Schaenderblut - Thriller
bewohnte er ein Abbruchhaus, damit ihm bei seinen Plänen niemand in die Quere kam?
Alicia gab ihre Versuche auf, sich bemerkbar zu machen, und konzentrierte sich erneut auf den Versuch, die Lederfesseln loszuwerden. Die Schmerzen an ihren Handgelenken lieferten sich ein stummes Duell mit den Phantomschmerzen, die ihr bevorstanden, wenn der Kannibale zurückkehrte, um sein Mahl zu beenden. Sie riss und zerrte wild an den Manschetten, doch das Leder grub sich nur noch tiefer in ihre bereits wund gescheuerten Handgelenke.
»Oh Gott! Ich werde hier sterben!« Sie vergoss ein paar Tränen, zwang sich aber, damit aufzuhören. Das half ihr auch nicht weiter und hielt sie nur davon ab, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie brauchte einen Plan.
Ob sie ihn dazu überreden konnte, ihr die Fesseln abzunehmen, wenn er wiederkam? Er machte einen reumütigen Eindruck und schien sie wirklich zu mögen, so pervers das angesichts der Umstände klang. Vielleicht tötete er sie doch nicht? Dann fiel ihr wieder der Ausdruck auf seinem Gesicht ein, als er in ihre Brust gebissen hatte. Er wirkte dabei, als hätte eine fremde Macht Besitz von seinem Körper ergriffen. Nicht länger menschlich. Das Biest, das ihre Brustwarzen auffraß, war eine Ausgeburt aus Hunger und Geilheit gewesen. Wohnten zwei Persönlichkeiten in seinem Körper? Eine, die fürsorglich und sanft war, heute Morgen ihre Wunden gereinigt und sie gewaschen und sich vor dem Gehen entschuldigt hatte, und eine, die wild und gefährlich war, der es an jeglicher Selbstkontrolle mangelte? In diesem Fall musste sie an die sanftmütige Seite in ihm appellieren, sie gehen zu lassen.
Kapitel 12
Joe trabte wie benommen zum Campus. Er stellte sich vor, dass der Nebel, der durch die Straßen waberte, von ihm selbst ausging, und fühlte sich beschützt. Solange der Dunst seine Gedanken verschleierte, musste er sich nicht mit der Wandlung auseinandersetzen, die er in den letzten 24 Stunden vollzogen hatte. Musste nicht an den Schmerz in den wunderschönen Augen der Spanierin denken, als er in ihre Brüste hineinbiss. Nicht nur körperlichen Schmerz hatte er in diesem verwundeten Blick entdeckt. Auch den Schmerz des Verrats. Sie war für kurze Zeit davon ausgegangen, in ihm den perfekten Mann gefunden zu haben.
Er hatte diesen Blick schon früher gesehen. Lange bevor dieser unwiderstehliche Drang nach Menschenfleisch in ihm erwacht war. In Zeiten, als er seinem manischen Drang nach Sex ungezügelt nachgegeben hatte. Frauen staunten über seine Ausdauer, wenn er die ganze Nacht mit ihnen vögelte, und waren noch erstaunter, wenn er sie am nächsten Abend anrief und um eine Wiederholung bat. Das zog sich meist über Wochen hin – eine endlose Aneinanderreihung sexueller Marathonläufe. Dann verlor er jäh das Interesse und verschwand ohne ein Wort. Meistens nachdem er eine andere Frau kennenlernte. Oder wenn seine Kollektion zu groß und unübersichtlich wurde und sie schlicht und einfach durch neue Affären verdrängt wurden.
Keine seiner Liebhaberinnen hatte jemals den Verdacht gehegt, dass es noch andere Frauen in seinem Leben geben könnte. Unmöglich, dass er es drei oder vier Stunden am Stück mit ihnen trieb und im Anschluss noch genügend Energie für eine andere übrig blieb, dachten sie in ihrer Naivität.
Aber Joe war süchtig nach Sex. Es schien eine Drehtür in sein Schlafzimmer zu führen. Und er wusste ganz genau, wie lange eine Frau für ihn Zeit hatte, wann sie zur Arbeit gehen oder ihre Bälger aus dem Kindergarten abholen musste oder wann sie einfach zu erschöpft oder wundgefickt für eine neue Runde war. Und wenn er keinen Sex hatte, jagte er neuen Partnerinnen hinterher. Doch dann hatte dieser neue Drang von ihm Besitz ergriffen und alles verändert.
Er hatte schon früher mit Sadomaso-Praktiken experimentiert, sogar mit extremem Bondage und Blutspielen. Es befriedigte ihn mehr, als er erwartet hatte, den nackten Arsch eines Mannes mit einer neunschwänzigen Katze auszupeitschen oder Nadeln durch die Schamlippen einer Frau zu treiben und anschließend ihre Brustwarzen mit einer Kerzenflamme zu versengen. Und dann war da dieser Junge gewesen, den er in der Uni kennengelernt hatte. Ihn würgte er bis zur Bewusstlosigkeit, während er ihm mit einem Dildo den Arsch fickte. Ein legendärer Orgasmus, den er nie vergessen würde. Der Junge hingegen hatte am nächsten Tag das College verlassen und war von der Bildfläche verschwunden.
Es hatte Joe völlig unerwartet
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