Schaerfer als Wasabi
„Dein Bruder ist aber im selben Pippifax-Kurs, weißt du das?“
Mitsuko starrte Katsuro mit offenem Mund an und brachte damit alle zum Lachen.
Im nächsten Moment wurde die Tür aufgeschlossen, und man hörte Stimmen aus dem Flur. Anna und Katsuro erhoben sich, Nick und Mitsuko standen ebenfalls auf. Eine Gruppe von Leuten betrat das Wohnzimmer. Nick wusste sofort, dass der Mann ganz vorne Katsuros Vater war. Sein Sohn sah ihm sehr ähnlich, auch wenn Katsuro sehr viel hübscher war. Scheiße, was dachte er denn da wieder?
Nick kam sich vor wie ein Dummkopf, weil er keinen blassen Schimmer hatte, wie er sich benehmen sollte. Während sich alle begrüßten, blieb er wie angewurzelt stehen, ein dicker Kloß steckte in seinem Hals.
„Nick?“ Katsuros Stimme holte ihn aus seiner Starre. Er winkte Nick zu sich und schenkte ihm ein beruhigendes Lächeln. Zumindest sollte es anscheinend beruhigend wirken. Er konnte ja nicht wissen, dass er damit genau das Gegenteil erreichte. „Komm, ich stell dich vor“, sagte er.
Nicks Beine fühlten sich an, als wären sie aus Gummi, als er auf die Gruppe zu ging.
„Vater, das ist Nick, einer meiner Mitbewohner aus München. Er wird bis Neujahr mein Gast sein.“
Instinktiv streckte Nick die Hand aus. „Freut mich, Herr Nakazato.“
Oh mein Gott! Hatte er etwas Falsches gesagt oder getan? Katsuros Vater musterte ihn mit unergründlicher Miene, er hob eine Augenbraue, während seine Lippen einen schmalen Strich bildeten. Plötzlich fiel Nick ein, dass er das Verneigen vergessen hatte, und er senkte rasch den Kopf. Katsuros Vater streckte die Hand aus und reichte sie Nick.
„Guten Abend, Nick. Katsuros Gast ist auch unser Gast. Ich hoffe, du dich wohlfühlen in unserem bescheidenen Heim.“ Er besaß einen starken Akzent, der jedoch seiner Autorität keinen Abbruch tat. Katsuro hatte seinen Vater sehr gut beschrieben, er wirkte unnahbar und streng. „Das hier ...“ Er wandte sich um und warf einen kurzen Blick auf seine Begleiter. „Geschäftspartner, Herr Masamori und Herr Takada.“
Nick reichte ihnen die Hand und begrüßte sie auf traditionelle Weise. Die beiden Männer verneigten sich lächelnd und erwiderten den Gruß auf Japanisch. Anders als Katsuros Vater wirkten sie etwas aufgeschlossener, fast neugierig.
„Und das mein Schwager Tobi und seine Frau Marion.“
Ein dunkelhaariger, recht jugendlich wirkender Mann mit freundlichen, grauen Augen trat vor und reichte Nick die Hand.
„Hi Nick, ich bin Tobi. Freut mich, dass Katsuro so schnell Freunde hier gefunden hat.“
„Hi.“ Nick fand Tobi sehr sympathisch, doch irgendwie war sein Mund gerade so trocken, dass er kein weiteres Wort hervor brachte. Tobi schien jedoch nichts zu bemerken und stellte Nick seine Frau vor. Sie war eine kleine Frau mit sehr weiblichen Rundungen, ihre Augen strahlten Wärme und Herzlichkeit aus.
„Hallo Nick, nett dich kennenzulernen. Oh warte, Anna, ich helfe dir!“ Sie lächelte Nick entschuldigend zu und eilte dann zu Katsuros Mutter, die Getränke und Essen auf dem Tisch im Wohnzimmer anrichtete.
„Otosan!“ Mitsuko lief auf ihren Vater zu und umarmte ihn. Nick beobachtete Herrn Nakazato und es schien, als würde die Kleine den Eisklotz etwas auftauen. Um seine Mundwinkel zuckte es, er strich ihr über den Kopf und küsste ihren Scheitel. Katsuro hatte er mit einem schlichten Handschlag begrüßt, fast wie einen Fremden. Nick spürte ein leichtes Ziehen in der Brust.
„Nick?“ Katsuro legte ihm die Hand auf die Schulter. „Komm, setzen wir uns.“
˜ ™
Nicks Schulter berührte die von Katsuro, als sie nebeneinander auf den Bodenkissen Platz nahmen. Es erschien ihm albern und eigenartig, doch die Gewissheit, Katsuro an seiner Seite zu haben, wirkte beruhigend auf ihn. Die meisten Speisen, die Anna und Marion auf dem Tisch anrichteten, hatte Nick noch nie zuvor gesehen.
„Das ist eine traditionelle, japanische Festtagstafel“, erklärte Katsuro. „Hier zum Beispiel haben wir einen Salat aus weißen Möhren und Rettich und da drüben, das ist Miso-Suppe. Da sind schwarze Pilze und Tofu drinnen.“ Er nahm seine Essstäbchen und deutete auf eine Platte mit kleinen Teigtaschen. „Nikuman ... das ist mit Hackfleisch, Frühlingszwiebeln, Pilzen, Bambus und Ingwer gefüllt. Wenn du etwas wissen willst, frag mich einfach, ja?“
„Okay“, antwortete Nick staunend. Er nahm sich etwas Reis, Fleisch und Teigtaschen, die exotischeren Sachen ließ er lieber
Weitere Kostenlose Bücher