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Schärfentiefe

Titel: Schärfentiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: I Mayer-Zach
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davon, wenn wir die paar Schritte zum Weihnachtsmarkt machen und uns dort Glühwein und Schmalzbrote mit Zwiebel genehmigen?“
    Schmalzbrote waren nicht das ideale Mahl, um Paulas knurrenden Magen zu füllen, aber sie schmeckten gut. Außerdem war es eine der letzten Gelegenheiten, die vorweihnachtliche Stimmung zu genießen.
    „Ach ja, da war übrigens ein Mann von der Hausverwaltung, der dich persönlich sprechen wollte. Ich kam gerade von oben herunter, als ich ihn vor deiner Wohnung angetroffen habe. Er meinte, er müsse mit dir über die Mietvorschreibung sprechen, und hat gefragt, wann du wieder da bist.“
    „Wieso Miete? Meine Wohnung ist Eigentum. Eigenartig. Da hat er sich wohl in der Tür geirrt.“
    „Diesen Eindruck machte er nicht auf mich. Vor allem da er deinen korrekten Namen wusste. Er wird sich in den nächsten Tagen wieder bei dir melden.“
    Paula und Clea stapften los. Es schneite wieder. Die Stände auf dem Rathausplatz, die Glühwein und Punsch anboten, waren besonders dicht belagert. Der Rathausmann balancierte nach wie vor sicher auf der Turmspitze der neugotischen Fassade, ungeachtet der heißen, hochprozentigen Flüssigkeiten, die unter ihm literweise ausgeschenkt wurden.
    Als sie endlich die Tassen mit dampfendem Glühwein in den Händen hielten, hockten sie sich auf die Stufen des Rathauses, ein wenig abseits des Lärms, doch noch immer mitten im Geschehen. Die Kälte machte ihnen nichts, sie waren in dicke Daunenmäntel gehüllt. Ein Grüppchen gut gelaunter Italiener prostete einander mit den vollen Tassen zu und glühte mit deren Inhalt um die Wette.
    „Die Recherchen für die Biografie laufen nicht rund. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass sich alles in die falsche Richtung entwickelt“, begann Paula und war froh, dass sie Clea, die von den Entwicklungen der letzten Tage keine Ahnung hatte, alle Erlebnisse der Reihe nach erzählen konnte. Vielleicht würde ihr selbst dadurch ein Licht aufgehen.
    Paula berichtete ihr von dem Besuch in der Urban-Wohnung und in seinem Atelier, von Gerlinde Wagner und ihrer Mordvariante, der verschrobenen Frau Wex, von dem im Rollstuhl sitzenden Konrad Blesch, den sie zweimal besucht hatte, und von seinen Geschichten. Auch die Fotografie der blonden Frau erwähnte sie, die ihr nicht aus dem Kopf ging, den Streit zwischen Urban und Krein und ihren Besuch in der Seniorenresidenz. Von ihrer Paranoia sagte sie nichts. Auch beste Freundinnen mussten nicht alles wissen.
    „Eigentlich dachte ich, ich würde diesen Krein nie finden, aber dann erledigte sich die Angelegenheit fast von allein. Ein Anruf und ein Behördenweg, und schon hatte ich seine Adresse.“
    Clea nickte. Als begnadete Rechercheurin wusste sie solche Dinge.
    „Jedenfalls bin ich heute zu diesem Krein gefahren in der Hoffnung, einige brauchbare Informationen von ihm zu bekommen, aber der Mann hat total abgeblockt. Woran ich aber nicht unschuldig war, weil ich ihm ziemlich ruppig gegenübergetreten bin. Ohne Erfolg, versteht sich.“
    Der erste Glühwein war geradezu verdampft. Sie drängelten sich nochmals in die Warteschlange, um Nachschub zu holen.
    „Ich habe ihm die Fotografie mit der blonden Frau gezeigt und dachte, ich könnte seinen Panzer knacken, als ich ihm den Streit zwischen ihm und Urban vorhielt. Aber er stritt ab, sie jemals gesehen zu haben, und verließ ohne eine weitere Antwort das Zimmer.“
    „Vielleicht war die Frau öffentlich tätig, und du hast ihr Bild schon einmal auf einem Plakat oder in der Zeitung gesehen?“, mutmaßte Clea.
    Das war natürlich möglich. Vielleicht bei einem Jubiläum oder in einem Nachruf. Vielleicht hatte sie das Bild der Frau oder zumindest einer Person, die ihr zum Verwechseln ähnlich sah, auch im Internet gesehen.
    „Hast du schon in der Nationalbibliothek dein Glück probiert oder im Internet?“
    „Ich kenn ja ihren Namen nicht. Wonach soll ich da suchen? Außerdem weiß ich nicht, ob ich mir nicht nur etwas einbilde. Vielleicht ist alles nur ein Hirngespinst.“
    „Wir könnten das Bild auf eine Internetplattform stellen und fragen, ob jemand etwas dazu sagen kann.“
    Paula sah ungläubig drein.
    „So etwas gibt es?“
    „Klar. Kostet aber manchmal etwas. Ich würde vorschlagen, ich stelle dir das Foto einmal auf die kostenlosen Plattformen. Dann suche ich dir alles heraus, was für dich sonst noch interessant sein könnte, und falls es dir das wert ist, kannst du dich noch immer dafür entscheiden, einige Euro für eine

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