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Schängels Schatten

Titel: Schängels Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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erwähnt?«
    »Was? Ach so – Mr. Nairs Tochter. Deborah. Ich habe eine Nachricht von ihr.«
    »Unmöglich«, sagte die Stimme. »Sie sollten besser gehen. Es ist sicher ein Missverständnis.«
    »Lassen Sie mich bitte mit Mr. Nair sprechen. Ist er da?«
    »Gehen Sie.«
    »Bin ich denn überhaupt richtig? Sagen Sie es mir doch bitte. Wohnt hier Mr. Wood?« Mike wartete. Die Verbindung war unterbrochen, und die Einfahrt lag so still da wie vorher. Er kehrte zum Wagen zurück.
    Ob Nair da drin war?
    Mike setzte sich in den Wagen und ließ die Fahrertür auf. So war die Hitze einigermaßen erträglich. Er konnte von hier aus die Einfahrt zu Woods Haus gut überblicken.
    Träge tropften die Minuten dahin. Er konnte nichts dagegen machen, dass seine Gedanken um Anita kreisten. Warum war sie nicht gekommen? Hatte man auf sie auch geschossen? Er hatte sie noch mal anrufen wollen, wenn er in Wiesbaden war. Sollte er zu einer Telefonzelle fahren und riskieren, Nair zu verpassen? Mike setzte sich ein Limit von einer halben Stunde.
    Ein Bild drängte sich auf. Anita, erschossen in ihrer Wohnung. Ein dunkler Blutfleck auf der hellen Couch, die Augen aufgerissen.
    Das Bild überlagerte sich mit einem anderen. Die tote Anita hatte auf einmal die Züge der toten Carola, und zwischen die beiden drängte sich der Tote aus der Mosel. Drei Tote …
    Nein, Anita lebte noch. Sie hatte vielleicht versucht, ihn zu erreichen, aber er hatte ja verdammt noch mal kein Handy. Er musste auch noch mal im Hotel nachfragen. Für einen Moment dachte er an Iris Mayer, die immer so nett lächelte. Doch ihr Gesicht schien sich aufzulösen, und dann war Anita wieder da. Diesmal nicht auf der Couch, sondern im Bett. Nackt auf dem Bett, mit dem Unterschied, dass eine gewaltige Blutlache sie umgab …
    Und du bist der Nächste, Mike!
    Er schreckte zusammen, als er vor sich eine Bewegung wahrnahm. Jemand kam aus der Einfahrt. Eine kleine, gedrungene Gestalt. War das Nair? Die Person schloss sorgfältig die schmiedeeiserne Tür. Es war eine junge Frau. Die Putzfrau, die Mike hinter dem Fenster gesehen hatte. Er erkannte sie an den braunen Haaren, die hinten zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren. Sie trug keinen Kittel mehr, sondern ein weißes T-Shirt und eine dieser modernen militärfarbenen Bombenlegerhosen mit Seitentaschen.
    Mike verließ den Wagen und folgte ihr. Eine große Tasche über der Schulter, ging sie mit federnden Schritten die leere Straße hinab. Mike schätzte sie auf höchstens zwanzig.
    Es ging immer weiter den Berg hinunter, kreuz und quer durch das Viertel. Sie drehte sich nicht ein einziges Mal um. Mike blieb dran. Er war sicher, dass sie seine Verfolgung nicht bemerkte.
    Schließlich erreichten sie das kleine Tal mit dem Kurpark. Die junge Frau blieb an einer Bushaltestelle stehen. Sie stellte die Tasche auf den Asphalt und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    Als er näher kam, blickte ihn das Mädchen abschätzig an. Sie ging ein paar Schritte weg und lehnte sich an eine Straßenlaterne. Dann sah sie auf die Uhr. Mike bemerkte, wie sie lautlos die Lippen bewegte. Offenbar unterdrückte sie einen Fluch.
    »Warten Sie auf den Bus?«, fragte er.
    Sie musterte ihn wieder. »Wonach sieht’s denn aus?«
    »Wann kommt denn der nächste?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Eigentlich hätte ich ihn noch kriegen müssen. Ich glaube, meine Uhr geht falsch. Wenn er schon weg ist, müssen wir eine Viertelstunde warten.«
    Sie blickte auf den Gehsteig und verschränkte die Arme vor der Brust. Mike beschloss, einfach mit seiner Frage herauszurücken.
    »Sie arbeiten im Haus von Thomas Wood, oder?«
    Sie sah auf und runzelte die Stirn. »Gut beobachtet. Sie haben mich ja herauskommen sehen.«
    »Sie sind Putzfrau, oder?«
    »Was geht Sie das an? Wollen Sie mir ein Gespräch aufzwingen, oder was?«
    Mike hob beschwichtigend die Arme. »Entschuldigen Sie. Ich bin nur nach jemandem auf der Suche, der Thomas Wood getroffen hat. Ich habe da oben geklingelt, aber sie haben mich nicht reingelassen.«
    »Sie werden ihre Gründe gehabt haben.«
    »Ja, aber …« Mike rang nach Worten. Seine Nachforschungen kamen ihm plötzlich lächerlich vor. Wenn dieser Thomas Wood Geschäftsmann war und sich als solcher mit Nair getroffen hatte, dann gab es dafür Möglichkeiten, die eine Putzfrau nicht mitbekam. In einem Hotel zum Beispiel. Oder in einer Firma. In einem Konferenzraum. Dafür waren Konferenzräume nun mal da.
    »Es geht um einen

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