Schaenderblut - Thriller
jeweils vier Stockwerke hoch, die Fenster mit schmiedeeisernen Stäben vergittert. Ein Gefängnis auf einem weitläufigen Grundstück, das immergrüne Bäume und saftige Rasenflächen zierten. Doch die Bauten hatten schon etliche Jahrzehnte erlebt und eine Klinik dieser Größenordnung wies in der Regel Sicherheitslücken auf. Joe hielt bereits nach möglichen Fluchtwegen Ausschau, als er auf den Parkplatz vor dem Hauptgebäude rollte. Doch die Fenster waren allesamt vergittert und in regelmäßigen Abständen patrouillierten Streifenwagen über das Gelände. Trent hier herauszuholen würde alles andere als leicht werden.
Wie erwartet kam Joe an sabbernden Patienten vorbei, die lethargisch auf den Gartenmöbeln herumhingen und Eistee schlürften, dabei ausdruckslos vor sich hin starrten. Pflegerinnen kümmerten sich mit einer Barmherzigkeit und beiläufigen Geringschätzung um sie, als wüssten sie nichts von den Verbrechen, die die meisten von ihnen hergeführt hatten, oder von der Gefahr, die sie darstellten.
Selbst hinter den leeren Gesichtern konnte Joe erkennen, dass der Hunger weiter in ihnen brannte, vorübergehend gedämpft durch die Antipsychotika und Beruhigungsmittel, mit denen die Schwestern die Patienten pflichtschuldig vollpumpten. Bewaffnete Wärter hielten sich immer in der Nähe auf, nur für den Fall, dass einer der Insassen vergaß, seine Medizin zu nehmen, und etwas zu übermütig wurde. Joe schlenderte über den Rasen auf den Haupteingang zu.
Er wusste noch nicht genau, welches Märchen er erzählen würde, um sich Zugang zur Klinik zu verschaffen. Er hoffte, man würde seinen Namen nicht als den eines Opfers von Damon Trent identifizieren. Er hoffte außerdem, dass Trents perverse Neugier den anderen dazu trieb, sein erstes Opfer als Erwachsenen wiedersehen zu wollen und bei der improvisierten Lügengeschichte, die Joe sich gleich aus den Fingern saugen würde, mitzuspielen.
Die vertrocknete alte Schachtel, die am Empfang saß, lächelte Joe mit einem Mund voller perlweißer Zahnprothesen an, als er vorsichtig in die Halle trat. Instinktiv fielen seine Augen über sie her, suchten nach einem essbaren Happen an ihrem abgearbeiteten Körper, aber das Fleisch, das an ihrem brüchigen Skelett hing, war schon vor langer Zeit verwelkt und verdorben. Sie musste keine Angst haben, auf seinem Speisezettel zu landen. Nicht, solange zahlreiche andere saftige Delikatessen an jeder Straßenecke und in jedem dunklen Korridor auf ihn warteten.
»Kann ich Ihnen helfen, junger Mann?«
»Ich möchte einen Ihrer Patienten besuchen.«
»Auf welcher Station?«
»Äh, das weiß ich nicht so genau. Er war früher ziemlich gewalttätig. Möglicherweise befindet er sich in Isolation.«
»Wenn er in Isolation ist, wird er keine Besucher empfangen dürfen. Wie ist sein Name?«
»Damon Trent.«
»Trent? Und Sie heißen, Sir?« Die Augen der alten Frau verengten sich zu misstrauischen Schlitzen.
»Ich bin Joseph Miles.«
»Stehen Sie auf der Besucherliste?«
»Das sollte ich eigentlich. Ich bin ein Verwandter. Sein Cousin. Wir sind zusammen aufgewachsen.« Joe lächelte freundlich, um sie zu beruhigen, aber ihre Augen blieben hart und argwöhnisch.
»Einen Moment, ich werde nachsehen.«
Die betagte Rezeptionistin wandte ihm das Profil zu und hackte mit ihren spindeldürren, arthritischen Klauen auf die Computertastatur ein, um Trents Patientendaten aufzurufen. Dabei warf sie den beiden bewaffneten Wärtern, die neben dem Aufzug standen und sich unterhielten, einen Blick zu. Sofort wurden sie aufmerksam und nahmen Notiz von dem großen, gepflegten jungen Mann mit dem Körperbau eines professionellen Bodybuilders. Trotz des Lächelns, das er auf seinem Gesicht festgetackert hatte, schien eine greifbare Gefahr von ihm auszugehen.
»Okay, ich hab’s. Ich muss mich bei Ihnen für mein Misstrauen entschuldigen. Wie es aussieht, steht Ihr Name tatsächlich auf der Besucherliste. Er wurde erst vor zwei Tagen ergänzt. Ich muss aber trotzdem Ihren Ausweis sehen.«
Joe wühlte in der Tasche nach seinem kalifornischen Führerschein und reichte ihn ihr über den Tresen.
»Sie sagen, der Name wurde erst vor zwei Tagen hinzugefügt?«
»Ja. Mr. Trent selbst hat darum gebeten. Er ließ seinen Anwalt bei der Oberschwester anrufen.«
Sie drückte ihm einen Besucherausweis in die Hand und führte ihn durch den Metalldetektor zu den Fahrstühlen.
»Trents Zimmer befindet sich im Keller. Wenn Sie kurz warten, lasse ich
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