Schaenderblut - Thriller
dachte an Ehepaare, die einmal im Monat in einem kurzen zehnminütigen Ausbruch miteinander vögelten, sich beeilten, zum Orgasmus zu kommen, um die lästige Pflicht für die nächsten Wochen hinter sich zu bringen. Er dachte an chemisch kastrierte Vergewaltiger, die in impotenter Wut ihre früheren Opfer anstarrten, den Verlust ihrer blindwütigen Libido betrauerten, ihre Opfer für die Unfähigkeit, sie noch zu erregen, hassten und versuchten, sich an ihnen zu rächen, indem sie in ihrem Blut badeten.
Das schienen die einzigen Alternativen zu sein, die sich ihm boten: dahinzusiechen oder zu versuchen, diesen Rausch der Glückseligkeit durch immer sadistischere Gewaltakte zurückzuholen. Doch dann erinnerte er sich an den Blick in den Augen der Bibliothekarin, als er seine Zähne in ihren Schamlippen vergraben und begonnen hatte, ihr Geschlecht zu verschlingen, und an den Ausdruck auf Alicias Gesicht, als er seine gewalttätigen Perversionen an ihren Brüsten auslebte. Ihm blieb keine andere Wahl. Er konnte nicht auf ewig in den Schatten lauern und über die Menschen, die er liebte, herfallen.
Tränen stiegen in ihm auf, als er an das Entsetzen und die Enttäuschung dachte, die Alicias Gesicht verunstaltet hatten. Wie konnte er sich nur derart von seinem Appetit überwältigen lassen und unkontrolliert über sie herfallen, während sie hilflos im Bett lag? Er ließ den Tränen freien Lauf und sie tropften in die Blutpfütze zu seinen Füßen. Er dachte an Alicia, die im Operationssaal mit dem Tod rang, und versuchte, sich ein Leben ohne sie vorzustellen. Er fand diese Vorstellung noch kälter und unattraktiver als ein Dahinsiechen ohne seinen Hunger. Er kannte sie kaum und doch konnte er spüren, dass sie die Richtige war. Die Frau, die für ihn bestimmt war. Die Einzige auf der Welt, die ihm genug Kraft verlieh, um sich gegen seinen Fluch aufzulehnen.
Wahrscheinlich hasste sie ihn mittlerweile. Wenn sie überlebte, würde sie nie wieder in der Lage sein, ihn zu lieben. Davon war er fest überzeugt, aber es spielte ohnehin keine Rolle. Er glaubte nicht daran, dass Liebe alles überwinden konnte. Und doch wusste er, dass er alles tun würde, was nötig war, um ihr Herz zurückzuerobern. Wenn er diesen Fluch nicht besiegte, würde er keine anderen Verlockungen mehr kennen als die des Fleisches. Liebe würde für ihn zur Unmöglichkeit.
Auf gar keinen Fall konnte er so weitermachen! Entweder er überkam in nächster Zeit den Fluch oder er konnte zusehen, wie ihm ein Fell und ein Schwanz wuchsen und er in einem Kuriositätenkabinett weggesperrt wurde. Auch wenn er sich nicht wirklich in einen Werwolf oder Vampir verwandelte, verkam er doch zunehmend zu einem Monster. Er war kein Mensch mehr im eigentlichen Sinne. Was auch immer mit ihm geschah, er konnte fühlen, dass jeder Mord neuerliche Veränderungen in ihm auslöste. Er betrachtete den verstümmelten Körper des Pflegers und seine eigenen blutüberströmten Handflächen. Seine Lebenslinie war ein endloser Strom aus Blut. Er spürte, wie der Durst nach Macht allmählich die Vorherrschaft errang. Sein Verstand wurde zu einem bloßen Werkzeug seines Appetits degradiert.
Es gab keinen Grund, weiter zu zögern. Wenn er Trent nicht schleunigst vernichtete und sich seine Menschlichkeit zurückholte, würde er als geistlose Marionette seines Verlangens enden. Joe wandte sich erneut dem Toten zu. Der Körper des Mannes hatte aufgehört zu zucken und lag jetzt still da. Als das Leben aus ihm herausgeströmt war, hatten seine erschlafften Gesichtszüge einen eher debilen als entspannten Ausdruck angenommen. Weiterhin sickerte Blut aus seinem Leichnam, aber weil das Herz nicht mehr schlug, war es mehr ein stetiges Tröpfeln als die lebhafte Eruption roten Lebenssafts, die vorher aus den Wunden herausgespritzt war.
Joe streifte dem Mann den Krankenhauskittel in der Absicht ab, ihn als Tarnung zu benutzen. Doch der Tote hatte so viel Blut verloren, dass seine Kleidung völlig durchgeweicht war. Selbst wenn sie noch zu retten gewesen wäre, hätte Joe, der fast doppelt so groß und breit war wie der Pfleger, nicht hineingepasst. Deshalb rollte er das Stoffbündel zusammen und stopfte es unter die Tür, um zu verhindern, dass die immer ausuferndere Blutlache in den Korridor lief und Vorbeigehende darauf aufmerksam machte. Dann sah er sich in der Besenkammer nach anderer Kleidung um.
Er fand einen verschmutzten Laborkittel und eine grüne OP-Hose, die jemand achtlos in die
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