Schaenderblut - Thriller
einmal in Ruhe. Aber falls Ihre Erinnerung zurückkehrt: Hier ist meine Karte. Rufen Sie mich bitte an.«
Alicia wandte sich ab und schluchzte in ihr Kissen. »Meine Brüste sind weg. Sie sind weg. Er hat meine Brüste gefressen!« Sie begann laut zu kreischen.
Der Detective legte seine Karte auf den Nachttisch und wich zur Seite, als mehrere Krankenschwestern in den Raum gerannt kamen.
»Tut mir leid, aber ich muss Sie bitten, sofort zu gehen. Sie regen die Patientin auf. Sie befindet sich noch immer in einem kritischen Zustand.«
»Wir wollten sowieso gerade gehen.« Die Polizisten und die beiden Gelehrten verschwanden in Richtung Flur.
»Das war eine beeindruckende Vorstellung«, meinte Professor Locke.
»Sie meinen, sie hat das nur gespielt? Haben Sie den Ausdruck in ihrem Gesicht gesehen, als ihr bewusst wurde, dass sie ihre Brüste verloren hat?«
»Das mag echt gewesen sein, aber ich glaube nicht eine Sekunde daran, dass sie nicht mehr weiß, wer sie angegriffen hat. Sie deckt Joseph.«
»Deckt ihn? Aber er ist das Arschloch, das ihre Titten gefressen hat«, widersprach Captain Marshall mit zweifelnd hochgezogenen Augenbrauen. Er machte einen erschöpften und überforderten Eindruck, als könnte er jeden Moment umkippen.
»Schon mal was vom Stockholm-Syndrom gehört?«
Locke sah sich mit einer Reihe fragender Blicke konfrontiert.
»So nennt man es, wenn ein Gefangener beginnt, sich mit seinem oder ihrem Entführer zu identifizieren, Sympathie für ihn zu entwickeln oder sich in extremeren Fällen sogar in ihn zu verlieben. Wer weiß, wie lange sie sich schon in Josephs Gewalt befindet und was er ihr alles erzählt hat. Seine Geschichte ist ziemlich bewegend, wenn man sie aus seiner Perspektive betrachtet. Er wird als Kind von einem Serienmörder überfallen und stundenlang gefoltert und vergewaltigt. Er überlebt, doch mit zunehmendem Alter stellt er fest, dass dieser Serienmörder ihn mit einer Krankheit angesteckt hat, die ihn ebenfalls in einen Mörder verwandelt. Die einzige Möglichkeit, sich selbst zu heilen, besteht darin, den Mann zu töten, der ihn ursprünglich infiziert hat.«
»Sie meinen also, dass sie ihm diesen Blödsinn abkauft?«
»Möglicherweise ist es gar kein Blödsinn. Wie ich schon sagte, es besteht die Möglichkeit, dass eine solche Krankheit tatsächlich existiert. Wir müssen nur sie davon überzeugen, dass es Blödsinn ist. Das ist die einzige Möglichkeit, sie zur Zusammenarbeit zu bewegen.«
Captain Marshalls Handy klingelte. Er entschuldigte sich und nahm das Gespräch entgegen. Danach war sein Gesicht hart und verriet jedem im Raum, dass die Nacht noch längst nicht ihre Schrecken verloren hatte.
»Vielleicht wird sie das hier überzeugen: Wir haben gerade einen Anruf von einem Motelbesitzer ein Dutzend Blocks von hier entfernt erhalten. Er hat in einem seiner Zimmer zwei Leichen entdeckt, die in Stücke gerissen wurden.«
Marshall eilte aus dem Krankenhaus, dicht gefolgt von Montgomery und den beiden Professoren.
»Ich glaube, Sie hatten recht«, sagte Marshall zu seinen Begleitern. »Er läuft Amok. Es ist nur ein paar Stunden her, seit er Trent und den Raumpfleger umgebracht hat.«
»Er hat die Opfer in der Klinik nicht verspeist, Captain. Er muss hungrig gewesen sein, als er ins Motel kam. Ganz zu schweigen von seiner Enttäuschung, als er feststellte, dass sein Heilungsversuch gescheitert ist«, mutmaßte Professor Locke.
»Nun, nach allem, was mir meine Leute gerade am Telefon berichtet haben, dürfte er definitiv keinen Hunger mehr haben.«
Sie zwängten sich in zwei Streifenwagen und rasten die zwei Meilen zu dem Motel, in dem sich Joe noch vor wenigen Stunden aufgehalten hatte. Sie gingen an den Absperrungen vorbei in das Zimmer, wo sich die zerstückelten Leichen verteilten wie feuchtes rotes Konfetti.
»Jesses!«, riefen die beiden Professoren im Chor. »Oh mein Gott! Hat er dieses Gemetzel angerichtet? Wie kann jemand so etwas tun?«
»Sagen Sie es uns, Doc. Passt das zu Ihrer kleinen Theorie? Glauben Sie immer noch, dass Sie ihn mit ein paar Pillen heilen können?« Der Captain war stocksauer. Ihm schmeckte die Vorstellung eines Serienmörders, der sich in seiner Stadt herumtrieb, überhaupt nicht. Noch weniger gefiel ihm, dass diese beiden Schlaumeier ganz genau wussten, was passieren würde, und es viel zu lange für sich behalten hatten. Wenn sie nur rechtzeitig eine Warnung abgegeben hätten, könnten vier Menschen noch am Leben und ein
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