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Schafkopf

Schafkopf

Titel: Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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aber praktisch nur auf dem Papier existierte.
    »Ihre Kanzlei gibt ein Gutachten zu Absatzmöglichkeiten im Osten in Auftrag?«
    Falcking nahm die Rechnung und betrachtete sie irritert. »Nein, natürlich nicht.« Er lachte fassungslos. »Ich weiß nicht, was Kosberg da wieder durcheinandergebracht hat. Da ging’s um Handelsgepflogenheiten in Russland. Wir brauchten das für einen Prozess.« Falcking zuckte noch einmal erkennbar zusammen. »Fünfundzwanzigtausend Euro?! Zweitausendfünfhundert kriegt er! Ach du meine Güte, der Mann baut wirklich ab in letzter Zeit.«
    »Also, die Rechnung ist versehentlich hier in der Firma gelandet. Verstehe ich das richtig?«
    »Ich hab’s ihm extra aufgeschrieben, wo er sie hinschicken soll …«
    »Schon gut. Wie geht das jetzt weiter?«
    »Kosberg zahlt das Geld natürlich zurück und stellt mir eine neue Rechnung.«
    »Wenn er noch zahlen kann.«
    »Oh, das kann er. Ihm geht’s nicht so schlecht, wie die Leute behaupten.«
    »Hoffen wir’s. Soweit ich weiß, lebt er hauptsächlich davon, dass er Wirchows Schwiegervater ist.«
    Falcking sah Lukacz perplex an. »Was? Ehrlich?«
    »Ach, das wussten Sie gar nicht?« Falcking vermeinte, aus Lukacz’ Ton einen Hauch von Ironie und Augenzwinkern herauszuhören.
    »Nein, sonst hätte ich den Mann ja nie beauftragt. Ich meine, in diesen Zeiten sollte man schon jeden Anschein vermeiden.«
    »Ja, das sollte man unbedingt.« Lukacz nahm Falcking die Rechnung wieder aus der Hand und legte sie vor sich auf den Schreibtisch. »Ich gebe Ihnen eine Woche Zeit. Dann hat Kosberg oder wer auch immer das Geld zurückbezahlt. Falls nicht, bin ich gezwungen, die Sache auf dem offiziellen Weg zu klären.«
    »Selbstverständlich. Machen Sie sich keine Sorgen. Das kommt alles in Ordnung.«
    Falcking war schon im Begriff zu gehen, da erhob sich noch einmal von hinten Lukacz’ Stimme.
    »Noch was, Herr Falcking …« Falcking wandte sich Lukacz wieder zu. »Falls Sie glauben, Sie können mich verarschen: Sie haben nicht die leiseste Ahnung, wie unangenehm ich werden kann.«
     
    Falcking saß in seinem Porsche, hatte die Oberlippe an das Lenkrad des Wagens gepresst und starrte auf den Maschendrahtzaun, der den Firmenparkplatz begrenzte. Der Juninachmittag war noch heiß. Die Sonne stand auf halber Höhe am Himmel, zum Teil hinter einer Cumuluswolke verborgen. Falcking brauchte jetzt die schützende Atmosphäre des geschlossenen Wageninneren. Er hatte ein Problem und musste nachdenken. Er musste innerhalb einer Woche fünfundzwanzigtausend Euro beschaffen und sie über Kosberg seinem Arbeitgeber zukommen lassen. Sonst würde er seinen Job verlieren und die Sache an die Staatsanwaltschaft gehen. Für das, was er getan hatte, konnte er ins Gefängnis kommen.
    Das Procedere war im Prinzip einfach: Falcking musste Kosberg fünfundzwanzigtausend Euro geben, damit Kosberg das Geld an die Leitzachziegel AG zurückzahlen konnte. Ein Problem bestand darin, dass Kosberg das Geld nicht wirklich in die Hände bekommen durfte. Sonst war es möglicherweise weg. Aber das war lösbar. Das größere Problem war, fünfundzwanzigtausend Euro aufzutreiben. Zwar hatte Falcking zwei Jahre gut verdient. Aber der Verdienst war durch den Fiskus halbiert und der Rest durch einen verschwenderischen Lebensstil aufgezehrt worden. Falcking hatte in der guten Zeit keinen Cent gespart.
    Vor einer Stunde hatte er Ottmar angerufen. Ottmar war ein alter Studienfreund und arbeitete bei einer Privatbank in München, weshalb Falcking vermutete, dass Ottmar sich mit dem Beschaffen von Geld auskannte. Tatsächlich hatte Ottmar eine Idee, denn er verfügte über eine Insiderinformation, die er selbst nicht verwerten konnte. Streng genommen durfte er sie auch Falcking nicht erzählen. Aber Ottmars Bedenken konnte Falcking durch das Versprechen, sich im Falle eines Gewinns erkenntlich zu zeigen, ausräumen. Die Sache war simpel: Ein Unternehmen aus dem S-Dax sollte von einem ausländischen Investor übernommen werden, was Ottmar wusste, weil seine Bank an der Finanzierung der Übernahme beteiligt war. Der Aktienkurs des S-Dax-Unternehmens würde nach Bekanntgabe der Nachricht mit Sicherheit um dreißig bis fünfzig Prozent steigen, denn es hatte bereits Insolvenzgerüchte um das Unternehmen gegeben. Falcking musste also etwa fünfundsiebzigtausend Euro investieren, um fünfundzwanzigtausend zu erwirtschaften. Wenn er Ottmars Provision mitberücksichtigte, müsste er mit hunderttausend

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