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Schängels Schatten

Titel: Schängels Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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versuchen, mit dieser Amerikanerin zu sprechen.«
    »Kein Problem. Ruf sie an. In Los Angeles ist jetzt Tag.«
    Sie schüttelte den Kopf. Plötzlich war ihre Hand wieder auf seiner Schulter. Anita sah ihn herausfordernd an. Der Bademantel lockerte sich. Der Gürtel rutschte auf den Boden. »Ein bisschen Zeit hat es schon noch.«

12
    Als Mike erwachte, graute hinter dem Schlafzimmerfenster der Morgen. Anita lag neben ihm. Das Fenster stand offen. Ein leichter Luftzug kühlte den Schweißfilm auf der Haut. Mike fröstelte. Er wandte sich zur Seite und sah zur Digitaluhr neben dem Bett. Fünf Uhr vierunddreißig.
    Er legte sich wieder auf den Rücken und faltete die Hände hinter dem Kopf. Er dachte eine Weile nach, während er zur Decke starrte, die im diffusen Grau der Dämmerung kaum zu sehen war.
    Plötzlich spürte er eine Bewegung neben sich. Anita richtete sich auf und sah sich verschlafen um.
    »Was ist los?«, fragte sie.
    »Was soll los sein?«
    Sie schwang sich aus dem Bett, ging nach nebenan und kam mit einer Wasserflasche zurück. Nackt, wie sie war, blieb sie vor dem Fußende des Bettes stehen und nahm einen Schluck. Dann hielt sie ihm die Flasche hin. »Willst du auch?«
    Mike schüttelte den Kopf.
    Anita setzte sich auf die Matratze. »Könntest du jetzt bitte gehen?«, fragte sie.
    Mike stützte sich auf. »Was?«
    »Es wäre mir lieber, wenn du jetzt gehen würdest«, wiederholte sie ohne eine Spur von Aggression. »Frühstück kriegst du ja auch im Hotel. Ich melde mich bei dir. Sagen wir, um zehn Uhr?«
    Mike stand auf. »Wenn du meinst. Dann bis nachher.«
    Anita legte sich wieder ins Bett und drehte sich auf die andere Seite. Im Licht des erwachenden Morgens stieg Mike in seine Kleider und verließ die Wohnung.
    Er fühlte sich wie verkatert. Alles um ihn herum schien wie durch einen Filter bei ihm anzukommen. Der Sex mit Anita war gelinde gesagt katastrophal gewesen. Eine pure, freudlose Ersatzhandlung. Als ob sich irgendetwas in ihm hatte Luft machen wollen.
    Während er am Gerichtsgebäude vorbeimarschierte, wurde ihm mit jedem Schritt klarer, was dahinter steckte. Der Gedanke durchzuckte ihn wie ein heftiger Schmerz. Carola hatte ihn nur ausgenutzt. Das war es. Und sie hatte ihn in eine lebensgefährliche Lage gebracht. Die Angst traf Mike wie eine unsichtbare Faust. Plötzlich schien etwas in seinem Bauch zu wühlen. In den Anlagen neben dem Schloss zwitscherten wie zum Hohn laut die Vögel, und vor der Rhein-Mosel-Halle plätscherte still der Schalenbrunnen vor sich hin. Mike beschleunigte seine Schritte.
    In der Hotel-Lobby angekommen, fiel ihm ein, dass die Magnetkarte, die im Mercure den altmodischen Schlüssel ersetzte, noch im Wagen war.
    An der Rezeption arbeitete zu dieser Zeit ein junger Mann. »Entschuldigen Sie«, sagte Mike. Der Mann sah auf, und Mike wollte ihm sein Problem erklären, da bemerkte er, dass der Blick des jungen Mannes plötzlich abgelenkt wurde. Offenbar fixierte er einen Punkt hinter ihm. Noch bevor Mike sich umdrehen konnte, hörte er eine Stimme.
    »Sind Sie Herr Michael Engel?«
    Dann sah er zwei uniformierte Polizisten vor sich. »Ja, der bin ich.«
    »Bitte kommen Sie mit«, sagte der eine. »Wir hätten ein paar Fragen an Sie.«
     
    Zehn Minuten später betrachtete Mike zum zweiten Mal das Panorama aus einem der oberen Stockwerke des Polizeipräsidiums. Diesmal war es heller Tag. Die Morgensonne beleuchtete die rissige Wand von Ehrenbreitstein. Das rotierende Zifferblatt auf der Sparkasse zeigte halb sieben.
    »Sie haben sich aber ganz schön rumgetrieben«, sagte Nickenich und lehnte sich im Bürosessel zurück. »Darf man fragen, warum Sie so spät, oder vielmehr so früh ins Hotel zurückgekommen sind?«
    Der Kommissar wirkte nicht so frisch wie bei der ersten Befragung. Mike kam der Verdacht, dass die Polizei die ganze Nacht nach ihm gefahndet hatte. Wahrscheinlich hatte auch der Kommissar wenig Schlaf bekommen.
    »Könnten Sie mir bitte antworten?«, fragte Nickenich scharf und stand auf. Sein Gesichtsausdruck war verbissen.
    »Muss ich Ihnen das sagen?«, fragte Mike.
    »Sie müssen gar nichts. Aber wahrscheinlich werden Sie.«
    Er blätterte in einer Akte. »Wir sind gestern zum Haus von Carola Zerwas gerufen worden. Ein Nachbar hat gesehen, dass das Siegel aufgebrochen war. Fällt Ihnen dazu vielleicht was ein?«
    Mike kaute auf seiner Unterlippe. »Glauben Sie, dass ich in dem Haus war?«, fragte er zögernd.
    Nickenich grinste. »Wir glauben gar

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