Schängels Schatten
hat?«
»Warum sollte sie das tun?«
Anita pustete eine Ladung Rauch in die Luft. »Mir kommt das so vor, als hätte sie dich nur benutzen wollen.«
»Was? Unmöglich.«
Anita machte eine beschwichtigende Geste. »Ich weiß, du warst mit ihr befreundet. Aber denk doch mal nach: Sie war dieser Story mit dem Denkmal auf der Spur. Sie brauchte die Geschichte, um als Journalistin wieder Fuß zu fassen. Sie brauchte jemanden, der ihr half, denn als Behinderte ist das alles nicht so einfach. Und was liegt näher, als jemanden mit dem Geld zu ködern, der auch noch garantiert die Klappe hält? Und mit dem man ein altes Geheimnis teilt?«
»Moment mal. Du willst damit sagen, dass das Geld bereits vor zwanzig Jahren verschwunden ist und dass sie nur behauptet hat, es aufgehoben zu haben?«
»Wie gesagt – sie wollte dich nur ködern. Sie brauchte dich.«
»Warum hat sie dann behauptet, das Geld versteckt zu haben – an diesem Ort, an den man angeblich nur klettern kann?«
»Damit es wahrscheinlicher wirkt. Hätte sie vielleicht sagen sollen, sie hätte das Geld einfach so aufgehoben? Kein Mensch lässt zwanzig Jahre lang auf Verdacht hin so viel Geld rumliegen. Er gibt es aus.«
Mike kratzte sich am Kopf. Genauso hatte er auch reagiert, als Carola ihm das alles erzählt hatte. Und es klang ja auch unwahrscheinlich. Andererseits …
»Aber das alles nur, um Hilfe bei der Recherche nach dem verlorenen Denkmal zu bekommen … Ich weiß nicht. Sie hätte doch auch einen Journalistenkollegen um Hilfe bitten können.«
»Unter Journalisten herrscht Konkurrenzkampf. Einem Kollegen hätte sie die Sache zuallerletzt unter die Nase gerieben.«
»Aber abgesehen davon – sie hatte keine Hilfe nötig. Sie hat ihr Studium als Behinderte durchgezogen, und sie hat auch in dem Job gearbeitet. Dass sie die Sache mit dem Geld als Köder benutzt haben soll, finde ich ziemlich konstruiert.« Schon in dem Moment, in dem er den Satz beendete, fand Mike, dass es eigentlich gar nicht so konstruiert klang. Was wusste er denn von Carola? Vielleicht hatte sie ihn einfach reingelegt. Oder reinlegen wollen.
»Wie dem auch sei – die Frage ist, was wir jetzt machen«, sagte Anita.
Mike versuchte, aus seinen Gedanken zurückzufinden.
»Ich würde sagen, du gehst mit mir ins Hotel«, sagte er schließlich.
Sie schlug die Beine übereinander und sah ihn herausfordernd an. »Solche Angebote habe ich aber auch schon netter gehört.«
»Es geht darum, dich in Sicherheit zu bringen. Sie sind dir bestimmt auch auf den Fersen.«
»Wie soll das gehen? Ich kann doch nicht ins Hotel ziehen. Und soll ich dann den ganzen Tag auf dem Zimmer bleiben, oder was? Ab und zu muss ich mich auch um meinen Laden kümmern.«
Mike stand auf. Hemd und Hose klebten immer noch ein bisschen. Er betrachtete die Lichter von Koblenz und wusste, dass sie Recht hatte. Man konnte sich nicht einfach verstecken.
»Dann lass uns zur Polizei gehen.«
»Das machen wir natürlich nicht.«
»Aber du hast es doch selbst vorgeschlagen.«
Sie erhob sich, kam zu ihm und legte die Hand auf seine Schulter. »Ich wollte nur sehen, ob ich dich damit einschüchtern kann.«
Er wehrte ihre Hand ab. »Du willst mich also auch testen, was? Spielst du jetzt auch ein Spiel mit mir? Wie Carola?«
Sie ging einen Schritt zurück. »Ganz ruhig. Ich habe einfach gespürt, dass da noch eine andere Geschichte war, okay? Deshalb wollte ich wissen, warum du nicht zur Polizei gehst. Jetzt habe ich es verstanden. Du willst das Geld finden.«
»Und du glaubst, das Geld gibt es gar nicht mehr.«
»Genau.«
»Ich weiß nicht, was ich denken soll.«
»Lass es uns rausfinden.«
Er rieb sich das Kinn. »Im Grunde gibt es drei Rätsel zu lösen: Wer hat Carola auf dem Gewissen, wo ist das Geld, und wo ist das Denkmal?«
»Und das vierte Rätsel lautet: Wer hat damals diesen Bundeswehrunteroffizier erschossen?«
»Derselbe, der auch Carola auf dem Gewissen hat.«
»Wie kommst du denn darauf?«
»Es war in beiden Fällen eine PI der Bundeswehr. Stand in der Zeitung. Wenn ich auch den Artikel über das Geldversteck nicht gefunden habe – die Berichterstattung über den Mord und die Denkmalbesteigung war nicht zu übersehen.«
»Das mit der Pistole heißt überhaupt nichts. Schon gar nicht in Koblenz. Weißt du, wie viele Soldaten es hier gibt?«
»Ich bin von hier. Du brauchst mir nichts über die Bundeswehr in Koblenz zu erzählen.«
Sie verzog den Mund. »Ich glaube, ich sollte mal
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