Schafkopf
Auge auf die zwei Wanderer, die unter ihr vorbeizogen. Wallner blickte den Pfad hinauf. Die Sicht endete nach wenigen Metern.
»Der Kreuthner könnt sich mal melden«, sagte Wallner.
»Wird noch nichts Besonderes passiert sein.«
Sie gingen weiter. Wallner behielt Lutz im Blick. Dem machte das Gehen sichtlich Mühe. Der Schlag auf den Kopf war nicht ohne Wirkung geblieben. Wallner ging noch langsamer.
»Wo wir gerade unter uns sind«, sagte Wallner. »Die Susi ist bestimmt in einer verzweifelten Lage. Sie kommt vom Zimbeck nicht los, und der wird ihr vielleicht den Rest ihres Lebens zerstören.«
»Und?«
»Ich will sagen: Sie ist vielleicht in einer so verzweifelten Lage, dass sie möglicherweise verzweifelte Dinge tun würde.«
Lutz schwieg.
»Du hast gesagt, sie würde nie jemandem was antun. Glaubst du, das gilt auch für den Zimbeck?«
»Worauf willst hinaus?«
Wallner blieb stehen. »Lutz – ich muss dir das sagen, weil ich es so oder so nicht untern Tisch fallen lassen kann.«
Lutz sah durch Wallner hindurch, als hätte er erwartet, dass es so kommen werde. »Dann sag’s.«
»Es gibt Hinweise, dass Susi Lintinger einen Killer angeheuert hat. Oder hat anheuern lassen.«
»Schmarrn«, sagte Lutz und lachte bemüht. Es war wenig Überzeugung hinter seinen Worten. »Ich mein – selbst wenn, dann hätt er jedenfalls noch nichts gemacht.«
»Doch, hat er.«
»Nämlich?«
»Er hat den Kummeder erschossen.«
»Den Kummeder? Wieso das denn?«
»Der Täter hat ihn vermutlich mit dem Zimbeck verwechselt. Die haben an dem Tag das gleiche T-Shirt und die gleiche Kappe angehabt.«
»Geh, Clemens! Das ist – absurd. Die Susi tät nie einen Killer anheuern. Die hätt auch gar net das Geld dafür.«
»Geld kann man immer auftreiben. Wenn’s wichtig genug ist.«
»Wie stark sind die … Hinweise?«
»Der Falcking hat eine Aktennotiz gemacht. Sie war bei ihm und hat unter anderem gefragt, ob er ihr einen Killer besorgen kann.«
»Aber entschuldige! Warum geht sie ausgerechnet zu einem Anwalt, wenn sie einen Killer anheuern will? Das ist doch alles a ausgemachter Schmarrn.«
»Sie ist wahrscheinlich zu Falcking, weil sie juristischen Rat wegen Zimbeck wollte. Wir vermuten, dass Falcking selbst die Sprache auf einen Killer gebracht hat. Er hat wahrscheinlich angeboten, einen Killer zu engagieren, und das Geld dafür von Susi kassiert. Aber das steht nicht in der Aktennotiz.«
»Woher wisst ihr es dann?«
»Er hat die Masche noch bei vier anderen Frauen abgezogen. Eine davon hat uns erzählt, wie es wirklich gelaufen ist.«
»Also der Falcking kassiert das Geld und heuert dafür einen Killer an?«
»Nein, nein. Er hat nur das Geld kassiert. Dann hat er den Frauen erzählt, der Killer sei leider verhaftet worden. Na ja, und das Geld war natürlich weg. Genialer Trick. Die Opfer können ja nicht zur Polizei gehen.«
»Falcking hat gar keinen Killer angeheuert?«
»Bei den anderen Frauen nicht. Die Kerle von denen leben alle noch.«
»Und warum soll das bei der Susi anders gewesen sein?«
»Das wissen wir noch nicht.«
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66 . Kapitel
D er Dunst um sie herum wurde heller. Sie näherten sich der Nebelgrenze.
»Das sind alles keine Beweise«, sagte Lutz.
»Nein«, sagte Wallner. »Letztlich haben wir keine Ahnung, was tatsächlich abgelaufen ist. Aber Falcking hat die Aktennotizen nicht zum Spaß geschrieben.«
»Du sagst doch selber, dass es nicht stimmt, was er geschrieben hat.«
»Nein, hab ich nicht gesagt. Er hat ein paar Details geschönt. Aber ganz offensichtlich hat er mit den Frauen darüber geredet, ihnen einen Killer zu besorgen.«
»Nur – er hat es nie getan.«
»Bei Susi Lintinger anscheinend doch. Oder er hat es selbst gemacht. Falcking war ein sehr guter Distanzschütze. Und der Rucksack mit dem Gewehröl gehörte ihm, wie wir inzwischen wissen.«
»Da scheint ja einiges von den Ermittlungen an mir vorbeigegangen zu sein.«
»Na ja … du warst nicht die ganze Zeit da. Außerdem bist du befangen. Ich müsste dich eigentlich komplett von den Ermittlungen ausschließen.«
»Warum tust du’s nicht?«
»Die Personaldecke ist gerade ein bisschen dünn. Wir brauchen dich, um Zimbeck zur Strecke zu bringen.«
»Wir arbeiten seit zwölf Jahren jeden Tag zusammen und haben uns immer aufeinander verlassen. Spielt das keine Rolle?«
»Ja. Natürlich. Aber ich würde das nicht als Begründung in den Abschlussbericht schreiben. Das klingt gefühlsduselig und
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