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Schärfentiefe

Titel: Schärfentiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: I Mayer-Zach
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arbeiten, nur die von unseren Lokalblättern, und die hat Urban sicher nicht gemeint. Da Sie aus Wien sind und dort sicher viele Leute kennen, habe ich mir gedacht, dass das Kuvert bei Ihnen in guten Händen sein wird. Sicher sind Sie so freundlich und leiten es weiter?“
    Sie sah Paula mit ihren hübschen braunen Augen bittend an, sodass diese nicht ablehnen konnte. Abgesehen davon, dass sie es auch nicht wollte. Das Interesse herauszufinden, was sich in dem Briefumschlag befand, war zu groß. Sie nahm ihn an sich, bedankte sich bei Dietl und verabschiedete sich von ihr. Dann wandten sie sich anderen Gästen zu.
    Es war eisig kalt und nebelig, als Clea und Paula endlich den Heimweg antraten. Bei heißem Tee und Punsch hatten sie noch lange über Skorpionsteine und Hexen diskutiert. Vor allemvon einer rothaarigen, in grelles Grün gekleideten Frau wurde Paula magisch angezogen. Dann hatte sie aber erfahren, dass sie Steuerberaterin war und nichts mit Hexerei zu tun hatte.
    Kurz, bevor sie die Stadtgrenze von Wien erreichten, fiel Paula ein, dass sie das Kuvert liegen gelassen hatte. Was mochte Dietl von ihr denken, wenn sie es zufällig entdeckte? Paula rief ihre Mutter an, die, wie sie nicht anders erwartet hatte, noch immer auf der Veranstaltung war. Sie beschrieb ihr den Platz, wo sie den Umschlag liegen gelassen hatte, und bat sie ihn mitzunehmen. Ein wenig ärgerte sie sich darüber, dass sie ihn vergessen hatte, aber nächste Woche war Weihnachten. Die paar Tage bis dahin würde sie ihre Neugier zügeln können.
    Paula prüfte das Display ihres Handys, ob sie einen Anruf von Markus versäumt hatte. Leider nein …

Elf
    1.
    Nur noch zwei Tage bis Weihnachten, und es war keine Schneewolke in Sicht. Paulas Geschenke standen schön verpackt auf der Kommode im Wohnzimmer, gemeinsam mit den Weihnachtskarten und den Päckchen, die sie erhalten hatte, die sie aber erst unter dem Weihnachtsbaum öffnen würde. Auch der Kanzleimanager, dem sie aus der Patsche geholfen hatte, hatte an sie gedacht. Kein Kundengeschenk von der Kanzlei, hatte er betont, sondern von ihm persönlich ausgewählt.
    Mit Kurt hatte sie sich Samstagmorgen lange unterhalten und ihm vom Ausflug in Urbans Atelier berichtet. Da Markus nun abends oft vorbeikam und Kurt in den letzten Wochen häufig lange gearbeitet hatte, waren die Gelegenheiten selten geworden, abends gemütlich zusammenzusitzen und über Gott und die Welt zu plaudern. Es hatte sich ein neuer Rhythmus ergeben: Sie saßen an den Wochenenden in der schönen Küche, ihrem gemeinsamen Meisterwerk, frühstückten und erzählten sich Neuigkeiten. Oder besser: Paula erzählte, und Kurt hörte zu. Je mehr Paula versuchte, etwas über seine Männerfreundschaften zu erfahren – weniger aus Neugier, sondern um für sich selbst eine Legitimation zu bekommen, immer wieder über Markus erzählen zu können –, desto verschlossener reagierte Kurt. Bis sie es schließlich aufgab.

    2.
    Da es Paula keine Ruhe ließ, hatte sie am Wochenende begonnen, die Internettelefonverzeichnisse nach Manuel Krein abzusuchen. Es gab einen Eintrag unter diesem Namen in Mistelbach in Niederösterreich.
    Paulas Begeisterung wurde jedoch rasch von einer Telefonstimme gedämpft, die ihr mitteilte, dass es unter dieser Nummer keinen Anschluss mehr gäbe. Sie fragte auch bei der Telefongesellschaft nach, die ihr aber genauso wenig weiterhelfen konnte.
    Nun versuchte sie es bereits seit einer halben Stunde beim Magistrat, aber immer wieder geriet sie in die Warteschleife, bei der ihr eine freundliche Tonbandstimme erklärte, dass der Anruf in Kürze entgegengenommen werde, sie aber noch etwas Geduld haben möge. Gerade als Paula entnervt auflegen wollte, meldete sich endlich ein menschliches Wesen.
    „Ich bin auf der Suche nach einer Person, von der ich nur den Namen weiß, nicht aber den derzeitigen Aufenthaltsort. Können Sie mir weiterhelfen?“
    „Ich nicht, aber wenn Sie den Namen der Person kennen, müssen Sie nur mit einem Ausweis zum nächsten Meldeamt gehen. Dort können Sie gegen eine Gebühr von zwei bis drei Euro den aktuellen Wohnsitz der Person erfahren.“
    Da sollte noch einer sagen, dass Beamte nicht auf Zack seien.
    „Allerdings muss die Person noch am Leben sein, weil Sie keine historischen Daten erhalten.“
    Sie ließ sich die Adresse des nächstgelegenen Meldeamts geben, und um exakt elf Uhr und siebenundzwanzig Minuten hielt sie den Zettel mit Manuel Kreins aktuellem Aufenthaltsort in Händen:

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