Schaenderblut - Thriller
missbrauchen, Männer zu verführen und Unheil zu stiften, als verführerische Gestaltwandlerinnen, die sogenannten Rusalki, aus dem Grab zurückkehren. Ähnlich wie Meerjungfrauen und Sirenen locken sie Männer auf hoher See in ein feuchtes Grab. Hier ist die Warnung kaum verschleiert. Die meisten Legenden basieren auf Furcht und die Furcht vor der Macht der weiblichen Sexualität ist selbst in der heutigen Zeit unvermindert stark ausgeprägt.
Dann gibt es noch jene, die angeblich zu Ungeheuern wurden, weil sie einen Pakt mit dem Teufel schlossen. Die Portugiesen kennen die Legende der Bruxa, einer Frau, die sich in eine riesige vogelähnliche Harpyie verwandelt und das Blut ihrer eigenen Kinder trinkt. Bei den Deutschen gibt es den Böxenwolf, auch Klüngelpelz oder Stüpp genannt, der mehr unserem traditionellen Bild eines Werwolfs entspricht. Bei ihm soll es sich ebenfalls um einen Menschen handeln, der sich mit dem Teufel verbündet hat, um die Kräfte eines Raubtiers zu erlangen. Die abschreckende Botschaft lässt sich kaum übersehen: Halt dich an die Lehren der Kirche. Verlass nicht die eingetretenen Pfade von Religion und Kultur.
Das Wort Ghoul stammt von einer mystischen gestaltwandlerischen Kreatur aus der Arabischen Wüste, die abwechselnd die Erscheinung eines Ochsen, eines Kamels und eines Pferds annimmt und von einem unstillbaren Hunger auf menschliches Fleisch getrieben wird. In Ghana gibt es einen Dämon, der Dodo heißt und ebenfalls ein gefräßiger Konsument von Menschenfleisch sein soll. In Japan taucht dagegen in Sagen der Fuchsdämon Kitsune auf, der von Menschen Besitz ergreift und seinen Opfern ihre Lebensenergie entzieht, sie vollständig aussaugt. Einige dieser Gestalten sind Menschen, die zu Werwesen wurden, bei anderen handelt es sich um Dämonen, die in der Lage sind, menschliche Gestalt anzunehmen.«
»Und wie verwandeln sie sich wieder zurück?« Joe war es mittlerweile egal, was die anderen Studenten über ihn dachten. Er hatte Fragen und suchte verzweifelt nach Antworten.
Professor Douglas drehte sich zu Joe um, sichtlich verärgert über die Unterbrechung seines Monologs. »Ja, Joseph? Sie hatten eine Frage?«
»Die Werwölfe, die zu Monstern geworden sind. Wie kehren sie in ihre menschlichen Körper zurück? Wie überwinden sie ihren Fluch?«
Der Professor kratzte seinen verfilzten, wild wuchernden Kinnbart und musterte Joe einige Sekunden lang intensiv. Offenbar versuchte er, einzuschätzen, ob dieser vorlaute Student ernsthaftes Interesse an der Materie hatte oder ihn zum Narren halten wollte. Er kannte Joseph aus einem früheren Seminar und wusste, dass der junge Mann nicht zu grundlosen Scherzen neigte.
»Nun, wollen wir mal sehen. Es gibt in den diversen Legenden die unterschiedlichsten Theorien, wie man sich des Fluchs entledigen kann, obwohl sie keine besonders hohen Erfolgsaussichten versprechen. Im Allgemeinen ist es fast unmöglich, die dämonischen Tiergeister wieder loszuwerden, wenn man sie erst einmal in sich hineingelassen hat.«
»Aber ...«
Joe wischte sich den Schweiß von der Stirn und versuchte, seine Stimme unter Kontrolle zu halten. Er fühlte, dass ihn das Thema zunehmend aufwühlte. Seine Verzweiflung äußerte sich deutlich darin, dass er auf seinem Stuhl herumzappelte und die Hände nicht stillhalten konnte.
»Sie sagten, es gebe viele Theorien mit unterschiedlichsten Ansätzen. Wie lauten diese Theorien? Wie sieht die Heilung konkret aus?«
»Nun, darauf werden wir noch zu sprechen kommen, Joseph. Ich will jetzt nicht vorgreifen. Erst möchte ich die verschiedenen Mythen selbst und ihre Übereinstimmungen diskutieren«, sagte der Professor im Bemühen, nicht die Kontrolle über seine eigene Vorlesung zu verlieren.
»Aber Sie wissen es, oder?« Joe erhob sich von seinem Stuhl. Er schwitzte und ein Ausdruck von Verzweiflung lag in seinen Augen.
»Oh oh, der Kerl fängt schon wieder damit an«, murmelte einer der Studenten. Joe war ziemlich sicher, dass es sein Mitbewohner war. Er ignorierte die Bemerkung.
»Ich meine, Sie wissen, welche Heilmittel es im Einzelnen sind? Richtig?«
»Joseph. Das sind nur Mythen. Setzen Sie sich bitte wieder hin.«
Joe schaute sich um, erkannte, dass er sich zum Narren machte, und folgte der Aufforderung.
»Tut mir leid, Professor.«
Professor Douglas schielte Joe neugierig über seine Brille hinweg an.
»Ist schon in Ordnung, Joseph. Ich garantiere Ihnen, wir werden in den nächsten Tagen auf Ihre Frage
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