Schaenderblut - Thriller
töten, jetzt, wo sie zu seiner Komplizin geworden war. Man würde ihre Zahnabdrücke und ihren Speichel neben denen von Joe an Franks Leiche finden. In den Augen des Gesetzes war sie ebenso schuldig wie er. Andererseits würde ihn das nicht daran hindern, sie zu töten, um seine psychotische Begierde zu stillen.
Sie ließ es geschehen, dass er eine Decke über sie warf und sie zur Tür des Motelzimmers trug. In seinen kräftigen, geschmeidigen Armen fühlte sie sich herrlich verletzlich. Ein Teil von ihr wollte um Hilfe rufen, aber sie war immer noch verwirrt von ihrer eigenen Beteiligung an Franks Ableben und ihren Empfindungen für dieses Raubtier auf zwei Beinen. Bevor sie sich entscheiden konnte, ob sie schreien sollte oder nicht, schlug die Zimmertür laut hinter ihr zu.
»Soll ich dir was zu essen besorgen?«, fragte Joe, als er sie an das billige Motelbett fesselte.
»Nichts, das schreit und sich wehrt.«
»Und wenn ich es vorher töte?«
Alicia wurde bleich und zuckte zusammen.
»Das war nur ein Scherz.«
»Bist du dir da sicher?«
»Natürlich, aber wenn das Virus sich erst weiter in dir ausgebreitet hat, wirst du die Aussicht auf lebendes Fleisch nicht länger als abstoßend empfinden.«
»Es wird sich nicht weiter in mir ausbreiten, weil du vorher das Heilmittel auftreibst! Nun bleibt dir nichts anderes mehr übrig. Wenn wirklich ein Virus in mir steckt, werde ich mich ebenfalls in ein Monster verwandeln. Das willst du doch nicht, oder? Ich meine, wenn du so weitermachst, werden sie dich schnappen. Und ganz egal, wie gut es sich anfühlt, diesen Hunger zu stillen, es wird sich hundertmal schlimmer anfühlen, irgendwo eingesperrt zu sein, wo der Appetit ständig an dir nagt, ohne dass du eine Möglichkeit hast, ihn zu stillen. Das würde dir im Gefängnis bevorstehen, falls man dich festnimmt. Ist es das, was du willst? Ist es das, was du für mich willst?« Ihre Augen waren groß und traurig.
Joe schmolz unter ihrem Blick dahin. Seine mächtigen Schultern sackten nach vorn und sein Kopf sank kapitulierend auf die Brust. »Nein, natürlich nicht. Ich liebe dich, und du hast recht. Ich muss es endlich zu Ende bringen.«
Er stand auf, ging ins Badezimmer und kehrte mit einem Handtuch zurück, das er zusammenknüllte und ihr als Knebel in den Mund stopfte. Sie schloss die Augen und versuchte, sich von dem schmuddeligen Lumpen abzulenken, der zwischen ihre Lippen gezwängt wurde.
»Ich statte jetzt Damon einen Besuch ab.«
Er drehte sich um und ließ Alicia mit ihren Gedanken und Ängsten allein.
Sie kämpfte mit den Tränen, als sie hörte, wie die Tür zufiel und Joes Schritte sich über den Asphalt entfernten. Sie war wieder allein, ans Bett gekettet in einem fremden Zimmer, in einer fremden Stadt, und sie konnte auf niemanden zählen – nur auf sich selbst und den Mann, der sie entführt hatte.
Ihre Gedanken wanderten zurück in ihre Jugend, zum Geschmack vom Sperma ihres Vaters auf der Zunge. Sofort verdrängte sie die Erinnerung, nur um festzustellen, dass sie durch das Bild der Bibliothekarin ersetzt wurde, wie sie den Cunnilingus genoss, bevor sie von Joe aufgefressen wurde. Der Geruch von Franks langsam geröstetem Leichnam und dem saftigen Geschmack seiner hickorygeräucherten Genitalien, die köstlich ihre Kehle hinabglitten, folgte als Nächstes. Sie schüttelte den Kopf und brüllte in ihren Knebel, bis das Andenken sich verzog und sie ihrem aktuellen Schicksal überließ.
Um ihre Gedanken in der Gegenwart festzuhalten, begann Alicia, ihre Umgebung zu inspizieren, jedenfalls so gut, wie sie es ans Bett gefesselt vermochte. Sie lauschte den Lebenszeichen um sie herum, die aus den anderen schäbigen Zimmern zu ihr drangen.
Von nebenan erklang ein beharrliches Klopfen, mit dem jemand sich hartnäckig bemühte, seine schlafende Nachbarin zu wecken.
Durch die angrenzende Wand hörte Alicia, wie sich die Tür öffnete, dann ein paar gemurmelte Begrüßungsworte gefolgt von Schweigen. Wenige Minuten nachdem der Mann eingetreten war, begann ein lautes Konzert aus Grunz- und Stöhnlauten und dem Rumpeln und Quietschen der überstrapazierten Matratze. Es war vorbei, kaum dass es begonnen hatte.
Augenblicke später öffnete sich die Nachbartür wieder, und dieselben Schritte wie vorher eilten über den Parkplatz davon, gefolgt von Tränen und Flüchen. Das Ganze wiederholte sich dreimal, noch ehe der Tag vollständig angebrochen war.
Alicia bemühte sich, die Geräusche zu ignorieren und
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