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Schängels Schatten

Titel: Schängels Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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Gebäude kam. Doch dann ging es sehr schnell. Der Parkplatz bei den Industrieanlagen füllte sich mit Menschen. Ein Polizeiwagen mit Blaulicht schoss die Landstraße entlang und bremste scharf an der Zufahrt. Von der anderen Seite näherten sich mehrere Feuerwehrfahrzeuge. Das ist jetzt eine Stunde her.
    Er hält den Zeitpunkt für gekommen zu verschwinden.
    Er geht nicht in das Tal zurück, sondern schlägt sich in die andere Richtung, wo bald wieder eine Straße zu sehen ist. Bevor er den Schutz des Waldes verlässt, muss er den Kasten loswerden.
    Er entdeckt am Hang eine umgestürzte Fichte. Die ausgerissenen Wurzeln ragen als gewaltiger Halbkreis in die Höhe. Darunter hat sich eine Mulde gebildet. Er legt den Kasten hinein und trägt etwas Holz zusammen, mit dem er ihn bedeckt. Dann eilt er zur Straße und dreht sich um. Er muss sich die Stelle genau einprägen.
    In welche Richtung soll er gehen?
    Auf der anderen Seite der Straße beginnt wieder das Brachland, dahinter erkennt er in der Ferne weiße, kastenförmige Gebäude. Davor verlaufen Stromleitungen. Der alte Mann erklimmt die niedrige Böschung. Unter den Leitungen verläuft parallel zur Straße eine Bahnlinie. Im weiten Bogen führt sie auf die Industrieansiedlung zu.
    *
    »Hier ist Hanno Hauschild. Mit wem spreche ich?«
    »Mein Name ist Engel. Ich wollte Sie etwas über Waffensysteme fragen. Das heißt, ich weiß nicht, ob wirklich so was dahinter steckt. Es geht um einen bestimmten Begriff.«
    »Welchen?«
    »Bohrer. Auf Englisch ›Gimlet‹. Können Sie damit was anfangen?«
    »Hm. Damit ist kein Bohrer im wörtlichen Sinne gemeint. Es ist der Name einer Flugabwehrwaffe, die im Warschauer Pakt und in der Nato eingesetzt wurde. Ob sie heute noch in Gebrauch ist, weiß ich allerdings nicht.«
    »Und die hieß Gimlet?«
    »Gimlet im Westen, Igla im Osten.«
    »Igla?«
    »Ja, das war oft so, dass die beiden Machtblöcke sich mit denselben Krallen beharkten, wenn ich das mal so blumig ausdrücken darf. Sie hatten nur eigene Bezeichnungen dafür.«
    Mike runzelte die Stirn. »Wird so was in Thomas Woods Firma hergestellt?«
    »Sicher nicht. ›Peaceforce Dynamics‹ hat mehr mit Elektronik und so was zu tun. Die Gimlet ist dagegen was Archaisches. Stellen Sie sich eine Panzerfaust vor. Also ein Rohr mit einer Rakete vorne dran. Sie wird von einem einzelnen Soldaten abgeschossen. Nur richtet sich die Gimlet nicht gegen einen Panzer, sondern gegen ein Flugziel. Ein Flugzeug zum Beispiel.«
    »Interessant«, sagte Mike und schluckte. Hanno Hauschild nahm sein Schweigen als Aufforderung, weiter zu erzählen.
    »Jede Waffe hat ihre spezielle Aufgabe. Eine Panzerfaust frisst sich durch den Mantel eines Panzers, erzeugt irrsinnige Hitze, lässt das Gefährt aber nicht explodieren. Die Soldaten im Panzer verbrennen. Außerdem wird ihnen schlagartig der Sauerstoff entzogen.« Er sagte das so dahin, als würde er erklären, wie eine Kaffeemaschine funktioniert. »Eine Fliegerfaust dagegen«, fuhr er fort, »besitzt einen Sprengkopf von gut einem Kilo. Das Ding explodiert, dadurch werden Splitter verstreut, und die reißen dann Löcher in die Außenhaut eines Flugzeugs. Man könnte damit aber auch ein kleines Gebäude zum Einsturz bringen. Man muss mindestens sechshundert Meter entfernt sein, man kann damit aber auch bis zu fünf Kilometer weit schießen.«
    »Sie sind gut informiert. Schrecklich, was es für Waffen gibt.«
    »Die Welt starrt nur so vor Waffen«, erklärte Hauschild. »Das ist nun mal so. Ich nehme an, ich erzähle Ihnen damit nichts Neues.«
    »Wenn ich das richtig verstanden habe, kann ein einzelner Mann diese Gimlet bedienen. Und ein Flugzeug angreifen.«
    »Ja. Er kann die Waffe mit sich rumschleppen. Sie wird so an die zwanzig Kilo wiegen. Und dann kann er sich auf die Lauer legen. Aber wenn Ihnen das außergewöhnlich vorkommt, haben Sie noch nichts von der Stinger gehört.«
    Mike dachte nach. »Doch, davon habe ich gehört. Was ist das genau?«
    »Die Stinger war zum Beispiel in Afghanistan im Einsatz. Das ist auch eine Rakete, die ein einzelner Soldat bedienen kann. Sie ist noch etwas kleiner als die Gimlet – nur einen Meter lang. Damit können Sie jedes Flugzeug vom Himmel holen.«
    »Sind Flugzeuge nicht zu schnell für so was?«
    »Herr Engel! Wir leben im Zeitalter der Hochtechnologie. Sie schießen die Rakete ab. Sie verfolgt ihr Ziel von selbst. Unbeirrbar. Sie hängt sich an die Wärmequelle des Flugzeugs und verfolgt es. Die Amis

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