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Schängels Schatten

Titel: Schängels Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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würde. Der Bereich in seinem Gehirn, der sich für logisches Denken verantwortlich fühlte, erklärte, dass sie kommen musste, wenn sie das Geld bergen wollte. Die andere Seite wandte ein, dass Anita wahrscheinlich genauso wie Mike eine kurze Vorbesichtigung unternommen und dann von größeren Bergungsaktionen abgesehen hatte. In dem Fall war er gestern Abend zu spät gekommen.
    Als Mike fast an der Stelle des Aufgangs angekommen war, fiel ihm ein, dass es nichts schaden konnte, Anita noch einmal zu überprüfen. Er ging zurück bis zur Telefonzelle am Kapuzinerplatz und wählte Anitas Nummer. Niemand nahm ab.
    Der Felsenweg lag verlassen im Schatten.
    Mike genoss zwar die Atmosphäre des Sonnenaufgangs, aber seine Wache hatte trotzdem keinen Sinn, denn Anita kam nicht. Stattdessen machten sich gegen sechs die ersten Frühtouristen auf den Weg nach oben. Dann geschah bis gegen halb neun überhaupt nichts. Schließlich kamen die nächsten, in immer größeren Scharen. Um Viertel nach neun erklärte Mike die Aktion für beendet. Er ging zum Wagen zurück und dachte an das Bild aus dem Internet. Wenn er herausfinden konnte, wo diese Kirche war …
    Dieser Spur musste er noch nachgehen.

17
    Ab halb zehn war Mike in der Stadt unterwegs und trieb sich in den Buchläden herum. Er suchte jedes Buch über Koblenz nach Abbildungen von Kirchen ab. Leider zeigte sich die Auswahl der sakralen Bauwerke, die in Bildbänden gezeigt wurden, als sehr gering. Die Kastor-, Florins- und Liebfrauenkirche standen als berühmte Beispiele Koblenzer Kirchenbauten in der Gunst ganz oben, dann kamen Gotteshäuser wie die Christus- und Herz-Jesu-Kirche. Ein paar Kapellen fanden sich hier und da, aber das war es auch schon. Bücher über Kirchtürme, die wie Raketen aussahen, gab es nicht, und die Kirche, die Mike auf dem Foto erahnt hatte, war nirgends zu finden.
    Nach zwei Stunden klappte Mike in der Buchhandlung Bouvier das letzte Buch zu und ging zum Wagen, den er diesmal im Löhr-Center-Parkhaus abgestellt hatte. Er legte die Hand auf das Lenkrad und starrte gegen die graue Parkhauswand.
    Er versuchte, sich die Situation in der Nacht vor zwanzig Jahren vor Augen zu führen. Sie hatten Ramann und das Geld gefunden. Carola hatte jemanden auf der Brücke weglaufen sehen. Zumindest hatte sie das gesagt. Könnte das Anita gewesen sein? Sie hatte Ramann vielleicht umgebracht, weil sie sich wegen des Geldes gestritten hatten. Wegen des Geldes, das, so nahm Mike an, von Nair stammte. Wegen des Geldes, das aus einem Waffenhandel stammte, in den Ramann verwickelt war. Ramann und Anita.
    Jetzt zu Nair, dachte Mike.
    Nair hatte behauptet, den Krieg gewonnen zu haben, weil er dieses Denkmal zerstört hatte.
    Nair hatte sich eingebildet, der große Kriegsgewinner zu sein, weil er das Denkmal vom Sockel geschossen hatte. Aber er hatte es nicht ganz zerstört. Ramann brachte ihm ein Foto, auf dem dokumentiert war, dass es das Denkmal noch gab. Hatte Ramann seinem Vater ein Foto vom Denkmal besorgt, nur um mit ihm Waffengeschäfte machen zu können? Hatte er extra dafür das Denkmal gesucht?
    Viel zu kompliziert. Es gab eine andere Möglichkeit. Das Geld war nicht wegen Waffen nach Deutschland gekommen. Sondern wegen des Denkmals selbst. So musste es gewesen sein: Ramann hatte das Denkmal gefunden und wollte es seinem Vater verkaufen. Das passte!
    War das Denkmal am Ende in Amerika? Stand es in irgendeinem Privatpark herum? Wenn das stimmte – was war dann mit dem Kopf? Wenn das Denkmal in den USA war, fehlte der Kopf dort entweder, oder er war nicht echt. Oder stand im Mittelrhein-Museum eine Fälschung?
    Quatsch, schalt sich Mike. Wenn Nair tatsächlich das Denkmal in die USA geholt hatte, dann würde er es auch auf seiner Webseite zeigen. Er würde damit angeben.
    Was war mit Nairs Reise nach Deutschland? Geschah sie zufällig gerade jetzt?
    Er hat seit Jahren keine so weite Reise mehr gemacht. Das hatte Deborah Nair gesagt.
    Wusste Nair von Carolas Nachforschungen?
    Natürlich!
    Carola hatte sich per E-Mail an Nair gewandt, weil sie auch über das Foto auf der Website gestolpert war.
    Hatte Nair vielleicht noch etwas anderes vor? Außer Waffengeschäfte zu machen?
    Mike spürte, wie es in seinen Ohren rauschte. Die Umgebung beengte ihn. Er schaltete das Autoradio ein und suchte nach einer CD, die ihm beim Denken helfen konnte. Bach wäre gut, dachte er.
    Im Radio begannen die Lokalnachrichten von RPR 1. Mike wollte schon genervt abstellen, als ihn die

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