fenster. „Steiner war der Erste“, begann er und bemühte sich mit jedem Satz, seinem Bericht eine Logik zu verleihen, die sich nicht nur ihm selbst erschloss.
    „Wow“, war Havelkas Kommentar, als Schäfer das erste Mal innehielt.
    „Bis jetzt klingt das recht logisch“, meinte Bruckner. „Einige Verdachtsmomente sind halt nur auf Ihrem Gefühl oder unüberprüfbaren Aussagen begründet. Da müssen wir nachsetzen, sofern uns das möglich ist.“
    „Obernauers ehemaliges Grundstück ist der Schlüssel“, gab sich Schäfer unbeirrt.
    „Da kommen wir nicht ran“, sagte Bruckner in einem Ton, der Schäfer klarmachte, dass er den Fall nun nicht mehr leitete. Er erwiderte nichts.
    „Sie müssen uns auch verstehen“, kam Havelkas Stimme aus dem Fond, „der Glatzerte hat ordentlich Druck gemacht. Wir müssen uns auch an Weisungen halten.“
    „Ist schon klar.“ Schäfer drehte sich wieder zum Fenster hin, um seine Seele mit jener der Katze zu tauschen, die auf einer Holzbank vor dem Bauernhaus lag, an dem sie eben vorbeifuhren.
    Sie setzten ihn direkt vor dem Hotel ab. Bruckner stieg aus, öffnete den Kofferraum und holte Schäfers Tasche heraus.
    „Wir wollten auch nicht, dass …“
    „Machen Sie sich keinen Kopf“, sagte Schäfer und nahm ihm die Tasche ab, „ist vielleicht ohnehin nicht das Schlechteste. Ich schick Ihnen gleich die neuesten Berichte“, fügte er noch hinzu.
    Er war sich nicht sicher, ob die Rezeptionistin schon über die jüngsten Entwicklungen informiert war – ob ihr Lächeln aufgesetzt war, weil sie ihn nun für einen Verrückten hielt, der einen Menschen in den Tod getrieben hatte und den sie so schnell wie möglich aus dem Hotel haben wollte. Es war ohnehin egal. Schäfer ließ sich den Schlüssel geben, nahm drei Tageszeitungen vom Tisch neben der Rezeption und ging zum Lift. Fast wie ein Zuhause kam ihm sein Zimmer vor, wo er die Tasche auf den Boden fallen ließ, die Balkontür öffnete und sich gleich eine Zigarette anzündete. Leer fühlte er sich, ziellos. Sollte er zuerst duschen, dann auspacken und dann die Berichte verschicken? Oder zuerst einmal hinlegen und den versäumten Schlaf nachholen? Er setzte sich in den Liegestuhl und starrte apathisch auf die Bergkette im Süden. Vielleicht schreiben sie ja was darüber, dachte er und holte die Zeitungen aus dem Zimmer.
    Kranz’ Selbstmord war nach Redaktionsschluss passiert und Senn war offensichtlich auch keine Titelnachricht mehr wert. Erst im Chronikteil fand Schäfer einen Artikel, der sich mit den Morden befasste. Der Journalist war automatisch davon

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