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Schängels Schatten

Titel: Schängels Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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entscheiden, wie er sich einordnen sollte: in Richtung Moselring oder hinunter in den Saarplatz-Kreisel.
    »Wie soll’s jetzt weitergehen?«, fragte er, wie Mike erwartet hatte.
    »Fahren Sie zum Friedrich-Ebert-Ring«, sagte Mike.
    Der Fahrer wechselte eine Spur nach rechts. Sie kamen auf den Überflieger und passierten das Polizeipräsidium. Der Anblick des Gebäudes schien den Fahrer auf eine Idee zu bringen. »Warum wollten Sie eigentlich ausgerechnet mit mir fahren?«, fragte er.
    »Sie waren heute Morgen im Radio. Sie scheinen ein guter Taxifahrer zu sein. Umsichtig.«
    Der Fahrer schwieg. An der Herz-Jesu-Kirche war die Ampel rot.
    Mike entschloss sich, das Risiko einzugehen und den Mann direkt zu fragen. »Fahren Sie bitte rechts ran?«
    »Wo genau?«
    »Die nächste Möglichkeit.«
    Der Wagen hielt an der Christus-Kirche.
    »Ich muss Sie was fragen«, sagte Mike und holte die Blätter hervor. Er faltete sie auseinander und hielt dem Mann Nairs Foto hin. »Der Mann mit dem Kontrabasskasten – ist er das?«
    Die Miene des Fahrers verriet nichts. »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Ich beschäftige mich mit illegalem Waffenhandel«, antwortete Mike. »Ich glaube, dass der Unbekannte was damit zu tun hat.«
    »Der hat aber geschossen. Nicht gehandelt.«
    »Es muss eine Art Test gewesen sein. Mich würde interessieren, woher Sie eigentlich so genau wissen, dass der Mann mit dem Kontrabass auch der Täter war?«
    Der Taxifahrer zuckte mit den Achseln. »Ist doch komisch, wenn einer mit einem Kontrabass aufs freie Feld fährt.«
    »Komisch schon. Aber kein Beweis.«
    »Man hat so einen sechsten Sinn, wenn man viel mit den Leuten zu tun hat. Ich hab schon viele Musiker gefahren. Das war keiner.«
    »Und – ist er’s?«
    »Sind Sie von der Polizei?«
    »Nicht direkt. Also?«
    Der Taxifahrer nickte.
    »Vielen Dank«, sagte Mike. »Fahren Sie mich bitte zurück. Ich zahle Ihnen das Doppelte für die Tour. Aber Sie müssen mir noch einen Gefallen tun.«
    »Geht’s da auch um einen Verrückten?«
    »Nein, um eine Kirche.«
    Eine Ampel sprang auf Rot. Der Taxifahrer sah zur Seite. Er beäugte Mike, als wäre er ein Außerirdischer.
    In der kurzen Zeit, bis sie wieder auf der Moselbrücke waren, beschrieb Mike dem Fahrer die Kirche von dem Foto. Dabei gelang es ihm, den Vergleich mit einer Rakete zu vermeiden. Mike sprach stattdessen von einer weißen Säule, die schlank in die Höhe strebte und von einem schwarzen, spitz nach oben verlaufenden Dach gekrönt wurde.
    Der Fahrer dachte darüber nach, bis links neben der Bundesstraße das Telekomgebäude sichtbar wurde.
    »Hat der Kirchturm so ein längliches Fenster?«, fragte er.
    »Ja genau. Es sieht aus wie ein schwarzer Strich nach unten.«
    »Heilig Kreuz«, sagte der Fahrer. »Das muss die Heilig-Kreuz-Kirche sein.«
    »Und wo ist die?«
    »In Neuwied. Hafenstraße.«
    »Sind Sie sich da ganz sicher?«
    »So lange Sie mir kein Foto zeigen können, nicht. Aber so, wie Sie den Turm beschrieben haben … Da gibt es nur die.«
    Sie kamen am McDonald’s-Parkplatz an. Die Tour hätte nach Taxameter zwölf Euro gekostet; Mike gab dem Fahrer dreißig.
    *
    »Touch Down.«
    Das hatte First Lieutenant Stuckey durchgegeben.
    Nicht besonders militärisch. Eher sportlich.
    »Nur gestreift. Aber der Reiter ist unten. Gut gemacht, Nair.«
    Die Kameraden applaudierten. Alle bewunderten durch ihre Ferngläser den auf der Seite hängenden Kaiser.
    Der alte Mann öffnet die Augen.
    Die Sonne ist viel zu hell, als dass es noch früher Morgen sein könnte. Er sieht auf die Uhr. Halb elf.
    Er hat verschlafen.
    Nicht so schlimm. Er hat noch viele Stunden Zeit. Die Waffe liegt sicher im Mietwagen. Der Kontrabasskasten ist von außen nicht zu erkennen-, der alte Mann hat eine Decke dar üb er gebreitet. Er weiß nicht, dass man ihn in Verbindung mit dem Kontrabass sucht, aber er weiß genau, dass er damit seinen Verfolgern ein wichtiges Erkennungszeichen geliefert hat, das er verbergen muss.
    Der alte Mann steht auf und geht unter die Dusche. Er zieht seine Uniform an und verbirgt sie trotz der Hitze unter einem leichten Mantel.
    In diesem Aufzug hastet er zum Wagen, den er ein paar Straßen weiter geparkt hat. Als er losfährt, kommt ihm beinahe ein Taxi in die Quere, das plötzlich aus einer Parklücke ausschert. Der alte Mann tritt auf die Bremse. Hinter ihm wird gehupt. Beinahe hätte es einen Auffahrunfall gegeben.
    Der alte Mann sieht, dass der Taxifahrer mit einem Fahrgast

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