Schaerfer als Wasabi
stehen, bevor er sich blamierte.
Die Stimmung wurde mit jeder Flasche Wein etwas lockerer, es wurde gelacht und gekichert, Mitsuko drehte die Musik lauter und alle klatschten, als sie ein kleines Tänzchen vorführte. Nick konnte mit Kindern eigentlich nicht soviel anfangen, aber Katsuros Schwester war eine Ausnahme. Sie besaß eine unkomplizierte, fröhliche Art, die sich ansteckend auswirkte und ihm etwas von seiner Anspannung nahm.
Nach dem Essen standen die Gäste plaudernd in kleineren Grüppchen zusammen und tranken dabei Wein oder Bier. Mitsuko legte ihre anfängliche Schüchternheit Nick gegenüber ab, suchte immer häufiger seine Nähe und grinste ihn breit an. Er war froh um die Ablenkung und erleichtert, weil er sich auf die Weise nicht mit ihrem Vater unterhalten musste. Anna betrat mit einem Tablett das Wohnzimmer, auf dem volle Schnapsgläser standen.
„An Tage, wie dieser es ist, Japaner trinken Sake“, erklärte Katsuros Vater feierlich und reichte jedem ein Glas. Nick nahm das Glas mit einer kleinen Verneigung entgegen und blickte unsicher zu Katsuro hinüber. Dieser nickte ihm beruhigend zu. Herr Nakazato prostete in die Runde und sagte ein paar Sätze auf Japanisch.
„Er bedankt sich bei allen, die gekommen sind“, übersetzte Katsuro flüsternd in Nicks Ohr. Sein Atem strich warm und sanft über die empfindsame Stelle am Hals und bescherte Nick beängstigenderweise eine Gänsehaut. Er hatte gar nicht bemerkt, dass Katsuro jetzt unmittelbar neben ihm stand. „Vater ehrt unseren Kaiser und möchte, dass wir zusammen mit ihm anstoßen. Sake ist ein Reisschnaps. Trink ihn langsam, Nick, der haut ganz schön rein.“
Nick räusperte sich. „O... okay“, wisperte er.
„Bansaaaaiiii!“ Katsuros Vater hob das Glas und die Gäste taten es ihm nach.
„Bansaaaaiiii!“
Nick nippte zuerst vorsichtig und kippte das Glas trotz Katsuros Vorwarnung in einem Zug hinunter.
„Woah!“, keuchte er heiser, seine Augen füllten sich mit Tränen.
„Hab ich es dir nicht gesagt?“, lachte Katsuro, während er Nick das Glas abnahm und ihre beiden Gläser erneut füllen ließ. Er reichte ihm den Sake. „Beim Zweiten wird’s besser“, zwinkerte er Nick zu. „Und beim Dritten ist eh schon alles egal.“ Sie leerten ihre Gläser synchron und glucksten. Nick sah sich um und entdeckte einige Familienfotos, die auf einer niedrigen Kommode standen. Nick ging darauf zu und betrachtete die Bilder. Auf einem waren Katsuro und Mitsuko abgebildet. Katsuro konnte darauf nicht älter als zwölf oder dreizehn sein, Baby Mitsuko saß mit einem Schnuller im Mund auf seinem Schoß. Nick schmunzelte. Auf einem anderen Foto sah man Katsuros Mutter und seinen Vater. Sie waren noch jung und wirkten sehr verliebt, auch wenn das Lächeln von Katsuros Vater etwas steif wirkte.
„Oh Gott, guck dir meine Frisur an“, stöhnte Katsuro, der dicht neben Nick stand. „Dieser Stoppelschnitt sieht doch verboten aus.“
„Ich find’s süß“, erwiderte Nick, als ihm auch schon bewusst wurde, wie sich das angehört hatte. Seine Wangen brannten, er riss die Augen auf und starrte zu Boden. So was Bescheuertes! „Na ja, ich finde Kinderfotos ... ähm ... einfach süß“, setzte er stotternd hinzu und kam sich dabei wie der letzte Volltrottel vor. Wo war ein Loch, in dem er verschwinden konnte?
„Ich hol uns mal noch einen Sake“, sagte Katsuro lächelnd und wandte sich um. Nick sah ihm nach und stellte nach zwei Sekunden entsetzt fest, dass er auf Katsuros Hintern starrte.
„Scheiße“, murmelte er und schüttelte benebelt den Kopf.
„Hey, alles klar, Nick?“
Nick wirbelte herum und blickte in Tobis Gesicht.
„Ähm … ja, aber ich glaube, der Sake wirkt schon etwas“, antwortete er scherzend, worauf Katsuros Onkel auflachte. Er musste ungefähr Mitte dreißig sein, aber seine Art und sein Aussehen ließen ihn jünger wirken. Er trug Jeans, Shirt und Turnschuhe.
„Ja, das Zeug ist echt gewöhnungsbedürftig.“ Tobi warf einen Blick über seine Schulter und deutete mit dem Kinn zu Katsuro hinüber. „Und, wie macht sich mein Neffe in der Fremde?“
Nick folgte Tobis Blick. Katsuro unterhielt sich mit einem der Geschäftspartner seines Vaters. Seine Haltung war stolz und selbstbewusst. Er sagte etwas, worauf Herr Masamori anerkennend nickte. Im selben Moment sah Katsuro kurz zu Nick, ihre Blicke begegneten sich. Nick durchlief ein seltsames Kribbeln, das seine Wirbelsäule empor sauste, seine Wangen wurden
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