Schafkopf
sie auf den Bergpfad. Wenige Augenblicke später waren die beiden im Nebel verschwunden.
Zimbeck hatte ihnen ihre Dienstpistolen und Handys sowie Wallners Rucksack abgenommen. Die anderen beiden Rucksäcke hatte er durchsucht und zwei Taschenmesser und einen Leatherman konfisziert. Alle drei Polizisten waren an einen jungen, aber schon kräftigen Baum gefesselt worden.
»Hat jemand noch was in seinen Taschen? Irgendwas Scharfes?«, fragte Lutz. »An Schlüssel vielleicht?«
Wallner hatte seinen Autoschlüssel dabei. Aber der besaß weder Spitzen noch scharfe Kanten und taugte daher nicht dazu, Plastikbänder zu durchtrennen.
»So ein Dreck«, fluchte Lutz, nachdem er eine Weile vergeblich versucht hatte, den Autoschlüssel als Säge zu benutzen. »Früher hättst die verdammten Bänder mit jedem Autoschlüssel durchgekriegt.«
»Was ist denn in dem Rucksack?«, fragte Wallner Kreuthner. Dessen Rucksack lag in Reichweite. Man konnte ihn mit dem Fuß heranziehen.
»Nichts, was irgendwie scharf ist.«
»Scheiße, das gibt’s doch net. Wir müssen hier irgendwie wegkommen. Ich halt des net aus. Wer weiß, was der mit ihr macht.«
»Lutz, jetzt dreh bitte nicht durch. Lass uns in Ruhe überlegen. Gibt’s noch einen anderen Weg, die Armbänder loszuwerden? Ich meine einen anderen als durchschneiden.«
»Aufmachen geht net. Da is a Sperrmechanismus drin.«
»Was ist mit …«, Wallner sah zu Kreuthner. »Du rauchst doch.«
»Ja?«
»Hast du Zigaretten dabei?«
»Ich hab a Schachtel im Rucksack.«
»Und Feuerzeug?«
»Is in der Schachtel.«
»Geht durchbrennen?«
»Ja logisch«, sagte Lutz. »Los, mach.«
Drei Minuten später hatten sie sich von den Handschellen befreit. Zimbeck und Susi hatten zehn Minuten Vorsprung, und Zimbeck hatte jetzt mehrere Pistolen, während die Polizisten unbewaffnet waren. Hilfe war nicht zu erwarten. Hätte man ein Handy gehabt, hätte man die Kollegen in Tirol verständigen können, dass der Flüchtige irgendwo am südlichen Fuß der Halserspitze auftauchen würde. Aber da man kein Handy mehr hatte, waren alle Überlegungen in dieser Richtung müßig. Was sie machen sollten, wenn sie Zimbeck eingeholt hatten, wussten sie nicht.
Bald schon musste Lutz eine Pause einlegen und fasste sich an den Kopf. Wallner fragte, was los sei. Er habe starke Kopfschmerzen, sagte Lutz. Und er sehe verschwommen. Es wurde beschlossen, dass Lutz zurückblieb und auf die anderen wartete. Den Gedanken, dass einer ihn ins Tal hinunterbegleitete, wies Lutz wütend von sich. Zuallererst müssten sie sich um Susi kümmern. Er komme schon klar. Sobald es ihm besserginge, würde er sich auf den Weg nach unten machen. Wallner ließ Lutz nicht gern allein. Aber wie die Dinge standen, gab es keine andere Möglichkeit.
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67 . Kapitel
Z ehn Minuten nachdem sie Lutz zurückgelassen hatten, riss zum ersten Mal der Nebelschleier auf, und blauer Himmel war über ihnen. Als sie den Grat erreichten, der zur Halserspitze führte, schien die Sonne auf sie herab. Aus dem Wattemeer ragte ihnen gegenüber das felsige Massiv des Guffert. Dahinter der Unnütz, dessen Rücken sich parallel zum Achensee erstreckte. Links den Kamm entlang die Halserspitze.
Zunächst waren sich Kreuthner und Wallner nicht sicher, ob Zimbeck tatsächlich den Weg zum Gipfel genommen hatte oder ob er nicht nach rechts gegangen war. Nachdem sie beide Richtungen gründlich mit bloßem Auge abgesucht hatten, entdeckte Kreuthner unterhalb des Gipfels der Halserspitze zwei Menschen, die sich langsam nach oben bewegten. Es mussten Zimbeck und Susi sein. Die Verfolgung war dadurch, dass man den Nebel hinter sich gelassen hatte, nicht einfacher geworden. Zwar konnten sie die beiden jetzt sehen. Aber das galt umgekehrt ebenso. Hier oben gab es nur niedrigen Bewuchs und sonst wenig Gelegenheit, sich zu verbergen. Es war so gut wie ausgeschlossen, dass sie Zimbeck mit einem Überraschungsangriff überrumpeln würden. Vielleicht auf dem Weg nach unten, wenn das Gelände wieder unübersichtlicher wurde. Für den Augenblick behielten sie Zimbeck im Auge. Solange er auf dem Weg zum Gipfel war und sich nicht umdrehte, wüsste er nichts von seinen Verfolgern. Als er sich dennoch einmal umdrehte und schaute, ob ihm jemand auf den Fersen war, suchten Wallner und Kreuthner Deckung hinter einem Felsbrocken.
Wenig später waren Zimbeck und Susi auf dem Gipfel angekommen und machten dort Pause. Wallner und Kreuthner beobachteten die beiden eine Weile
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