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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
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begrenzter Wirkung. »Spaßhandgranate« meldete sein Kopf.
    Das hieß, fuhr es ihm durchs Gehirn: Die Autokennzeichenfragmente sind jetzt für die Katz – die eigentlich wichtigste Spur, die wir bisher haben! Schei … – nein! Nicht schon wieder! – … benkleister! Nein, Scheibenkleister reicht nicht: Scheiße! Nur schnell auf andere Gedanken kommen. Also die Telefonnotiz. Er nahm sie an sich und ging hinüber in sein Büro.
    Es ging doch! Wenn man sich entspannt, an nichts denkt, kann man alles lesen. Anruf Herr Plötz, aus Darmstadt. Von Communia München und Nürnberg. Er bitte dringend um Kontakt, er habe eine Aussage zu machen. Man könne ihn auch jederzeit unter seiner Handynummer erreichen, es sei wichtig.
    Plötz. Der Halter des Wagens mit den übereinstimmenden Kennzeichenbruchstücken. Und der Herr Pups aus dem Manuskript. Der hatte eine Aussage zu machen? Den hatte er doch offiziell schon ad acta gelegt! Und jederzeit anrufen? Friedo Behütuns wählte schon die Nummer.
    »Der gewünschte Gesprächsteilnehmer ist vorübergehend nicht erreichbar.«
    Behütuns legte auf.
    Drückte die Wahlwiederholung.
    Belegt. Aha, der war nicht schnell genug am Apparat. Also erreichbar.
    Friedo Behütuns legte auf, drückte erneut die Wahlwiederholung.
    Tuut – tuut – … »Plötz, Chief Creative Officer Communia Deutschland Süd, Guten Tag?«
    Na, ging doch! Aber die erste Einheit ist schon vorbei, bis der alles gesagt hat – meldet der sich mit dem kompletten Titel, dachte sich Behütuns. Das kann ich kürzer.
    »Behütuns, Kripo Nürnberg, Grüß Gott. Sie baten um einen Rückruf.«
    Kurzes Schweigen am anderen Ende. »Der Leitung« kann man ja nicht mehr sagen bei einer Handynummer.
    »Ähh, ja … ach …« Die Stimme am anderen Ende wurde leiser, gedämpft. »Oh, das ist jetzt gerade ganz schlecht …«
    Behütuns ging sofort auf Konfrontation. Der will angerufen werden, es ist dringend, und dann passt es nicht? Im Hintergrund hörte er Vogelgezwitscher.
    »Hören Sie, Sie haben ausrichten lassen, es sei dringend. Ich denke, dass Sie uns sprechen wollen, hat mit einer Mordsache zu tun, in die sie möglicherweise verwickelt sind. Zumindest gelten Sie als verdächtig. Und dann passt es nicht?«
    Behütuns hörte den anderen atmen.
    »Hören Sie, ich bin gerade auf dem Golfplatz. Da …«, und die Stimme wurde wieder leiser, »ist Handyverbot. Ich kann hier nicht telefonieren … Kann ich Sie vielleicht später noch einmal …«
    Behütuns wurde bestimmt.
    »Wir ermitteln in einem Mordfall, wir hatten heute das vierte Opfer … Und! – Sie! – Sprechen! – Jetzt! – Mit! – Mir! Ihre Etikette auf Ihrem Golfplatz ist mir sch … egal! Und! – Sie! – Sollte! – Ihnen! – In! – Ihrer! – Situation! – Eigentlich! – Auch! – Egal! – Sein!«
    Mein Gott, kann ich pampig sein. Dabei fühle ich mich eigentlich gar nicht so, grinste Behütuns in sich hinein. Aber es wirkte.
    »Gut, warten Sie …«
    Undefinierbare Geräusche waren zu hören, gedämpfte Stimmen, wahrscheinlich deckte er gerade das Sprechmikro ab, hatte einen hochroten Kopf, entschuldigte sich bei seinem Flightpartner mit irgendwas wie »wichtig« oder »unaufschiebbar« und »Geschäft, wichtiger Kunde«, nahm seinen Caddy und bewegte sich vom Fairway ins Rough. Jetzt meldete er sich wieder.
    »Sind Sie noch dran? Hallo? Entschuldigen Sie bitte, aber jetzt kann ich sprechen.«
    »Geht doch«, sagte Behütuns lapidar. »Ich arbeite ja auch am Sonntag.«
    Und dann erzählte ihm der »Chief Creative Officer« – was musste einem denn fehlen, wenn man so einen Titel am Telefon nannte und man noch nicht einmal wusste, wer anruft?, dachte sich Behütuns – eine abenteuerliche Geschichte. Dass er früher einmal in einem Militaria-Kreis gewesen sei. Dass er einen ausgemusterten Schützenpanzer besessen hätte, »nicht so mit Kette, sondern mit Rädern«, und einen alten Militärjeep. Das sei lange her, und er habe dies alles schon wieder verkauft. Dass sie, alles natürlich ganz legal und offiziell, auf privatem, abgesperrtem Gelände damit auch herumgefahren seien, nur so zum Vergnügen. Das mache wirklich Spaß! Und dass sie manchmal auch damit »geballert« hätten, aber nur mit Übungsmunition. Über seine Bekanntschaften sei er schließlich auch einmal an echte Übungshandgranaten der Bundeswehr gekommen, zehn Stück. Die seien alle schon verbraucht, auf privatem Gelände, wie gesagt, das einem Regierungsmitglied aus Hessen gehöre.

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