Schängels Schatten
wie diesen Wood sicher wenig. Der würde sich sofort eine neue Putzfrau nehmen.«
»Das denke ich auch.« Sie nippte wieder. Das Glas war fast leer.
»Und Wood gehört die Firma?«, fragte Mike.
»Er leitet nur die deutsche Niederlassung, soviel ich weiß.«
»Und der Name Nair sagt Ihnen nichts?«
»Nein. Heute war auch niemand da. Jedenfalls nicht, solange ich gearbeitet habe. Und das war seit neun Uhr.«
»Wie oft gehen Sie da hin?«
»Zweimal die Woche.«
»Regelmäßig?«
»Normalerweise dienstags und freitags. Der Dienstagstermin wurde auf heute verschoben. Warum, weiß ich nicht.«
»Kommt das öfter vor?«
»Eigentlich nie.«
Das könnte was damit zu tun haben, dachte Mike.
»Wer ist noch in dem Haus, wenn Sie arbeiten?«
»Nur Pablo. Eine Art Privatsekretär. Und der hat da ein Büro, aus dem er selten rauskommt.«
»Meinen Sie, ich käme irgendwie an diesen Pablo heran? Könnten Sie ihn nicht für mich fragen?«
»Also, ehrlich gesagt, wenn er nicht mit der Information herausgerückt ist, als Sie mit ihm gesprochen haben, dann wird er es auch jetzt nicht tun. Und verstehen Sie mich nicht falsch, aber ich habe keine Lust, meinen Job zu gefährden. Es ist sicher nicht gut, wenn er wüsste, dass wir uns über die Firma unterhalten.«
»Können Sie vielleicht mit der Bezeichnung ›Gimlet‹ etwas anfangen?«
»Was soll das denn heißen?«
»Es hat irgendetwas damit zu tun, was dieser Nair von Thomas Wood will. Es heißt ›Bohrer‹, wenn ich das richtig verstanden habe.«
»Hat der Mann, den Sie da suchen, auch eine Rüstungsfirma?«
»Soweit ich weiß, hat er jahrzehntelang in Amerika Filme ausgestattet. Das Unternehmen heißt ›Fantasy World‹.«
»Klingt wie Disneyland. Vielleicht haben sich die beiden über ein Projekt verständigt. Irgendwas Geplantes.«
»Und vielleicht hat Thomas Wood ja vor, einen neuen Zweig in seiner Firma aufzumachen«, spann Mike den Gedanken weiter. »Oder es gibt gar keinen neuen Zweig, und hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich was Militärisches. Ein Waffensystem. Eins, das bei Thomas Wood hergestellt wird. Wenn ich nur mehr über dieses Thema rauskriegen könnte … Ah, da fällt mir etwas ein.«
»Lassen Sie hören.«
»Ihr Freund, den Sie gerade erwähnt haben.«
»Ja?«
»Meinen Sie, er weiß über Waffen und so was Bescheid?«
Sie legte den Finger an den Mund und dachte einen Augenblick nach. »Die Idee ist nicht schlecht«, sagte sie. »Hanno studiert Politik und ist in allen möglichen Friedensgruppen aktiv. Aber wenn es um ein geplantes Projekt geht … Am Ende sogar um was Geheimes …«
»Gehen wir doch einfach zu ihm«, sagte Mike. »Oder noch besser: Vielleicht kann er ja herkommen.«
»Wir haben Semesterferien«, sagte sie. »Das bedeutet, er ist vielleicht gar nicht in der Stadt.«
»Wie kriegen wir das raus?«
»Ganz einfach. Ich rufe ihn an.« Sie beugte sich zu dem Stuhl, auf dem sie ihre Tasche abgelegt hatte, öffnete sie und wühlte darin herum. Dann hatte sie ein Handy in der Hand. Sie tippte eine Nummer ein und hielt das Ding ans Ohr.
»Er wohnt in einer WG«, sagte sie. »Irgendeinen werde ich schon kriegen … Ja, hallo? Daniela hier. Nein. Daniela Baumann … Ist Hanno da? Nicht? Ach so …« Sie beugte sich nach vorn, wühlte wieder in ihrer Tasche und brachte einen Stift zum Vorschein. Sie schien eine Gelegenheit zum Schreiben zu suchen. Schließlich notierte sie ein paar Zahlen auf dem Unterarm. »Danke«, sagte sie und drückte den Knopf. »Er ist nicht zu Hause, aber in der Stadt. Ich habe eine Telefonnummer von einem Büro bekommen, wo ich ihn erreichen kann. Ich versuch’s mal.«
Sie wählte die Ziffern, die sie auf ihrem Arm notiert hatte, sprach wieder mit verschiedenen Leuten, dann schien sie Hanno endlich erreicht zu haben. »Dein Typ wird verlangt«, sagte sie. »Nur ganz kurz. Da ist jemand, der eine Auskunft darüber braucht, was dieser Wood in seiner Firma treibt. Ja – das ist doch dein Thema, oder?«
Sie blickte Mike an, die Stirn gerunzelt. »Ja, ich weiß, dass du wenig Zeit hast … Ein Journalist? Ja, kann sein, dass er Journalist ist …« Sie verdrehte die Augen. »Nun komm schon. Wir sind hier in der Haltbar. Es dauert bestimmt nicht lang …« Plötzlich hielt sie Mike den Hörer hin. »Er hat keine Zeit zu kommen«, sagte sie. »Reden Sie am Telefon mit ihm.«
*
Nachdem der Kran umgefallen war, passierte erst einmal nichts. Es dauerte mindestens eine halbe Minute, bis jemand aus einem
Weitere Kostenlose Bücher